Lockerung der Maßnahmen Dieses Bundesland wagt den Corona-Sonderweg
Im nördlichsten Bundesland Schleswig-Holstein treten ab heute erste Lockerungen der Corona-Maßnahmen in Kraft. Nun pochen auch andere Länder auf Ausnahmeregelungen.
Während ganz Deutschland am Dienstag in den strengeren Teil-Lockdown geht, werden die Maßnahmen im Norden gelockert. Im Gegensatz zum Rest der Republik werden in Schleswig-Holstein die Kontaktbeschränkungen nicht verschärft, Beautysalons, Massagestudios und Zoos öffnen wieder und an Weihnachten sollen Hotelübernachtungen erlaubt sein.
- Der neue Beschluss: Diese Maßnahmen gelten im Dezember
Bund und Länder hatten sich am vergangenen Mittwoch auf neue und erweiterte Maßnahmen zum Kampf gegen die Corona-Pandemie im Dezember geeinigt. Die Beschlüsse sehen auch die Möglichkeit vor, je nach Infektionsgeschehen die Maßnahmen zu variieren – und schon einen Tag später wurden die ersten Ausnahmeregelungen verkündet. In Schleswig-Holstein sind die Corona-Grenzwerte niedrig, die Sieben-Tages-Inzidenz liegt bei unter 50. Aber auch andere Bundesländer pochen auf Ausnahmen von den Regeln.
Schleswig-Holstein: Sonderweg wegen niedriger Zahlen
Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther (CDU), will die Corona-Maßnahmen nicht vollständig umsetzen, vor allem die Kontaktbeschränkungen. "Bei uns heißt es seit Wochen: Mit zehn Personen ist die Grenze erreicht", sagte Günther im Interview mit t-online. Zudem dürfen Nagelstudios und Massagepraxen öffnen und auch die Außenbereiche von Tierparks und Zoos sind wieder begehbar. Das ganze Interview lesen Sie hier.
Die Landesregierung weitet aber die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aus. Sie muss beispielsweise auch in Bahnhöfen oder Bahnhofsvorplätzen und an Haltestellen getragen werden.
Der reguläre Präsenzunterricht an Schleswig-Holsteins Schulen wird nach den Weihnachtsferien überwiegend erst am 11. Januar beginnen – vier Tage später als geplant. Bei den zusätzlichen Tagen handelt es sich um einen Donnerstag und Freitag sowie ein Wochenende. Am 7. und 8. Januar seien landesweite Distanz-Lernübungstage vorgesehen, formal würden die Weihnachtsferien also nicht verlängert, sagte Bildungsministerin Karin Prien (CDU) am Donnerstag in Kiel.
Zudem sollen Hotelübernachtungen über Weihnachten bei Verwandtschaftsbesuchen möglich sein. So sind zwischen dem 23. und 27. Dezember maximal zwei Übernachtungen erlaubt. Kritik kam aus Berlin: Familiär bedingte Reisen seien nur schwer von touristischen zu unterscheiden, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit.
Baden-Württemberg: Nur kurze Lockerungen über Weihnachten
Die Landesregierung in Baden-Württemberg will die strengeren Kontaktbeschränkungen nur über Weihnachten, nicht aber bis Silvester lockern. Lediglich im Zeitraum vom 23. bis zum 27. Dezember können sich zehn Personen plus Kinder bis 14 Jahren treffen, bestätigte ein Regierungssprecher. Eigentlich gelten die lockeren Kontaktbeschränkungen vom 23. Dezember bis zum 1. Januar.
Über die Weihnachtstage sollen aber Hotelübernachtungen für Familienbesuche in Baden-Württemberg ermöglicht werden.
Mehrere Bundesländer: Hotelbesuche über Weihnachten möglich
In Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Sachsen und Berlin werden Familienbesuche über Weihnachten nicht als touristische Reisen verstanden. Denn die seien derzeit untersagt, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Wenn aber Familien sich besuchten und keine Übernachtungsmöglichkeit bei den Verwandten hätten, "ist es über die Weihnachtstage möglich, dass man auch in einem Hotel übernachtet".
Laschet betonte: "Das wird nicht unter touristischer Reise verstanden." Wer eine Verwandtenreise mache, "der muss ja auch die Chance haben, irgendwo übernachten zu können", sagte auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) am vergangenen Donnerstag.
Kanzleramtsminister Helge Braun hatte am Donnerstag dagegen gesagt, wer über Weihnachten Verwandte besuche, solle nicht im Hotel übernachten können.
Berlin: Keine Lockerungen über Weihnachten
Die von Bund und Ländern verabredeten Lockerungen bei den Kontaktbeschränkungen sollen in Berlin nicht gelten. Im Corona-Hotspot Berlin könne es keine derartigen Lockerungen geben, hieß es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Senatskreisen. Demnach sollen sich in Berlin über die Feiertage maximal fünf Personen zu privaten Zusammenkünften treffen dürfen, hinzu kommen Kinder.
Wie in Hessen und Nordrhein-Westfalen soll auch in Berlin bei Verwandtschaftsbesuchen die Übernachtung in Hotels möglich sein. "Wenn es eine Reise ist, die nicht touristischer Natur ist, dann gibt es auch eine Übernachtungsmöglichkeit in den Hotels", sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller.
Müller kündigte zudem an, dass Berlin Hotels und Pensionen nutzen will, um die strikte Einhaltung von Quarantäne durchzusetzen. Damit solle auch sichergestellt werden, dass, anders als in beengten Wohnverhältnissen, weniger Ansteckungen stattfinden, sagt der SPD-Politiker in der ARD.
Thüringen: Weihnachtsferien starten später
Anders als andere Bundesländer zieht Thüringen seinen Ferienbeginn nicht auf einen einheitlichen 19. Dezember vor, sondern bleibt beim 23. Dezember. Ältere Schüler sollen aber in den Tagen vor Weihnachten zu Hause bleiben und dort Distanzunterricht erhalten. Zu Hause bleiben sollen Schüler ab der Klassenstufe 7 ab 21. Dezember und bis zum 10. Januar. Ramelow hatte in den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern bereits angekündigt, über die vorgezogenen Weihnachtsferien sein Kabinett entscheiden zu lassen. Das war nun offenbar nicht einverstanden.
Bayern: Verschärfte Quarantäne-Anordnung für Skifahrer
Bayern hat im Streit um das Skifahren im Nachbarland Österreich mit einer verschärften Quarantäneanordnung nachgelegt: Künftig gilt auch für Tagesausflüge nach Österreich und andere als Risikogebiet eingestufte Nachbarländer eine anschließende Quarantänepflicht. Bisher durften Tagestouristen bis zu 24 Stunden ins Ausland reisen, ohne danach in Quarantäne zu müssen. Söder kündigte zudem an, dass aus dem Nachbarland zurückkehrende Skifahrer stichprobenartig getestet werden sollen.
Söder forderte, dass Bund und Länder in zwei Wochen erneut über zusätzliche Maßnahmen reden müssen. Falls die hohen Zahlen an Infektionen nicht sinken würden, müsse man sagen, ob man aus "Verlängerung und Vertiefung ein Mehr an Vertiefen" mache, sagt er in der ARD.
- Eigene Recherche
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa