Rechtsextremistische Gruppe zerschlagen AfD-Spitze entzieht mutmaßlichen Terroristen Mitgliedsrechte
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Die AfD will mutmaßliche Mitglieder einer rechtsextremistischen Terrorgruppe aus der Partei werfen. Damit reagiert der Vorstand auf Festnahmen in Sachsen und Polen am Dienstag.
Die AfD-Spitze ist hochnervös: Nach der Festnahme von mutmaßlichen Mitgliedern der rechtsextremistischen Terrorgruppe "Sächsische Separatisten" hat der AfD-Bundesvorstand am Mittwoch beschlossen, dass drei AfD-Mitglieder aus der Partei ausgeschlossen werden sollen, die in der Gruppe aktiv gewesen sein sollen. Das teilte der Sprecher von AfD-Chefin Alice Weidel t-online aus der Sonder-Telefonkonferenz des Bundesvorstands mit, die ab 11 Uhr tagte.
Der Beschluss wurde im 14-köpfigen Bundesvorstand demnach einstimmig gefällt. Der Ausschluss der AfD-Mitglieder Kurt H., Kevin R. und Hans-Georg P. werde "wegen erheblichen Verstoßes gegen die Grundsätze oder Ordnung der Partei" beim zuständigen Landesschiedsgericht der AfD beantragt, heißt es im Beschluss. Bis zur Entscheidung des Gerichts sollen den drei Männern mit "sofortiger Wirkung" ihre Mitgliedsrechte entzogen werden. Es liege ein "dringender und schwerwiegender Fall" vor, "der ein sofortiges Eingreifen erfordert", heißt es im Beschluss des Bundesvorstands weiter.
Am Mittwoch beschloss auch der Landesvorstand der sächsischen AfD den sofortigen Entzug der Mitgliedsrechte und den Antrag auf Parteiausschluss der drei Männer. "Wer sich bewaffnet, die Nähe zu tatsächlichen Neonazis sucht und separatistische Fantasien befürwortet, hat in der AfD nichts zu suchen", erklärte AfD-Landeschef Jörg Urban.
Rasche Reaktion aus Angst vor Verfassungsschutz
Bereits am Dienstag hatte AfD-Co-Chef Tino Chrupalla mitgeteilt, man sei "schockiert" über die Festnahmen und Informationen zu den Umtrieben der Gruppe. Die Verbindungen zur AfD allerdings sind äußerst eng – zwei der drei Männer waren nicht nur aktiv in der Partei und ihrer Jugendorganisation, sondern sollen auch für Abgeordnete der AfD gearbeitet haben, sich also über die Partei finanziert haben.
Für die AfD ist das ein großes Problem. Aktuell läuft im Bundestag die Diskussion über ein Verbotsverfahren gegen die AfD. Erwartet wird in den nächsten Wochen außerdem die Entscheidung des Verfassungsschutzes, die Partei womöglich hochzustufen – vom "rechtsextremistischen Verdachtsfall" hin auf die höchste Stufe "gesichert rechtsextrem".
Terroristische Umtriebe sind für beide Verfahren äußerst relevant. Die sehr schnelle Reaktion des Bundesvorstands nach der Razzia bei den "Sächsischen Separatisten" am Dienstag dürfte damit zusammenhängen.
Mutmaßliche Mitglieder von Terrorgruppe festgenommen
Die Verbindungen der AfD zu den mutmaßlichen Rechtsterroristen sind eng. Die drei Männer waren in der AfD sowie in der Jugendorganisation der Partei, der "Jungen Alternative", aktiv. Kurt H. war bis zum Beschluss am Mittwoch Schatzmeister der sächsischen "Jungen Alternative", Mitglied im Kreisvorstand der AfD im Landkreis Leipzig sowie für die AfD Mitglied im Stadtrat von Grimma. Er arbeitete zudem für einen AfD-Landtagsabgeordneten.
Kevin R. war ebenfalls für den AfD-Kreisverband tätig. Er kandidierte erfolglos für den Stadtrat in Grimma und vertrat nach Informationen der "Leipziger Volkszeitung" (LVZ) im Stadtrat Kurt H. in Ausschüssen. Laut "LVZ" soll er ebenfalls für einen AfD-Abgeordneten gearbeitet haben. Hans-Georg P. soll in der AfD sowie der JA aktiv gewesen sein.
Bei einer Razzia in Sachsen und Polen waren am Dienstag acht mutmaßliche Mitglieder der "Sächsischen Separatisten" festgenommen worden, darunter Kurt H., Kevin R. und Hans-Georg P. Mehr dazu lesen Sie hier.
Terrorgruppe bereitete sich auf "Tag X" vor
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft lehnen die Gruppenmitglieder die freiheitlich-demokratische Grundordnung ab und gehen vom unausweichlichen "Kollaps" staatlicher und gesellschaftlicher Strukturen in Deutschland an einem "Tag X" aus.
Dies hätten sie zur Errichtung eines am Nationalsozialismus orientierten Gemeinwesens nutzen wollen. Die Gruppe habe vorgehabt, mit Waffengewalt Gebiete in Sachsen und womöglich auch in anderen ostdeutschen Ländern zu erobern. Von ihnen unerwünschte Menschen hätten von dort "entfernt" werden sollen, notfalls durch ethnische Säuberungen.
Gegen sechs der Festgenommenen wurde bis Mittwochmorgen der Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet. Zwei sollten dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs noch vorgeführt werden. Einer von ihnen war bei seiner Festnahme verletzt worden und musste behandelt werden, der andere wurde in Polen festgenommen und war am Mittwochmorgen noch nicht in Karlsruhe.
- Eigene Recherchen
- Mit Material der Nachrichtenagentur AFP