Parteien Merkel will keine Neuwahlen
Kühlungsborn/Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Neuwahlen als Konsequenz aus den gescheiterten Jamaika-Sondierungen mit FDP und Grünen eine Absage erteilt.
"Ich halte überhaupt nichts davon, wenn wir mit dem Ergebnis nichts anfangen können, dass wir die Menschen wieder bitten, neu zu wählen", sagte die CDU-Vorsitzende an diesem Samstag beim Landesparteitag der CDU Mecklenburg-Vorpommern in Kühlungsborn. SPD-Chef Martin Schulz zeigt sich nach dem früheren kategorischen Nein zur Neuauflage einer großen Koalition nun zumindest gesprächsbereit. Andere SPD-Spitzenpolitiker stellten unterdessen hohe Hürden für ein solches Bündnis auf.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat nach dem Jamaika-Aus Merkel, Schulz und CSU-Chef Horst Seehofer für Donnerstagabend zu einem Gespräch ins Schloss Bellevue eingeladen. "Ich weiß natürlich nicht, wie die Dinge in den nächsten Tagen weitergehen", sagte Merkel in der Rede bei ihrem heimatlichen Landesverband. Sie fügte hinzu: "Es wäre wünschenswert, sehr schnell zu einer Regierung zu kommen - nicht nur zu einer geschäftsführenden."
Merkel führte bereits von 2005 bis 2009 und 2013 bis 2017 große Koalitionen an. Mit der SPD regiert die Union derzeit nur geschäftsführend. Die Bundesregierung sei handlungsfähig, versicherte Merkel. Nach dem Jamaika-Aus liegen Neuwahlen als eine Option auf dem Tisch, die auch Steinmeier vermeiden will. Das Ergebnis könnte ähnlich ausfallen wie am 24. September, und die Parteien wären keinen Schritt weiter. Zudem ist die Furcht verbreitet, die AfD könnte noch stärker abschneiden.
Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov glauben 35 Prozent der Bürger, die AfD profitiere am stärksten vom Scheitern der Jamaika-Gespräche. Das ist weit mehr, als anderen Parteien zugesprochen wird.
Nach der Einladung Steinmeiers hatte SPD-Chef Schulz Gesprächsbereitschaft mit der Union signalisiert. Beim Bundeskongress der Jungsozialisten am Freitagabend sagte Schulz, einen Gesprächswunsch des Bundespräsidenten könne und wolle er nicht abschlagen. Schulz betonte bei den Jusos, die eine große Koalition ablehnen: "Ich strebe keine große Koalition an. Ich strebe auch keine Minderheitsregierung an. Ich strebe auch keine Neuwahlen an. Was ich anstrebe: Dass wir die Wege diskutieren, die die besten sind, um das Leben der Menschen jeden Tag ein Stück besser zu machen."
Eine Entscheidung über die mögliche Neuauflage der großen Koalition im Bund wird nach Angaben von SPD-Bundesvize Thorsten Schäfer-Gümbel nicht vor dem Bundesparteitag fallen, der vom 7. bis 9. Dezember stattfindet. Das Gespräch bei Steinmeier werde "keinen Automatismus" auslösen, sagte Schäfer-Gümbel auf einem Landesparteitag in Frankfurt.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) stellte klar, die SPD werde sich von der CDU nicht "erpressen" lassen. "Frau Merkel ist bei Lage der Dinge doch nicht in einer Position, in der sie Bedingungen stellen kann", sagte Dreyer dem "Trierischen Volksfreund" (Samstag). "Was die SPD politisch umsetzen will, hat sie klar im Wahlprogramm formuliert. Das weiß Frau Merkel", betonte Dreyer. Aus ihrer Sicht ist auch die Tolerierung einer Minderheitsregierung Merkels "keineswegs" vom Tisch.
SPD-Vize Ralf Stegner stellte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag) klar, dass eine Neuauflage der großen Koalition kein Selbstläufer wäre. "Ein "Weiter so" kann und darf es nicht geben", sagte Stegner. Nordrhein-Westfalens SPD-Landeschef Michael Groschek betonte in einem dpa-Gespräch, entscheidend sei, dass sich die SPD in den Gesprächen nicht von sozialdemokratischen Inhalten abbringen lasse.
In der CDU stellt man sich auf schwierige Gespräche mit der SPD ein. "Das wird mit der SPD nicht einfach werden", sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther auf einem CDU-Landesparteitag in Neumünster. Eine Minderheitsregierung sei keine Lösung, Ziel müsse eine handlungsfähige Regierung unter Führung der CDU sein. Und Merkel müsse Kanzlerin bleiben, fügte Günther hinzu.