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Brauchen deutsche Nachrichtendienste mehr Befugnisse?


Bericht über Anschlagsplan
Brauchen deutsche Nachrichtendienste mehr Befugnisse?

Von dpa
Aktualisiert am 13.07.2024Lesedauer: 3 Min.
VorratsdatenspeicherungVergrößern des Bildes
Es gibt Kritik an unzureichenden Befugnissen deutscher Geheimdienste. (Symbolbild) (Quelle: Oliver Berg/dpa/dpa-bilder)
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Russland soll den Chef des größten deutschen Rüstungskonzerns ins Visier genommen haben. Die Entrüstung ist groß, die Besorgnis auch: Denn aufgedeckt haben sollen es nicht deutsche Dienste.

Angesichts angeblicher russischer Pläne gegen den Rheinmetall-Chef wird der Ruf nach mehr Befugnissen für die deutschen Sicherheitsbehörden wieder lauter. Entsprechende Forderungen stellte Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU). Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sagte daraufhin der Deutschen Presse-Agentur: "Die Lage ist zu ernst, um parteipolitische Süppchen darauf zu kochen." Der SPD-Politiker Jens Zimmermann sprach von reflexhaften Forderungen.

Das Komplott gegen den Rheinmetall-Chef sollen nach Informationen des US-Senders CNN amerikanische Geheimdienste aufgedeckt haben.

Schuster sagte der "Bild"-Zeitung: "Ich habe ein massives Problem damit, dass wir permanent Informationen aus dem Ausland brauchen." Bei den dortigen Sicherheitsbehörden gebe es "die Instrumente, mit denen sie diese Erkenntnisse gewinnen, wofür ich hier in Deutschland keine politischen Mehrheiten finde".

Innenminister: Vor die Lage kommen

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte der "Bild"-Zeitung: "Wir müssen vor die Lage kommen, frühzeitige Informationen sind der Kernpunkt vom ganzen Geschäft. Informationen, die spannend sind, sind heute nicht mehr auf der Straße zu kriegen oder indem man sich in der Kneipe rumtreibt, sondern im Netz. Also braucht man Kompetenzen."

Zwar generieren westliche Geheimdienste generell sehr viele Hinweise in gemeinsamer Arbeit, wie der frühere hochrangige Mitarbeiter des Bundesnachrichtendiensts (BND) und heutige Sicherheitsexperte Gerhard Conrad in den ARD-"Tagesthemen" erklärte. Aber richtig ist auch, dass "die deutschen Dienste in der Aufklärung, in der Fernmeldeaufklärung und auch in anderen Bereichen deutlich restriktiver geregelt sind". Sie dürften nicht, was andere Dienste - besonders der USA - dürften. "Das muss man eben bedenken, ob diese Güterabwägungen, die in früherer Zeit getroffen worden sind, heute noch tragfähig sind."

Schuster: Hochriskant, sich auf das Ausland verlassen zu müssen

Nötig sind aus Sicht Schusters und der Union: die Vorratsdatenspeicherung, also die anlasslose Speicherung von Standort- und Verkehrsdaten der Telekommunikation, um sie gegebenenfalls für Anti-Terror-Ermittlungen parat zu haben; die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ), die vor einer Verschlüsselung oder nach einer Entschlüsselung greift, sowie Onlinedurchsuchungen. Der Landesminister sagte: "Das sind die Methoden, weshalb die Amerikaner uns wertvolle Informationen geben können. Wenn wir aber nichts dürfen - ich halte das für hochriskant, sich immer wieder auf Erkenntnisse aus dem Ausland verlassen zu müssen." Die Vorratsdatenspeicherung ist seit langem umstritten.

Bericht: Pläne aufgedeckt

US-Geheimdienste sollen laut CNN Anfang des Jahres Pläne der russischen Regierung zu Ermordung des Vorstandschefs des größten deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall, Armin Papperger, aufgedeckt haben. Demnach wurde daraufhin die deutsche Seite informiert und der 61-Jährige in der Folge besonders geschützt. Rheinmetall ist einer der größten europäischen Lieferanten für Panzertechnik und Artilleriegeschosse für die Ukraine. Im Juni hat der Konzern eine Reparaturwerkstatt für Schützenpanzer in der Westukraine eröffnet. Geplant ist auch die Produktion neuer Panzer.

Der Kreml dementierte angebliche Anschlagspläne. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte gesagt, man äußere sich "nicht zu einzelnen Bedrohungssachverhalten". "Aber ganz klar ist: Wir nehmen die erheblich gestiegene Bedrohung durch die russische Aggression sehr ernst."

Ampel-Politiker weisen Forderungen zurück

Der FDP-Innenpolitiker Manuel Höferlin sagte der dpa: "Der reflexhafte Ruf nach alten und untauglichen Überwachungsinstrumenten wie der Vorratsdatenspeicherung hilft nicht weiter, wenn man Sicherheit stärken will. Gerade der Fall der Anschlagspläne auf den Rheinmetall-Chef zeigt, dass andere und gezieltere Erkenntnisse notwendig sind als die anlasslose Speicherung aller Login-Daten aller Menschen in Deutschland." Vielmehr zeige der Fall, wie wichtig und wertvoll die Zusammenarbeit von Nachrichtendiensten sei. "Sowohl wir als auch die anderen Länder profitieren davon."

Ampel will Reform

Grünen-Fraktionsvize von Notz sagte, die Ampel arbeite derzeit an einer umfassenden Reform des Rechts der Nachrichtendienste. Darauf verwies auch der SPD-Politiker Zimmermann. Auch die Union sollte zur Kenntnis nehmen, dass das Bundesverfassungsgericht klare Grenzen für die Arbeit der Nachrichtendienste gesetzt habe, sagte er der dpa. Alle zuständigen Ressorts der Bundesregierung von Kanzleramt über Innenministerium bis zum Verteidigungsministerium seien 16 Jahre lang von CDU und CSU geführt wurden, diese hätten damit den jetzigen Zustand der Spionageabwehr maßgeblich mitzuverantworten.

Von Notz sagte, die pauschale These, in Deutschland gebe es härtere Restriktionen als in anderen Rechtsstaaten, sei irreführend, weil die Rechtslage und die höchstrichterliche Rechtsprechung deutlich differenzierter seien. "Zutreffend ist allerdings, dass ein Land wie die USA ein Vielfaches des Geldes ausgibt, was Deutschland in diesem Bereich investiert. Aus diesem Grund fordern wir ein Sondervermögen für die innere und äußere Sicherheit."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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