Koalitionsverhandlungen gestartet CSU streitet über Gründe für Stimmenverluste
Die Koalitionsverhandlungen zwischen CSU und Freien Wählern sind gestartet. Derweil schwelt in der CSU der Konflikt über die Aufarbeitung der Wahlpleite weiter.
Fünf Tage nach der Landtagswahl in Bayern verhandelt die CSU-Spitze mit den Freien Wählern eine mögliche Koalition. Erklärtes Ziel der beiden Parteien ist, möglichst schnell ein bürgerliches Bündnis für Bayern zu schmieden. Die bayerische Verfassung schreibt eine schnelle Regierungsbildung vor. Spätestens am 5. November muss die konstituierende Sitzung des Landtags sein, spätestens am 12. November die Regierungsbildung abgeschlossen und der Ministerpräsident gewählt sein.
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nannte im Bayerischen Rundfunk als Ziel, eine Stabilität gewährleistende Regierung zu bilden. Neben den wirtschaftlichen Interessen wolle er in der künftigen Landesregierung auch die ökologischen Herausforderungen besonders angehen. Söder hatte auch Sondierungsgespräche mit den Grünen positiv bewertet, Koalitionsverhandlungen lehnte er aber vor allem wegen großer Meinungsunterschiede bei der inneren Sicherheit ab.
Aiwanger will keine Showpolitik abliefern
Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger bekräftigte im Radiosender NDR Info, er sehe inhaltlich keine K.-o.-Kriterien für eine Koalition. Er forderte aber die CSU auf, die Alltagsprobleme der Menschen zu erkennen und nicht nur "Showpolitik abliefern" und "ideologische Debatten" führen zu wollen.
Derweil ist die CSU weiter mit der Aufarbeitung ihres Absturzes um mehr als zehn Prozentpunkte auf 37,2 Prozent bei der Wahl am vergangenen Sonntag beschäftigt. Die scheidende Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) sagte der Zeitung "Die Welt", sie lasse sich die Bewertung nicht nehmen, dass die CSU im Wahlkampf die bürgerliche Mitte stärker hätte beachten müssen.
Für diese Bewertung gebe es parteiintern aber Kritik. "Landesgruppenchef Alexander Dobrindt tut sich mit meiner Beurteilung schwer." Stamm sagte, die CSU habe es generell nicht geschafft, den Menschen ihre Ängste zu nehmen. "Unsere politische Bandbreite war zu schmal." Das Thema Asyl sei überhöht worden.
Kritik: Dobrindts konservative Revolution schwerer Fehler
Mit der von Dobrindt geforderten "konservativen Revolution" könne sie nichts anfangen, sagte die wegen der Stimmverluste selbst aus dem Landtag ausgeschiedene Stamm. Ihr wäre es wichtiger, wenn die CSU sich um diejenigen kümmere, "die offen, engagiert und wertgebunden sind".
Auch der CSU-Ehrenvorsitzende Theo Waigel kritisierte den Kurs seiner Partei. Die Konfrontation mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die "Wiederbelebung" der Flüchtlingsdebatte hätten viele Menschen "abgestoßen", schrieb Waigel in der "Süddeutschen Zeitung". Er kritisierte ebenfalls die von Dobrindt ausgerufene "konservative Revolution"; das sei ein schwerer Fehler gewesen.
Insgesamt habe die Partei stark an Integrationskraft eingebüßt. Ausdrücklich sieht auch Waigel Defizite in der Umweltpolitik, die den Wahlerfolg der Grünen begünstigt hätten. Das grüne Wahlkampfthema "Flächenfraß" habe seine Berechtigung gehabt.
- AFP