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Gewalttaten von Migranten: Abschiebungen in Krisengebiete sollten kein Tabu sein


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Gewalttaten von Migranten
Abschiebungen in Krisengebiete sollten kein Tabu sein

  • Lamya Kaddor
MeinungEine Kolumne von Lamya Kaddor

Aktualisiert am 02.11.2018Lesedauer: 4 Min.
Eine Gruppe junger Männer mit Migrationshintergrund in Berlin: Bei schweren Verbrechen sollten Migranten auch in unsichere Herkunftsländer abgeschoben werden dürfen, findet unsere Kolumnistin.Vergrößern des Bildes
Eine Gruppe junger Männer mit Migrationshintergrund in Berlin: Bei schweren Verbrechen sollten Migranten auch in unsichere Herkunftsländer abgeschoben werden dürfen, findet unsere Kolumnistin. (Quelle: Symbolbild/Ralph Peters/imago-images-bilder)
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Schwere Verbrechen von Flüchtlingen erfordern ein hartes Vorgehen der Politik. Das muss gesagt werden dürfen. Doch junge Migranten brauchen auch eine helfende Hand.

Schieben wir mal alle Bedenken beiseite: die Angst davor, Rechtspopulisten zu befeuern; die Befürchtung, Menschengruppen zu verunglimpfen; die Sorge, selbst rassistisch zu handeln.

Die Situation von jungen, geflüchteten Männern aus Syrien, Afghanistan, Nordafrika in Deutschland ist heikel. Viele bleiben unter sich (aus nachvollziehbaren Gründen wie Sprache, Aufenthaltsstatus, Beschäftigungsarmut etc.). Sie sind oftmals gesellschaftlich isoliert und ohne Perspektive für ihr Leben. Unter diesen Umständen gärt Böses leicht. Solche prekären Situationen können Nährboden für Wut, Frust und Gewalt sein. Von einigen junger Kriegsflüchtlingen in Deutschland gehen somit selbstredend echte Gefahren aus. Daran gibt es nichts schön zu reden. Darum muss man sich kümmern.

Das heißt: Mehr handeln und weniger darüber reden. Das ist der Unterschied zwischen Populisten und dem Rest. Dazu bedarf es einer Strategie des nötigen Willens und der finanziellen Unterfütterung. Bestrafen, abschieben, vorbeugen lauten die Schlagwörter.

"Wenn ich hier Mist baue, bin ich dran"

Junge traumatisierte Männer, geflohen aus Kriegsgebieten, wo sie brutale Gewalt erlebt haben, verstehen im Gastland manchmal nur noch die Sprache der Härte. Jedem, der nach Deutschland kommt, muss klar sein: "Wenn ich hier Mist baue, bin ich dran."

Bei einem Fall wie etwa der Gruppenvergewaltigung in Freiburg ist es wichtig, rasch zu ermitteln, Schuldige anzuklagen und bei einer Verurteilung die Strafe auf dem Fuß folgen zu lassen. Kaum ein (Jugend-)Richter hierzulande beklagt nicht das Problem schleppender Verfahren. Politiker, die die Bevölkerung langfristig schützen wollen, sollten hier schleunigst Verbesserungen vorantreiben.

Wird ein Geflüchteter zu einer Haftstrafe wegen einer Straftat verurteilt, ist gleichzeitig ein Abschiebeverfahren zu prüfen, gegebenenfalls einzuleiten und ebenfalls zügig zu vollziehen. Aufgabe der Politik ist es hier, auf diplomatischer Ebene solche Abschiebungen möglich zu machen.

Bei Verbrechen wie der fürchterlichen Tat von Freiburg, also bei schwerwiegenden Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, aber auch gegen die persönliche Freiheit, die körperliche Unversehrtheit oder gegen das Leben, sollten Täter sogar in Krisengebiete und unsichere Herkunftsstaaten abgeschoben werden können. Wenn ein Mensch gezielt einem anderen Menschen schadet oder schaden will, wäre das moralisch vertretbar – solange ihm im Herkunftsland nicht Folter oder grausame, unmenschliche, erniedrigende Behandlung droht.

Auch eine härtere Auslegung des Rechts bei straffällig gewordenen (nicht generell bei abgelehnten) Geflüchteten ist vertretbar. Mit einem unverschämten Gast geht ein Hausherr schließlich auch weniger rücksichtsvoll um, als mit einem unverschämten Mitbewohner.

Junge Flüchtlinge müssen an die Hand genommen werden

Die gesellschaftliche Verantwortung für junge Täter, die woanders sozialisiert worden und erst kurze Zeit in Deutschland sind, ist geringer als für "Eigengewächse". Ende der 90er Jahre wurde zum Beispiel der 14-jährige Intensivtäter "Mehmet" in die Türkei abgeschoben. Diese Entscheidung haben Richter später zu Recht kassiert. "Mehmet" ist vollständig in Deutschland aufgewachsen, nach seinen Eltern war dieses Land damals mitverantwortlich für ihn.

Dass der Staat Härte zeigen muss, zeigt die soziale Arbeit mit jungen Geflüchteten. Im Rahmen meiner Islamismus-Präventionsprojekte habe ich auch immer wieder mit unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten zu tun; aktuell im Modellprojekt "Spiel dich frei", das die Streetfootballworld gGmbH und RheinFlanke gGmbH zusammen mit dem Liberal-Islamischen Bund (LIB e.v), gefördert vom Bundesprogramm "Demokratie leben!", durchführt.


Die Erfahrungen daraus lehren, dass man junge Flüchtlinge, sobald sie in Deutschland sind, an die Hand nehmen und auf den Alltag hier vorbereiten muss. Mit einer bloßen Unterbringung in Sammelunterkünften ist es nicht getan. Annette Widmann-Mauz, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Alle Asylsuchenden müssen unmittelbar nach ihrer Ankunft in Deutschland, noch in der Erstaufnahmeeinrichtung, Wegweiserkurse über das Zusammenleben in Deutschland erhalten – und dazu gehört auch, dass es für sexuellen Missbrauch und andere Gewalttaten null Toleranz gibt."

Damit hat sie vollkommen recht. Präventionsarbeit kann viel Gutes leisten. Die meisten jungen Geflüchteten sind so dankbar dafür, wenn jemand da ist, der sich ernsthaft um sie kümmert und der ihnen sagt, wo es lang geht, wie diese Gesellschaft funktioniert, wie man sich darin zurechtfinden kann.

Zweite Seite der Medaille sind harte Konsequenzen

Ideal wäre wie bei jeder Form von sozialer Arbeit ein Begleiter fürs Leben, ein guter Freund, eine Vertrauensperson mit Durchblick, die immer für einen da ist. Aber genau an diesem Ideal scheitert soziale Arbeit regelmäßig. Die schmerzhafteste Erkenntnis für willige Helfer ist, dass sie nicht jedem Menschen helfen können. Scheitern ist und bleibt der große Bruder von sozialem Engagement.


Aus diesem Grund muss es auch klare und stringente Vorgaben für junge Geflüchtete geben. Und die zweite Seite dieser Medaille sind harte Konsequenzen. Beides muss man öffentlich einfordern können, ohne in die rechte Ecke gestellt zu werden. Und das geht. Ganz ohne populistische Antworten, ganz ohne pauschale Verknüpfung von Delinquenz und Devianz mit Religion, Herkunft oder Kultur. Also ganz ohne Hetze gegen Flüchtlinge, Muslime, Araber oder sonstige Menschengruppen. Wenn man denn will. Und wenn es einem wirklich um die Sache geht.

Lamya Kaddor ist Islamwissenschaftlerin, Religionspädagogin und Publizistin und leitetet derzeit ein Forschungsprojekt an der Universität Duisburg-Essen. Ihr neues Buch heißt "Die Sache mit der Bratwurst. Mein etwas anderes deutsches Leben" und ist bei Piper erschienen. Sie können unserer Kolumnistin auch auf Facebook oder Twitter folgen.

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