Israelfeindliche Aussagen Berlinale-Eklat: Politiker fordern Konsequenzen von Roth
Auf der Berlinale gab es am Samstag mehrere israelkritische Reden, teils ohne auf den Überfall der Terrororganisation Hamas einzugehen. Nun fordern Betroffene und Politiker Konsequenzen.
Israelfeindliche Äußerungen bei der Preisverleihung der Berlinale haben massive Kritik hervorgerufen – und Forderungen nach Konsequenzen laut werden lassen. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, beklagte am Montag in der "Bild"-Zeitung "Applaus für Israelhass" und forderte Konsequenzen für die Kulturförderung. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte den Funke-Zeitungen: "Die Berlinale geht beschädigt aus diesem Abend hervor."
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) forderte Aufklärung. Der Kanzler teile die Auffassung, "dass eine derart einseitige Positionierung so nicht stehen gelassen werden kann", sagte Vizeregierungssprecherin Christiane Hoffmann in Berlin. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) ließ eine Aufarbeitung des Geschehens ankündigen.
Auf der Preisverleihung der Berlinale am Samstagabend waren mehrere scharf israelkritische Reden gehalten worden. So ging der Filmemacher Ben Russell mit einem Palästinensertuch auf die Bühne und äußerte Genozid-Vorwürfe wegen des israelischen Vorgehens im Gazastreifen. Aus dem Publikum kam Applaus. Mehr zu dem Vorfall lesen Sie hier.
Schuster erwartet klare Positionierung und Konsequenzen
Der Antisemitismusbeauftragte Klein sagte dazu: "Ben Russell und weitere haben mit ihren israelfeindlichen Äußerungen ihr Gastrecht missbraucht." Wer Israel einen Genozid vorwerfe, handele "klar antisemitisch, weil er Israel dämonisiert, doppelte Standards anwendet und ausgerechnet dem jüdischen Staat damit einen Völkermord wie die Shoah vorwirft", betonte Klein in den Funke-Zeitungen.
Genozid würde bedeuten, "dass die israelische Armee angreift, um Palästinenser zu töten – nur aufgrund der Tatsache, dass sie Palästinenser sind", sagte Klein. Tatsache sei hingegen, dass sich Israel nach dem terroristischen Angriff der Hamas verteidige. Klein kritisierte, dass der Angriff der Hamas in den Reden nicht zur Sprache kam.
Zentralratspräsident Schuster sagte: "Hetze gegen Israel und Juden auf deutschen Kulturveranstaltungen ist eine erschreckende Regelmäßigkeit geworden." Er erwarte "von den politischen Verantwortlichen endlich klare Positionierungen und Konsequenzen für die Kulturförderung".
Söder fordert Roth zu Konsequenzen auf
Die Berlinale wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und vom Land Berlin gefördert. Die Beauftragte Roth ließ am Montag mitteilen, dass sie gemeinsam mit Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU) "diese Vorkommnisse aufarbeiten will und mit der neuen Intendantin das Gespräch suchen will". Roth werte die Äußerungen bei der Preisverleihung als "erschreckend einseitig und von Israel-Hass geprägt".
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte Roth zu Konsequenzen bei der Bezuschussung von Kulturprojekten auf. Es müsse auch geklärt werden, wer Zuschüsse und Steuergelder erhalte, sagte Söder in München. Durch den Vorfall bekomme die deutsche Filmindustrie "einen schweren antisemitischen Schlag".
Die Vizefraktionschefin der FDP im Bundestag, Gyde Jensen, sieht die Berlinale dauerhaft kompromittiert. "Eine umfassende Aufarbeitung wird nicht ausreichen", erklärte Jensen. "Die Berlinale ist nachhaltig beschädigt. Ein Filmfestival, bei dem für offenen Antisemitismus geklatscht wird, ist international nicht mehr tragbar."
Volker Beck fordert Konzept gegen Antisemitismus im Kulturbetrieb
Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und frühere Grünen-Abgeordnete Volker Beck forderte Kulturstaatsministerin Roth auf, ein Konzept gegen Antisemitismus im Kulturbetrieb vorzulegen. "Es wird Zeit, im Zuwendungsrecht zu klären, dass für antisemitische Konzepte kein Geld des Bundes bereitgestellt wird", sagte Beck dem "Stern". Seit der Kasseler Kunstausstellung Documenta, bei der es ebenfalls einen Antisemitismus-Eklat gegeben hatte, fehle es an einem "kulturpolitischen Konzept zur Begegnung des Antisemitismus im Kulturbetrieb".
Vorwürfe gab es auch gegen den palästinensischen Filmemacher Basel Adra, dessen Film "No Other Land" den Panorama-Publikumspreis in der Kategorie Dokumentarfilme erhielt. Adra wandte sich laut Berichten gegen deutsche Waffenlieferungen an Israel. Sein Film befasst sich mit der Vertreibung von Palästinenserinnen und Palästinensern aus Dörfern im Westjordanland durch die israelische Armee.
FDP-Politikerin Jensen kritisierte die Auszeichnung für Adra. "Man darf sich keine Illusionen machen: Wenn ein pro-palästinensischer Film heute ausgezeichnet wird, schürt das morgen Ressentiments gegen Israel."
- Nachrichtenagentur AFP