Deutschland Platzeck tritt als Ministerpräsident von Brandenburg zurück
Der Schritt fällt ihm schwer und ist seiner angeschlagenen Gesundheit geschuldet: Nach elf Jahren als Ministerpräsident in Brandenburg gibt Matthias Platzeck (SPD) sein Amt auf. Auch den SPD-Landesvorsitz legt der 59-Jährige nieder."40-50 Stunden kannst Du gut und gerne arbeiten", zitierte er bei seiner ersten öffentlichen Äußerung zum Rückzug seinen Arzt, "aber 80? - Vergiss es."
Demokratie habe immer etwas mit Machtverleihung auf Zeit zu tun, sagte Platzeck. "Ich habe Politik immer mit viel Lust und Leidenschaft gemacht", berichtete er. Aber: "Zwei Jahrzehnte zeigen Wirkung, wenn der Motor immer auf Hochtouren läuft", sagte der scheidende Ministerpräsident. Er könne das Amt nicht mehr mit dem Potenzial ausüben, wie es nach seinem Verständnis nötig sei, so Platzeck.
Nachfolger steht schon bereit
Der Wechsel an der Regierungsspitze erfolgt aus verfassungsrechtlichen Gründen am 28. August, wenn planmäßig eine Landtagssitzung anberaumt ist. Nachfolger in beiden Ämtern wird auf Vorschlag von Platzeck der bisherige brandenburgische SPD-Innenminister Dietmar Woidke (51). "Er steht mit beiden Füßen fest auf märkischen Boden", sagte der Ministerpräsident.
Der bisherige Chef der SPD-Fraktion im Potsdamer Landtag, Ralf Holzschuher, soll neuer Innenminister werden. Sein Amt übernimmt Klaus Ness, bisher Generalsekretär der Brandenburger SPD.
Der Rücktritt hat auch Bedeutung für den Berliner Großflughafen BER: Platzeck ist bislang noch Chef des Kontrollgremiums und kündigte an, die nächste Sitzung im August noch zu leiten. Wer seinen Posten als Aufsichtsratschef übernimmt, ist noch unbekannt.
Woidke wird nicht in den Aufsichtsrat des Berliner Großflughafens BER einziehen. Er habe sich bislang wenig mit dem Flughafenprojekt beschäftigt, sagte er zur Begründung.
Leichter Schlaganfall im Juni
Der 59-jährige Platzeck hatte im Juni einen leichten Schlaganfall erlitten. Am Montagmorgen war Platzeck - Regierungschef der einzigen rot-roten Koalition in Deutschland - nach einem dreiwöchigen Urlaub an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt. Er überraschte auch seine eigene Partei mit dem Rücktritt. Am späten Nachmittag beriet er in Potsdam mit dem SPD-Landesvorstand und der Fraktion über die Lage.
"Ich habe die ganzen sechs Wochen mit mir gerungen", schilderte Platzeck. Die Entscheidung sei ihm sehr schwer gefallen. Es gehe ihm zwar besser, aber bei der Genesung sei Geduld notwendig. Sein Direktmandat im Wahlkreis Uckermark I will Platzeck aber behalten.
Zuvor hatte er betont, zu seiner Pflichtauffassung gehöre, "dass man sich selbst zu prüfen hat - und zwar ganz nüchtern und sachlich - ob man jeweils in der Lage ist, diesem Amt und den damit verbundenen Aufgaben gerecht zu werden".
Amt 2002 von Stolpe übernommen
Der frühere Umweltminister Platzeck hatte 2002 das Amt des Ministerpräsidenten Brandenburgs von Manfred Stolpe übernommen. Bis 2009 stand er an der Spitze einer rot-schwarzen Koalition mit der CDU. Seitdem regiert er gemeinsam mit der Linken. 2006 war Platzeck kurzzeitig auch Vorsitzender der Bundes-SPD. Zwei Hörstürze und ein Zusammenbruch zwangen den Hoffnungsträger damals nach 146 Tagen zum Rückzug.
Respekt von den Linken
"Platzeck ist die Entscheidung sicher nicht leicht gefallen. Deshalb muss man ihm hohen Respekt zollen", sagte Klaus Lederer, Parteichef der Berliner Linken, in einer ersten Reaktion dem "Tagesspiegel".
Die Koalition aus SPD und Linken in Potsdam sieht Lederer aber nicht gefährdet: "Die rot-rote Koalition in Potsdam funktioniert auf Basis inhaltlicher Übereinkünfte. Das wird sich so schnell nicht ändern."