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Migration: Union und SPD einigen sich auf Kompromiss im Asylstreit


Migration
Union und SPD einigen sich auf Kompromiss im Asylstreit

Von dpa
Aktualisiert am 05.07.2018Lesedauer: 3 Min.
Demonstrieren Einigkeit.Vergrößern des Bildes
Demonstrieren Einigkeit. Aller Zwist scheint vergessen, doch kann das möglich sein, nach der vorangegangenen Schlammschlacht. Angela Merkel, Olaf Scholz und Horst Seehofer im Deutschen Bundestag. (Quelle: Kay Nietfeld./dpa)

Berlin/Wien (dpa) - Es ist das Ende eines nervenzehrenden Asylstreits: Die große Koalition hat sich am Donnerstagabend in Berlin auf ein Paket gegen illegale Migration geeinigt. Darauf hatte vor allem CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer gedrungen.

Allerdings sollen an der Grenze zu Österreich deutlich weniger Migranten zurückgewiesen werden als von Seehofer ursprünglich geplant. Zudem setzte die SPD durch, dass noch in diesem Jahr ein Einwanderungsgesetz auf den Weg gebracht werden soll, das den Zuzug von ausländischen Arbeitskräften regelt.

Seehofer, der noch am Sonntag im unionsinternen Streit mit Rücktritt gedroht hatte, zeigte sich dennoch zufrieden: "Das ist alles von A bis Z so, wie man sich das als zuständiger Minister wünscht." SPD-Chefin Andrea Nahles betonte: "Es wird keine nationalen Alleingänge geben." Vizekanzler Olaf Scholz sagte, die SPD hoffe, dass das vorgezogene "Sommertheater" nun beendet sei.

Seehofer erreichte, dass Migranten, die in einem anderen EU-Staat einen Asylantrag gestellt haben, an der Grenze zu Österreich zurückgewiesen werden können. Die dazu nötigen Vereinbarungen mit anderen EU-Staaten müssen aber erst noch ausgehandelt werden, was vor allem im Falle Italiens schwierig werden dürfte. Die Bundespolizei soll bereits bestehende Einrichtungen an der Grenze für die Zurückweisungen nutzen. Von ursprünglich geplanten "Transitzentren" ist in dem Kompromisspapier aus Rücksicht auf die SPD nicht die Rede.

Seehofer sprach stattdessen von "Transferzentren", in dem Papier ist von "Transitverfahren" die Rede. Dort heißt es außerdem: "Die Bundespolizei nutzt für das Transitverfahren ihre bestehenden Einrichtungen in unmittelbarer Grenznähe, sofern die Personen nicht unmittelbar in die bestehende Unterbringungsmöglichkeit im Transitbereich des Flughafens München gebracht werden und von dort aus in den Erstaufnahmestaat zurückkehren können." Für Familien werde es gesonderte Räume in den Unterkünften geben.

Das Verfahren soll nur an der deutsch-österreichischen Grenze zum Einsatz kommen - damit es funktioniert, müssen bilaterale Abkommen vor allem mit Italien und Griechenland ausgehandelt werden, von wo die meisten Migranten kommen, die bereits Asyl beantragt haben. Beide Länder müssten sich einverstanden erklären, die Menschen auch zurückzunehmen. Bisher gibt es lediglich rund 150 Fälle im Monat in Bayern, auf die das Verfahren angewendet werden könnte.

Auf die Frage, ob sich der ganze Streit deswegen gelohnt habe, sagte Seehofer am Donnerstagabend: An der Grenze werde nun der Rechtstaat durchgesetzt. "Da kommt’s nicht auf die Masse an." Es soll zudem schneller geklärt werden, welches EU-Land für einen Asylbewerber zuständigt ist. Außerdem sollen durch mehr Schleierfahndungen und "sonstige intelligente grenzpolizeiliche Handlungsansätze" deutlich mehr Migranten "grenznah erfasst und umgehend in die Ankerzentren gebracht werden", die schon in einem anderen EU-Land registriert sind.

Weder Österreichs Kanzler Sebastian Kurz, den Seehofer am Donnerstag traf, noch Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) besuchte, ließen sich zu Zugeständnissen bewegen bei der Rücknahme von Asylbewerbern, die an der deutsch-österreichischen Grenze zurückgewiesen werden sollen. Beide sehen sich als nicht zuständig für Asylbewerber, die bereits in einem anderen EU-Land einen Asylantrag gestellt haben. Auch eine entsprechende Vereinbarung mit dem wichtigen Ersteinreiseland Italien erscheint nahezu aussichtslos, nachdem die Regierung in Rom bereits abgeblockt hat.

"Das werden nicht ganz einfache Verhandlungen", räumte Seehofer ein. Letztlich sehe er die Verantwortung für Rücknahmevereinbarungen mit anderen EU-Ländern bei Kanzlerin Merkel. "Ich gehe davon aus, dass wegen der Komplexität und der europäischen Dimension nach meiner Einschätzung am Ende die wichtigsten Punkte dieser Vereinbarung von den Regierungschefs fixiert werden müssen", sagte der Innenminister.

Mit Kanzler Kurz kam Seehofer überein, dass sich Österreich und Deutschland gemeinsam mit Italien dafür einsetzen wollen, die Mittelmeer-Route für Flüchtlinge zu schließen. Bereits in der kommenden Woche solle in Innsbruck ein Treffen der drei Innenminister aus Deutschland, Österreich und Italien stattfinden, um das weitere Vorgehen zu besprechen. "Das ist im Interesse Italiens, aber auch Österreichs und Deutschlands, wenn der Migrationsdruck über diese Route weniger wird", sagte Kanzler Kurz.

Keinerlei Annäherung brachte das Treffen von Kanzlerin Merkel mit dem ungarischen Regierungschef. Orban machte deutlich, dass Ungarn keine Asylbewerber aufnehmen will, die von Deutschland nach den Dublin-Regeln der EU zurückgeschickt werden: "Es ist nämlich so dass Ungarn nicht der erste Zutrittspunkt ist, wenn es darum geht, EU-Gebiet zu betreten. Der Ersteintrittspunkt ist Griechenland." Deshalb müsse Deutschland diese Menschen nach Griechenland zurückbringen und nicht nach Ungarn. Durch den Schutz seiner Südgrenze nehme Ungarn Deutschland "eine immense Last" ab. Deshalb sei es "unfair, dass man uns in Deutschland oft mangelnde Solidarität vorwirft".

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