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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Interview mit Bremer Grünen-Landeschef "Noch ist nicht sicher, mit wem wir koalieren wollen"
Die Grünen sind der Wahlsieger des Abends in Bremen – und bei der Europawahl. Herman Kuhn ist der Landeschef der Partei in Bremen. Er erklärt den Erfolg der Ökopartei im Interview mit t-online.de
Die Grünen sind der triumphale Sieger der Europawahl vom Sonntag. Im Wahlkampf haben sie auf zwei vertraute Gesichter vom linken Flügel gesetzt. Ska Keller und Sven Giegold verkörpern ein Hauptanliegen der Partei: Den Kampf gegen den Rechtsnationalismus in der EU. Den Spitzenkandidaten, die bereits seit 2009 EU-Parlamentarier sind, spielt im Wahlkampf auch der hohe Stellenwert des Klima-Themas in die Hände.
In Bremen sind sie das Zünglein an der Waage – sie können Rot-Rot-Grün oder auch Jamaika ermöglichen. "Was für ein Abend!", jubelt Parteichefin Annalena Baerbock auf der Grünen-Party. Ein "saustarkes Ergebnis" habe man eingefahren. Der Landesvorsitzende der Bremer Grünen, Herman Kuhn, erklärt im Interview mit t-online.de, mit wem die Partei in Bremen koalieren könnte – und wie die Zusammenarbeit im EU-Parlament mit anderen Parteien werden könnte.
Mit wem setzen Sie sich jetzt zuerst zusammen, um eine neue Koalition zu bilden in Bremen?
Es gilt: Die stärkste Partei lädt ein. Ich glaube daher, dass die CDU uns am Montag um ein Gespräch bitten wird, wenn die Hochrechnungen sich bestätigen. Wir werden dann mit den Christdemokraten ein Sondierungsgespräch führen und dann am Tag drauf mit der SPD reden, genauso wie mit der FDP und den Linken. Damit wir die mögliche Konstellationen zum Regierungen abwägen können, denn noch ist nicht sicher, mit wem wir koalieren wollen.
Was ist der Grund für das Erstarken der Grünen in Bremen und bei der Europawahl?
Die Menschen in Bremen und Europa sind nicht zufrieden mit der aktuellen Regierungsarbeit. Das schlägt sich nieder: Die starke Bewegung für den Klimaschutz hat uns geprägt, auch Minderheitenschutz und Menschenrechte standen auf unserer Agenda. Und das kam offenbar gut bei den Menschen an.
Viele Politiker von Union und SPD haben jetzt angesichts der Hochrechnungen verkündet, künftig Klimapolitik mehr in den Fokus zu rücken. Treiben Sie die anderen Parteien mit ihren Themen vor sich her?
Das ist offensichtlich so. Die jungen Menschen demonstrieren fürs Klima, und die brauchen jemanden, der den Protest in Politik übersetzt und Mehrheiten dafür findet. Jetzt wird uns von vielen Parteien versprochen, sich dort mehr zu engagieren – das nehmen wir erstmal gern an, sind aber gespannt, ob den Worten auch Taten folgen.
Was bedeutet das Ergebnis jetzt für Europa – werden Sie dort auch mit anderen Parteien zusammenarbeiten, um Umweltprojekte nach vorne zu bringen?
Wir haben ein starkes deutsches Ergebnis, aber noch ist nicht klar, wie groß die Fraktion der Grünen sein wird im Europäischen Parlament. Wir werden wohl gegen Macron mit den Liberalen nicht ankommen. Aber wir werden gebraucht, um eine stabile Mehrheit im Parlament herzustellen. Jede Stimme der Wähler für uns wird sich in unserer Politik umsetzen.
- Gespräch am Telefon
- Mit Material von AFP und dpa