CDU-Politiker zu Berlin-Mord "Der Aufschrei aus Russland ist scheinheilig"
Die Empörung über den mutmaßlichen Auftragsmord in Berlin ist groß. Russland steht in der Kritik, weil es bei der Aufklärung nicht kooperiert hat. Aus der Union kommt nun der Ruf nach Konsequenzen für Moskau.
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter fordert eine Reaktion der Europäischen Union, falls sich im Fall des in Berlin erschossenen Georgiers ein Mordauftrag Russlands bestätigen sollte. "Dann brauchen wir eine europäische Antwort", sagte Kiesewetter am Donnerstag im Bayerischen Rundfunk.
Kritik am deutschen Verhalten wies der CDU-Politiker zurück: "Der Aufschrei, der jetzt aus Russland kommt, ist scheinheilig. (...) Für uns ist klar, dass ein Land, das Auftragsmorde deckt – und das ist ja zumindest die geringste Erkenntnis – nicht auf Augenhöhe behandelt werden kann."
"So darf man nicht mit Russland sprechen"
Russland wies den Vorwurf, bei der Aufklärung des Mordes nicht zu kooperieren, erneut entschieden zurück. "Mir ist nicht bekannt, worauf sich so eine Einschätzung stützt", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Donnerstag in Bratislava der Agentur Interfax zufolge. Es gebe zahlreiche Kanäle zwischen Berlin und Moskau, die genutzt würden.
Lawrow erklärte, dass ihn das Vorgehen an den Fall des über der Ostukraine abgeschossenen malaysischen Flugzeugs MH17 mit rund 300 Toten erinnere. Die Ermittler gehen davon aus, dass es enge Verbindungen zwischen der Führung der Separatisten und Russland dazu gab, was Moskau bestreitet. "Wenn unsere deutschen Partner sich diesen Fall nun als Muster nehmen, dann gibt es kein Vorankommen", sagte der russische Chefdiplomat. "So darf man wahrscheinlich mit niemanden sprechen, schon gar nicht mit der russischen Seite."
Verdacht gegen Russland und Tschetschenien
Am 23. August war ein 40 Jahre alter Georgier in einem Park in Berlin-Moabit von hinten erschossen worden. Der mutmaßliche Täter, ein 49 Jahre alter Mann mit russischem Pass, wurde kurz nach der Tat gefasst. Seit seiner Festnahme schweigt er. Der mutmaßliche Auftragsmord hat eine diplomatische Krise zwischen Deutschland und Russland ausgelöst.
Die Bundesanwaltschaft ermittelt und spricht von einer staatsschutzspezifischen Tat von besonderer Bedeutung. Die Ermittler verfolgen den Anfangsverdacht, dass staatliche Stellen in Russland oder der Teilrepublik Tschetschenien dahinterstecken. Die Bundesregierung hat deshalb zwei russische Diplomaten ausgewiesen. Russland kündigte an, im Gegenzug ebenfalls Schritte einzuleiten.
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Auch die FDP verlangte eine gemeinsame Linie der EU, falls sich der Verdacht gegen Russland erhärten sollte. Selbstjustiz könne nicht zugelassen werden, sagt der europapolitische Sprecher der FDP, Michael Link, im Deutschlandfunk. Umso wichtiger sei es, dass sich die Bundesregierung jetzt im Kreise der EU abstimme.
- Nachrichtenagentur dpa