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Streit in der Union: Der zornige Horst Seehofer rast auf den Abgrund zu


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Streit in der Union
Der zornige Seehofer rast auf den Abgrund zu

MeinungPeter Hausmann

Aktualisiert am 20.06.2018Lesedauer: 3 Min.
Horst Seehofer und Markus Söder auf einem Archivbild auf Fahrer- und Beifahrersitz eines Elektroautos.Vergrößern des Bildes
Horst Seehofer und Markus Söder auf einem Archivbild auf Fahrer- und Beifahrersitz eines Elektroautos. (Quelle: dpa)

Sind Seehofer, Söder & Co. weit entfernt vom Erbe von CSU-Ikone Franz-Josef Strauß? Peter Hausmann, früherer Chefredakteur der CSU-Parteizeitung "Bayernkurier", mahnt die Parteispitze eindringlich.

Ein kleiner Paukenschlag: Mitten im Streit zwischen Seehofer und Merkel meldete sich nach Jahren politischer Abstinenz in der Öffentlichkeit Peter Hausmann, bis 2014 Chefredakteur der CSU-Parteizeitung "Bayernkurier" und früherer Regierungssprecher unter Helmut Kohl. In einem Blogbeitrag geht er mit dem aktuellen Kurs der CSU ins Gericht. Für t-online.de hat er die neuen Entwicklungen aufgenommen und seine Sicht in einem Gastbeitrag zusammengefasst.

Europäisch oder national? Die aktuellen Schlagzeilen nähren die Vermutung, dass der Streit zwischen der CDU von Bundeskanzlerin Angela Merkel und der CSU von Horst Seehofer sich noch lange nicht einem Ende zuneigt und schon gar nicht zu einem versöhnlichen Ende.

Zu einer schier ausweglosen Situation hatten bereits die hartnäckigen Forderungen von Horst Seehofer geführt, in einem nationalen Alleingang Flüchtlinge zurückzuweisen, die bereits in einem anderen Land registriert wurden. Jetzt macht die Unionsschwester aus München Front gegen die gemeinsamen Positionen von Macron und Merkel in Sachen Europareform. Die Beteuerungen vom Wochenende, niemand in der CSU wolle die Kanzlerin in Frage stellen, hatten eine geringe Halbwertzeit.

Die Parallele zum "Chicken game" im legendären James-Dean-Film "Denn sie wissen nicht, was sie tun" aus deren 50er Jahren drängt sich auf. James Dean, der zornige junge Mann, veranstaltet auf der verzweifelten Suche nach Anerkennung einen Show-Down mit seinem Kontrahenten. Sie rasen mit ihren Autos auf einen Abgrund zu. Sie sind davon überzeugt, dass der verliert, der zuerst bremst.

In der Analogie übernimmt Horst Seehofer die Rolle des zornigen Mannes – nur ist eigentlich klar, dass es jetzt keine Gewinner geben kann. Eine Frage manifestiert sich immer stärker: Schießt sich die Partei von Horst Seehofer im bayerischen Landtagswahlkampf auf Angela Merkel als strategisches Ziel ein, um von den "Merkel-muss-weg"-Schreiern die Prozentpunkte zu holen, die zur absoluten Mehrheit der Sitze im künftigen bayerischen Landtag fehlen?

Streit am sperrangelweit offenen Fenster

Dabei stärken neueste Umfragen der ARD den Verdacht, dass niemand von diesem Streit zwischen den Schwesterparteien CSU und CDU profitieren wird. Die alte politische Faustformel bewahrheitet sich immer mehr, wonach die Union immer dann in der Wählergunst sinkt, wenn sie sich streitet.

Der Ehrenvorsitzende der CSU, Theo Waigel, hatte in seiner über zehnjährigen Zeit als Parteivorsitzender stets gemahnt, dass man die Fenster schließen soll, wenn sich die Familie streitet. Jetzt stehen sie sperrangelweit offen.

Ob dabei der erhoffte Effekt, den Rechtspopulisten das Wasser abzugraben, noch eintritt, bleibt dahin gestellt. Bis heute aus liegt die AfD in den Umfragen zur bayerischen Landtagswahl am 14. Oktober stabil bei über zehn Prozent.

Der Preis für eine weitere Eskalation wäre hoch. Die Forderung nach einem nationalen Alleingang statt einer europäischen Lösung bei der Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze und die offene Kritik an den Vereinbarungen der deutschen Bundeskanzlerin und des französischen Präsidenten zur Reform der EU und zur Stabilisierung des Euro, sind die Lunte an einem Sprengsatz, der schon bald die Einheit Union zerreißen könnte.

Aktuell von der Partei irritiert

Jemand, der wie ich fasziniert von Franz Josef Strauß vor fast 50 Jahren zur CSU stieß, wird aktuell von seiner Partei irritiert. Der legendäre CSU-Vorsitzende wird derzeit von vielen in Anspruch genommen. Aber Franz Josef Strauß war kein Nationalkonservativer. Er schuf eine moderne Volkspartei mit einer großen politischen Bandbreite. Seine Reden und seine Politik zeigen einen Politiker, der aus der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges und dem Scheitern des Nationalismus seine Lehren gezogen hatte.

Er setzte auf Multilaterismus - auf das Miteinander der Staaten. Wenn man heute seine europapolitischen Gedanken nachliest, erkennt man nahezu Revolutionäres zur Zukunft Europas und zur europäischen Einheit. Die CSU-Ikone Strauß war ein liberal-konservativer Politiker mit einem großen europäischen Herzen. Er hätte bei aller ihm eigenen Konflikt- und Diskussionsfreudigkeit mit Sicherheit keine Freude an der derzeitigen Situation.

Verwendete Quellen
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