Vor Auftritt von Erdogan Köln und die Ditib-Moschee – Geschichte einer Entfremdung
Der Bau der Ditib-Moschee in Köln begann als Projekt der Freundschaft. Dann wurde der Einfluss des türkischen Präsidenten immer stärker. Nun will Erdogan das Gotteshaus eröffnen.
Josef Wirges hat sie mit ermöglicht, die große Kuppelmoschee, die der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan an diesem Samstag eröffnet. Immer wieder stellte sich der Bezirksbürgermeister von Köln-Ehrenfeld den Rechten entgegen, die Woche für Woche gegen den Bau protestierten. Er bekam sogar Morddrohungen. Heute ist der SPD-Politiker tief enttäuscht.
An der Erdogan-Veranstaltung hätte er nur teilgenommen, wenn er auch etwas hätte sagen können. Das aber habe ihm die Ditib verweigert – die türkisch-islamische Organisation, die die Moschee erbaut hat. Die Ditib habe sich ganz klar zum Schlechteren verändert, sagt Wirges: "Der Einfluss des Sultans aus Ankara wird immer stärker."
Mit dem Bau verbanden sich große Hoffnungen
Ähnlich sieht es der frühere Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU), der sich ebenfalls für die Moschee stark gemacht hat: "Die Ditib vertut eine große Chance", kritisiert er. Zwar habe er am Donnerstag doch noch eine Einladung für die Moschee-Eröffnung im Briefkasten gefunden, "aber wenn Sie zwei Tage vor einem großen Fest eingeladen werden, fragen Sie sich auch, wer da abgesagt hat". Er werde der Veranstaltung jedenfalls fernbleiben, ebenso wie die amtierende Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos).
Schramma hat in seiner Amtszeit von 2000 bis 2009 intensiv mit dem damaligen Ditib-Geschäftsführer Mehmet Yildirim zusammengearbeitet. Der verteilte damals Karnevalsorden, die den Dom und die Moschee zusammen zeigten. Vereint mit Fritz Schramma tauchte er als Pappfigur im Rosenmontagszug auf. "Wir sind Kölle", pflegte er zu sagen. Mit dem Bau der Moschee verbanden sich große Hoffnungen: Sie sollte ein Symbol der Offenheit sein.
Schramma bedauert seinen Einsatz nicht
Aber irgendwann war der nette Herr Yildirim aus der Führungsetage der Ditib verschwunden – aus persönlichen Gründen zurückgetreten, wie es hieß. Pressekonferenzen wurden seltener, und wenn es sie gab, dann traten mitunter Imame auf, die kein Deutsch sprachen, aber den Journalisten vorschreiben wollten, zu welchem Thema sie Fragen stellen durften.
Schramma bedauert nicht, dass er sich für die Moschee eingesetzt hat. Er habe das für die türkische Gemeinschaft getan, die dringend ein schöneres Gebetshaus gebraucht habe. "Mich ärgert, dass sich jetzt die Rechten die Hände reiben", sagt er.
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Die Abschottung der Ditib steht in einem merkwürdigen Kontrast zum gelebten Miteinander der Kulturen in Ehrenfeld. Die Moschee befindet sich an der Venloer Straße, Hauptschlagader des "Veedels" und geprägt von südlicher Lässigkeit: Autos parken in der zweiten Reihe, Lieferwagen blockieren den Radweg, aber mitten im Chaos sitzen Cafébesucher seelenruhig am Straßenrand, trinken Tee und halten ihr Gesicht in die Sonne.
"Köln-Ehrenfeld hat Platz genug"
Es reihen sich türkische Restaurants an Pizzerien, Szene-Kneipen wechseln sich mit dem ältesten Kölner Griechen und einem von Nordafrikanern geführten Fischhandel ab. "Wo immer man auch Fremde nicht ertrug, Köln-Ehrenfeld hat Platz genug", singt Herman van Veen in einem seiner Lieder. "Auch wenn sie von den Kölnern Vieles trennt, ihre Kinder reden Deutsch – mit kölschem Akzent."
Man darf vermuten, dass Erdogan bisher nicht zugetragen wurde, dass er sich in Ehrenfeld auch in den direkten Einzugsbereich eines ihm nur allzu bekannten deutschen Fernsehmanns begibt: Jan Böhmermann, der mit seinem Schmähgedicht auf den türkischen Staatschef internationale Aufmerksamkeit erregte, hat dort sein TV-Studio.
Am Donnerstagabend sagte er in seiner Sendung mit Blick auf Samstag und Erdogan: "Ich habe für 19.30 Uhr einen Tisch reserviert im Kebapland, Venloer Straße. Einfach 500 Meter in den Norden, gegenüber der Polizei – falls was ist."
- dpa