Staatsbesuch in Deutschland Erdogan muss in Köln auf die große Show verzichten
Ein großer Auftritt vor 25.000 Anhängern: So hatte sich der türkische Präsident Erdogan seinen Besuch in Köln vorgestellt. Es kommt anders. Dennoch findet er versöhnliche Worte.
Die Türkisch-Islamische Union Ditib hat wirklich alles dafür getan, damit sich Recep Tayyip Erdogan in ihrem Moschee-Komplex in Köln-Ehrenfeld wie zuhause fühlen kann. Zu Beginn seines Auftritts wird Musik wie bei einer seiner Parteiveranstaltungen eingespielt, Applaus ertönt von einem handverlesenen Publikum. Und doch: Die offizielle Moschee-Eröffnung an diesem Samstagnachmittag ist wohl nicht ganz das, was sich die Veranstalter vorgestellt hatten.
Denn eigentlich hatte die Ditib vor dem Kuppelbau eine Fahnen schwenkende Menge vorgesehen. Wegen erheblicher Sicherheitsbedenken hat die Stadt Köln diese Außenveranstaltung jedoch abgesagt. Zwar sind Erdogans Anhänger dennoch zu Tausenden gekommen, aber man kann sie nur in der Ferne hören und nicht sehen. Die Straße vor der Moschee ist weitgehend leergefegt - bis auf Polizisten und Journalisten. Auf den Dächern stehen Scharfschützen.
Dennoch schlägt Erdogan in seiner Eröffnungsrede versöhnliche Töne an. Er sagt, dass sein Deutschland-Besuch durchaus ein Erfolg gewesen ist. Mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier habe er "wichtige Themen ehrlich besprochen", unter anderem wirtschaftliche Investitionen und wie man "effektiv gegen Rassismus und Islamophobie ankämpfen" könne.
Als er auf den Fall Özil zu sprechen, wird er allerdings wieder deutlich. Dass der Ex-Nationalspieler und sein Nationalmannschaftskollege Ilkay Gündogan "aus der Gesellschaft ausgegrenzt worden" seien, nur weil sie ein Foto mit ihm gemacht hätten, "dafür habe ich kein Verständnis". Und: "Dieser Rassismus muss endlich aufhören."
Ein schwieriger Gast
Dem türkischen Präsidenten kann an diesem letzten Tag seines frostig verlaufenen Staatsbesuchs eigentlich nicht entgehen, dass er vielen Menschen in Deutschland nicht willkommen ist. Seine Ankunft in Köln am Mittag fällt einigermaßen unglamourös aus. Gegen 14.15 Uhr setzt das Präsidenten-Flugzeug in einem abgeschirmten, militärischen Teil des Kölner Flughafens auf. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) begrüßt den Gast, zudem haben sich 20 Polizisten zu einem "Ehrenspalier" aufgestellt. Dann geht's weiter zu einem kurzen Gespräch.
Eigentlich hatten sich Laschet und Erdogan dafür auf das nahe Schloss Wahn zurückziehen wollen. Da die Schlossbesitzer Erdogan aber politisch ablehnen, verweigerten sie sich den Plänen. Folge: Die beiden Männer unterhalten sich im ausgesprochen engen "VIP-Raum 2" direkt im Flughafen. Statt eines Schlosses erlebt Erdogan die monumentale Nüchternheit eines deutschen Zweckbaus.
Nach dem Gespräch - Erdogan ist schon weitergefahren - sagt Laschet: "Wir wollen, dass die Moschee zu einer Kölner Moschee wird und in Köln verankert ist." Auch die Ditib solle sich zu einer deutschen Institution entwickeln. "Die Muslime, die in diese Moschee gehen, sind auch Bürger unseres Landes. Und wir sind auch deren Ansprechpartner - und nicht der türkische Präsident."
Geschlossene Feier statt großer Erdogan-Show
Erdogans Wagenkolonne rauscht durch gesperrte Kölner Straßen nach Ehrenfeld. Es ist das Viertel der Musikclubs, der Studentenkneipen und des TV-Studios von Jan Böhmermann, der den Präsidenten mit seinem Schmähgedicht schwer verärgert hatte. Die Türkisch-Islamische Union Ditib, die weithin als verlängerter Arm der Regierung in Ankara gilt, hat eben hier ihre Zentralmoschee errichtet. Doch der Eröffnung dürfen nach der ablehnenden Entscheidung der Stadt Köln nur ein paar hundert geladene Gäste im Innenhof beiwohnen.
Die Erdogan-Anhänger ein paar Straßenzüge weiter sind enttäuscht. Seit dem Vormittag schwenken sie ihre Fahnen mit dem türkischen Halbmond oder dem Gesicht Erdogans. Ein Verkäufer zwängt sich durch die Menge, preist seine Flaggen an: "Original Türkisch". Mit Erdogan-Konterfei 15 Euro, ohne 10 Euro.
Ein Kölner Rentner ärgert sich über die Barrieren: "Überall Polizei, alles abgeriegelt, für so einen Verbrecher!" In einem türkischen Juwelierladen diskutieren Inhaberin und Kundin. "Die Moschee ist ja schon lange offen. Warum die Eröffnung jetzt durch Erdogan - macht das Sinn?", fragt die schon lange in Ehrenfeld lebende Juwelierin. Kundin Görmez B. bekennt: "Ich mag Deutschland, ich mag die Türkei. Aber wenn man all die türkischen Fahnen hier sieht, sind das Emotionen pur und das schöne Gefühl: Wir alle gehören zusammen."
Gesprochen wird in erster Linie Türkisch
Auf dem Innenhof der Moschee läuft die Eröffnungsfeier. Gesprochen wird in erster Linie Türkisch, der Ditib-Vorsitzende Nevzat Asikoglu redet allerdings auch auf Deutsch. Er dankt dem früheren Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) und dem Ehrenfelder Bezirksbürgermeister Josef Wirges (SPD), zwei Lokalpolitikern, die sich mit großem Engagement für den Bau der Moschee eingesetzt haben. An diesem wichtigen Tag fehlen sie - aus Protest, weil sie selbst nicht das Wort ergreifen durften. Das Gleiche gilt für den Architekten Paul Böhm.
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Er hat die Moschee als Monument der Offenheit und Transparenz entworfen, deshalb das viele Glas unter den Betonschalen. Sie sollte auch ein Symbol für gelungene Integration werden. Die Feier an diesem Samstag vermittelt etwas anderes: Türken und Muslime bleiben weitgehend unter sich.
Als Erdogan das Wort ergreift, schießen die Handys in die Höhe. Man muss kein Türkisch verstehen, um mitzubekommen, dass er ein Redner ist, der sein Publikum gefangen nehmen kann. Er spricht mal lauter, mal leiser. Mitunter wiederholt er einzelne Sätze oder Begriffe. An einigen Stellen ereifert er sich dermaßen, dass sich seine Stimme leicht überschlägt. Aus dem Publikum kommen Applaus und mitunter Rufe der Zustimmung.
Ganz am Ende der Zeremonie gibt es einen besonderen Moment: Die großen hölzernen Türen des Gotteshauses schwingen auf, dazu erklingt eine leise Melodie. An dieser Stelle bekommt man eine Ahnung davon, wie die Eröffnung der großen Ehrenfelder Moschee auch hätte verlaufen können.
- dpa