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Thüringen-Wahl: Wie Bodo Ramelow weiterregieren könnte – trotz Abwahl


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Szenarien zur Thüringen-Wahl
Wie Ramelow trotz Abwahl weiterregieren könnte


Aktualisiert am 27.10.2019Lesedauer: 4 Min.
Die Spitzenkandidaten der Landtagswahl Thüringen (von links): Björn Höcke (AfD), Anja Siegesmund (Grüne), Bodo Ramelow (Linke), Wolfgang Tiefensee (SPD), Mike Mohring (CDU) und Thomas Kemmerich (FDP).Vergrößern des Bildes
Die Spitzenkandidaten der Landtagswahl Thüringen (von links): Björn Höcke (AfD), Anja Siegesmund (Grüne), Bodo Ramelow (Linke), Wolfgang Tiefensee (SPD), Mike Mohring (CDU) und Thomas Kemmerich (FDP). (Quelle: imago-images-bilder)
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Die Thüringer wählen einen neuen Landtag. Ob auch eine neue Regierung zusammenfindet, ist aber so offen wie lange nicht mehr. Die möglichen Szenarien.

Umfrageergebnisse sind keine Wahlergebnisse. So lautet eine alte Weisheit im politischen Betrieb. Doch Szenarien, die nach der Landtagswahl in Thüringen am heutigen Sonntag eintreten könnten, lassen sich schon beschreiben. Wer könnte gewinnen? Wer will mit wem regieren? Und was heißt das für die Parteien?

Die Ausgangslage

Thüringen war nach der Wende CDU-Land. Einmal, im Jahr 1999, erreichte die Partei unter Ministerpräsident Bernhard Vogel sogar die absolute Mehrheit. Doch dann kam 2014. Die CDU wurde mit 33,5 Prozent zwar immer noch stärkste Partei vor den Linken. Doch eine Koalition bekam sie nicht mehr zusammen.

Die SPD, die zuvor in einer großen Koalition mit der CDU regiert hatte, entschied sich in einer Mitgliederbefragung für ein Bündnis mit Linkspartei und Grünen. Mit Bodo Ramelow wurde erstmals ein Linken-Politiker Regierungschef in Deutschland.

Rot-Rot-Grün regiert seitdem relativ geräuschlos. Ramelow ist bei den Bürgern beliebt und erschließt mit einem gemäßigten Linkskurs auch Wählerschichten, die sonst eher nicht für die Linkspartei stimmen würden.

Und trotzdem wird es diesmal äußerst knapp für Rot-Rot-Grün, die schon 2014 nur eine Stimme Mehrheit hatten. Die Linke könnte laut Umfragen von teils 29 Prozent zwar sogar etwas stärker werden als 2014. Doch die SPD steht mit 8 oder 9 Prozent derzeit schwächer da als damals, die Grünen mit 7 und 8 Prozent ein bisschen stärker.

Die CDU kämpft mit Umfragewerten von 23 bis 26 Prozent mit der AfD um den zweiten Platz. Die AfD schwankt den Umfragen zufolge derzeit zwischen 20 und 24 Prozent.

Mögliche Regierungen

Die Regierungsoptionen sind in Thüringen arg beschränkt. Das liegt einerseits daran, dass die AfD wohl sehr stark wird, aber niemand mit den Rechtsaußen koalieren wird. Und andererseits daran, dass die CDU nicht mit der Linken koalieren will. Das hat sie zuletzt in einem Parteitagsbeschluss bundesweit ausgeschlossen. Damit ist eine "große Koalition" aus Linken und CDU unmöglich. Auch die FDP will im Übrigen nicht mit der Linken koalieren.

Wenn es für Rot-Rot-Grün reicht, ... dann wird es Rot-Rot-Grün. Ramelow will die Koalition fortsetzen, SPD und Grüne wollen das auch. Doch es wird knapp. Eine Rolle spielt, ob die FDP es mit mehr als fünf Prozent in den Landtag schafft oder nicht. Ohne FDP stehen die Chancen für die aktuelle Regierung besser. Schaffen es die Liberalen, dürfte Rot-Rot-Grün eine Mehrheit verpassen.

Eine sogenannte Kenia-Koalition, ... also ein Bündnis aus CDU, SPD und Grünen, ist unter Umständen denkbar, sofern es für Rot-Rot-Grün nicht reicht. Sie wäre eine Möglichkeit für den CDU-Spitzenkandidaten Mike Mohring, wieder an die 24 Jahre währende CDU-Ära in Thüringen anzuknüpfen. Allerdings müsste seine Partei dafür stärker als die Linke werden, was laut Umfragen schwierig wird.

Die sogenannte Simbabwe-Koalition ... dürfte für CDU-Landeschef Mohring noch schwieriger zu bilden werden. Sie bestünde aus CDU, SPD, Grünen und FDP. Die FDP müsste dafür zunächst einmal in den Landtag kommen. Das ist laut Umfragen längst nicht sicher. Und Mohring müsste SPD und Grüne von der Notwendigkeit des Bündnisses überzeugen.

Obwohl sie niemand will, ... könnte es auch zu einer Minderheitsregierung von Rot-Rot-Grün kommen. Die CDU müsste eine solche Regierung dann tolerieren, was sie nicht möchte und was mit Blick auf den Parteitagsbeschluss heikel ist. Der schließt "Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit" mit AfD und Linken aus. Ob auch eine Tolerierung eine "ähnliche Form der Zusammenarbeit" ist, darüber wird nach der Wahl diskutiert werden, wenn wirklich gar nichts anderes geht.

Wenn gar nichts klappt, ... könnte Bodo Ramelow noch mindestens ein Jahr weiterregieren. Das ermöglicht die thüringische Landesverfassung. Dort gibt es nämlich keine Frist zur Regierungsbildung wie sonst vielerorts. Ramelow bliebe so lange geschäftsführend Ministerpräsident, bis ein neuer gewählt ist. Er könnte dann zwar keine neuen Minister ernennen, aber er hätte ja noch alte. Und mindestens so wichtig: Die Koalition hat mit einem Haushaltsgesetz vorgesorgt, das 2020 mit einschließt. Allerdings hat die Opposition das schon damals heftig kritisiert. Und um Gesetze zu verabschieden, wäre Ramelow ohne eigene Mehrheit im Landtag auf sie angewiesen. Keine sonderlich gute Aussicht.

Die drohenden Folgen

Die Linke ... könnte mit einem guten und vielleicht sogar noch besseren Ergebnis als vor fünf Jahren triumphieren. Allerdings gründet der Erfolg vor allem auf der Person Bodo Ramelow. Der Ministerpräsident ist sehr beliebt, auch weit über das übliche Linken-Lager hinaus. Er steht für eine pragmatisch-linke Politik. Im Wahlkampf waren er und sein Name auf den Plakaten groß zu sehen, das Parteilogo tauchte teils gar nicht auf. Insofern dürfte es für die zerstrittene und schlecht sortierte Bundespartei schwer werden, seinen Erfolg für die gesamte Linkspartei zu nutzen.

Die AfD ... dürfte wie in Brandenburg und Sachsen sehr stark werden – und wird trotzdem nicht mitregieren. Das Ergebnis dürfte in der Partei erneut den extrem rechten "Flügel" um Landeschef Björn Höcke stärken.

Die CDU ... würde auch bundesweit jubeln, wenn sie in Thüringen wieder den Regierungschef stellen könnte. Allerdings ist das den Umfragen zufolge unwahrscheinlich. Mit einer möglicherweise anstehenden Tolerierung von Rot-Rot-Grün könnte in der Partei eine Debatte darüber ausbrechen, ob man eine Zusammenarbeit mit der Linken weiter kategorisch ausschließen sollte.

Die SPD ... stand 1994 in Thüringen mal bei knapp 30 Prozent. Vor fünf Jahren waren es noch 12,4 Prozent. Nun droht ihr ein weiteres historisches Tief von unter zehn Prozent. Und das, obwohl mit Wolfgang Tiefensee ein ehemaliger Bundesminister als Spitzenkandidat antritt. Wirklich erschüttern könnte die SPD nach den Misserfolgen der jüngeren Vergangenheit aber wohl nur noch, wenn sie in Thüringen aus dem Landtag flöge. Und danach sieht es nicht aus.


Die FDP würde sich über den Wiedereinzug in den Landtag nach fünf Jahren Pause freuen – wenn es klappt. Die Grünen können ihr voriges Ergebnis von knapp 6 Prozent wohl verbessern – und somit ihre Position in Ostdeutschland.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Landesverfassung Thüringen (PDF-Datei)
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