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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Corona-Talk bei "Maischberger" Lauterbach: "Viele der 180 Sterbefälle könnten wir verhindern"
Der Gesundheitsminister warnt vor der Sommerwelle, die aktuell mehr als 100 Tote pro Tag fordert. Diese hohe Zahl ließe sich ihm zufolge vermeiden.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hätte wohl keine Einwände dagegen, die gesetzliche Mindesttemperatur für Mietwohnungen zu senken. "Ich glaube, dass es richtig ist, dass wir Sanktionen nicht durchhalten, ohne dass wir auch bereit sind, selbst Opfer zu bringen", antwortete er am Dienstagabend bei "Maischberger" auf die Frage nach konkret dieser Energiesparmaßnahme.
Die diskutierten Einschränkungen in Deutschland seien nichts verglichen mit dem Leid der Menschen in der Ukraine, sagte Lauterbach, der kürzlich in dem Land Krankenhäuser besucht hatte. "Dieser furchtbare, rücksichtslose, barbarische Angriffskrieg von Putin kann nicht gewonnen werden ohne Sanktionen", stellte der Mediziner klar. "Robert Habeck stimmt uns ein auf Einschränkungen. Er hat meine volle Unterstützung dabei."
Die Gäste
- Karl Lauterbach (SPD), Bundesgesundheitsminister
- Alexander Rodnyansky, ukrainischer Präsidentenberater
- Michail Kasjanow, ehemaliger russischer Ministerpräsident
- Jürgen Becker, Kabarettist
- Stephan Stuchlik, ARD-Hauptstadtkorrespondent
- Helene Bubrowski, "Frankfurter Allgemeine Zeitung"
Selbst unter den SPD-Kabinettsmitgliedern herrscht bei dieser Frage offenbar Uneinigkeit. Lauterbachs Parteifreundin, Bundesbauministerin Klara Geywitz, hatte gesagt: "Gesetzlich verordnetes Frieren halte ich für unsinnig."
Anstoß der Debatte war ein Vorschlag vom Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, die Mindesttemperatur während der Heizperiode auf unter 20 Grad zu senken. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) hat angekündigt, alle Gesetzesbeiträge zum Energiesparen im Herbst und Winter prüfen zu wollen, um die Gasreserven Deutschlands zu schonen.
Lauterbach: viele Tote "bestürzend"
Jetzt aber ist Sommer und viele Menschen genießen maskenlos eng gedrängt in Clubs oder auf Festivals wieder ihre Freiheit. Lauterbach zeigte Verständnis. "Das darf man nicht wegnehmen", sagte der Minister. "Der Herbst wird schnell genug kommen."
Aber auch die aktuelle Sommerwelle müsse ernst genommen werden. Er nannte rund 180 Todesfälle pro Tag "bestürzend". Allerdings könnte diese Zahl laut Lauterbach deutlich niedriger liegen, wenn es in den Krankenhäusern besser laufen würde.
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"Wir brauchen ein viel besseres Behandlungskonzept", mahnte der Gesundheitsminister. "Viele der 180 Sterbefälle könnten wir verhindern, wenn die Medikamente, die wir schon haben und bezahlt haben, besser eingesetzt würden."
Dies soll Teil des Sieben-Punkte-Plans sein, den Lauterbach ab Mittwoch mit seinen Amtskollegen aus den Ländern besprechen will. In den nächsten Wochen solle dann eine Gesetzesvorlage folgen. "Wir müssen deutlich besser vorbereitet sein als im Herbst vor einem Jahr", unterstrich Lauterbach.
Lauterbach: "Das halte ich nicht für denkbar"
Ob er eine generelle Maskenpflicht von Oktober bis Ostern plant, wollte Lauterbach bei "Maischberger" aus Rücksicht auf den Koalitionspartner FDP nicht diskutieren. Der wolle vor allem das Gutachten des Expertengremiums zur Wirksamkeit der Corona-Maßnahmen abwarten.
Virologe Christian Drosten hatte den Ausschuss verlassen und auch Lauterbach hatte ein Übermaß an Juristen in dem Gremium kritisiert. Laut Maischberger wird spekuliert, dass die Experten bis auf die Maskenpflicht eigentlich alle Einschränkungen wie Schulschließungen oder 2G als kontraproduktiv einstufen werden. "Das halte ich nicht für denkbar. Das würde mich sehr überraschen", erwiderte Lauterbach.
Ähnliches erwartet der Sozialdemokrat bei einem potenziellen Showdown mit Justizminister Marco Buschmann (FDP), der den Nutzen einer allgemeinen Maskenpflicht bezweifelt. "Ich sage mal voraus: Das Ganze wird viel weniger dramatisch ablaufen, als sich viele das vorstellen, der eine oder andere sich das auch wünscht. Wir werden uns einigen und ich glaube, dass wir da viel besser vorbereitet sein werden."
Ukraine plant Gegenoffensive
Am Dienstag waren endlich mit der Panzerhaubitze 2000 die ersten schweren Waffen aus Deutschland in der Ukraine angekommen. "Es läuft häufig holprig", kommentierte Präsidentenberater Alexander Rodnyansky die deutschen Waffenlieferungen. "Wir wünschen uns maximale Unterstützung."
Ziel sei es, Ende August eine Gegenoffensive zu starten und die von Russland besetzten Gebiete zurückzuerobern. "Wir können den Krieg gewinnen", versicherte der Assistenzprofessor von der Universität Cambridge, der in Deutschland zur Schule gegangen ist.
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"Ja, die Ukraine hat eine Chance, diesen Krieg zu gewinnen", meinte auch der russische Oppositionspolitiker Michail Kasjanow. Er war während der ersten Amtszeit von Präsident Wladimir Putin der Ministerpräsident Russlands gewesen und wurde aus dem ausländischen Exil in die ARD-Talkshow zugeschaltet.
"Putin ist geschockt von den Sanktionen"
Zugeständnisse an den Kreml-Chef lehnten Kasjanow ebenso wie Rodnyansky kategorisch ab. "Ein Aggressor muss bestraft werden. Putin arbeitet jetzt gegen die Weltordnung. Die Ukraine verteidigt die Freiheit eines jeden europäischen Bürgers. Deshalb muss die Ukraine gewinnen."
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"Putin ist geschockt von den Sanktionen", attestierte Kasjanow seinem ehemaligen Weggefährten. Er sah hier unter Umständen den Anfang vom Ende der Herrschaft des Kreml-Chefs. "Sobald Putin anfängt, besiegt zu wirken, wird Russland anfangen zu bröckeln", sagte Kasjanow.
Rodnyansky rechnete ebenfalls mit dem Sturz Putins: "Das wird passieren. Dieses Regime ist nicht stabil." Umso wichtiger sind laut dem ehemaligen Ministerpräsidenten Waffenlieferungen aus dem Westen.
"Die Sanktionen werden den Krieg nicht beenden, hundert Prozent", war sich Kasjanow sicher, obwohl die Sanktionen für sein Land wirtschaftlich bereits schwerwiegende Folgen hätten. "Den Krieg stoppen können nur die Ukrainer auf dem Schlachtfeld."
- "Maischberger" vom 21. Juni 2022