Sanktionen gegen Russland Nord Stream 2: SPD-Chef lehnt Stopp von Gaspipeline-Projekt ab
Nach dem erwiesenen Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny geht die Debatte um eine angemessene Reaktion Deutschlands weiter. SPD-Chef Walter-Borjans hat sich dabei klar gegen eine Option geäußert.
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans hat sich gegen einen Stopp des umstrittenen Gaspipeline-Projekts Nord Stream 2 ausgesprochen. Mit Blick auf neue Sanktionen gegen Russland nach dem Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny sagte Walter-Borjans dem Berliner "Tagesspiegel": "Dafür gibt es viele Optionen, die jetzt erörtert werden. Jeden Tag über die Medien eine neue Idee zum Besten zu geben, dient der Sache aber ebenso wenig wie Forderungen nach dem Stopp der Gaspipeline Nord Stream 2".
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte einen Stopp des Gaspipeline-Projekts als Sanktion zuvor nicht ausgeschlossen. In der ZDF-Sendung "Berlin Direkt" sagte Walter-Borjans dazu am Sonntagabend, er sei sich mit Maas einig, dass über "wirksame Sanktionen" gegen Russland diskutiert werden müsse. Einen Stopp von Nordstream 2 hielten beide für "eine sehr heikle Frage".
Walter-Borjans: Baustopp schadet Deutschland
Nord Stream 2 sei ein Infrastrukturprojekt, das zu 90 Prozent fertig sei und auch der Versorgung Deutschlands diene, sagte der SPD-Vorsitzende. Mit einem Baustopp schade Deutschland "am Ende sich selbst und anderen, die hier gar nicht getroffen werden sollen". Sanktionen müssten "zielgerichtet" sein und den Handel oder Einzelpersonen teffen, die "Hintermänner" des Verbrechens seien.
Im "Tagesspiegel" fügte Walter-Borjans hinzu, mit Nord Stream 2 halte sich Deutschland eine "Alternative zum US-Fracking-Gas" offen. "Es wäre niemandem zu erklären, eine zu 90 Prozent fertige Brücke als Ruine stehen zu lassen. Mit über 1.000 fertigen von gut 1.200 Kilometern Pipeline verhält es sich nicht anders."
Grünen fordern rasches Aus für Projekt
Grünen-Fraktionschefin Katrin Goering-Eckhardt fordert hingegen ein rasches Aus des Projekts. "Die Bundesregierung muss jetzt einen Weg aufzeigen, wie Nord Stream 2 beendet werden kann", sagte sie dem "Tagesspiegel". "Den Worten von Minister Maas zum Einsatz verbotener Chemiewaffen müssen im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft jetzt Taten folgen." Es sei gut, wenn Mitglieder der Bundesregierung anfingen, kritisch über das Projekt nachzudenken.
Auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die Zukunft der Ostsee-Pipeline mit dem Fall des vergifteten russischen Oppositionellen Alexej Nawalny verknüpft. Aus seiner Sicht habe Maas das richtig ausgedrückt: "Es hat Russland vor allem in der Hand, ob und wie es mit Nord Stream 2 weitergehen kann", sagte Spahn am Sonntagabend im Politik-Talk "Die richtigen Fragen" auf "Bild live".
Nach der Vergiftung des Kreml-Kritikers könne man nicht zur Tagesordnung übergehen. Es liege klar an Russland, aufzuklären und aus seiner "sehr trotzigen Haltung" herauszukommen. "Es gibt keine wirtschaftliche Frage, die am Ende wichtiger sein kann als außen- und sicherheitspolitische Interessen Deutschlands und Europas", betonte Spahn. Deshalb seien die Prioritäten klar. Trotzdem müsse man auch den Gesamtkontext sehen. "Da geht es um viel, in allen Bereichen." Russland bestreitet, in die Vergiftung des Oppositionellen verwickelt zu sein, und wirft den deutschen Behörden vor, die Ermittlungen zu bremsen.
- Nachrichtenagenturen dpa und afp