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Nach Sylt-Video: Lanz diskutiert mit Muslimen Rassismus in Deutschland


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Muslimische Runde bei "Lanz"
Hübsch erhält für These zu Kriminalität Widerspruch


Aktualisiert am 31.05.2024Lesedauer: 4 Min.
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Khola Maryam Hübsch sorgte für eine heftige Debatte um die Frage, was Ursachen für Kriminalität sind. (Quelle: IMAGO/teutopress GmbH/imago)
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Lanz diskutiert mit vier Muslimen über Fremdenhass und Antisemitismus. Es offenbaren sich teils große Differenzen.

Zum ersten Mal in der Geschichte von "Markus Lanz" hatte der Moderator am Donnerstagabend vier muslimische Studiogäste. Mit ihnen diskutierte er unter anderem das Thema Fremdenfeindlichkeit in Deutschland. Welche Gedanken das sogenannte Sylt-Video bei ihnen ausgelöst habe, wollte Lanz von seinen Gästen wissen.

Zur Erinnerung: In der Aufnahme, die sich im Internet verbreitet hatte, skandierte eine Gruppe junger Leute rassistische Parolen. Bevor seine Gäste antworten konnten, beschrieb Lanz jedoch erst einmal seinen eigenen "ersten Reflex". Er habe das Video während einer USA-Reise gesehen und sofort gedacht: "Das ist nicht Deutschland", so der Moderator. Gegenwind bekam er von Jurist Murat Kayman.

Die Gäste:

  • Khola Hübsch, Publizistin
  • Ahmad Mansour, Extremismusforscher
  • Murat Kayman, Jurist
  • Mouhanad Khorchide, Theologe

Zu sagen, die Bilder aus Sylt seien nicht Deutschland, sei eine "positive Perspektive" und rühre daher, wie man sich Deutschland wünsche, erklärte Kayman. "Menschen, die eben nicht Markus heißen, sondern Murat oder Ahmad, für die sind diese Szenen keine große Überraschung", so der Deutsch-Türke zu Lanz. Für diese passe das Video aus Sylt zu den Erfahrungen, die sie bereits beim Großwerden in dieser Gesellschaft gesammelt hätten, führte er aus. So habe er bereits als Kind auf dem Schulhof "Ausländer raus" zu hören bekommen.

Die Geisteshaltung, dass es ein "deutsches Wir" gebe, zu dem einige nie gehören werden, sei "tief verankert". Kollegen oder Vorgesetzte skandierten zwar keine Parolen, das sei jedoch ein "stilistischer Unterschied, kein grundsätzlicher", so Kayman. Die öffentliche Gegenrede nach dem Bekanntwerden des Videos erleichtere ihn nicht, stellte er klar. "Das ist das Mindeste, was man machen kann", so der Jurist. Positiv überrascht hätte es ihn, wenn Anwesende direkt gegen die Parolen-Gesänge auf Sylt widersprochen hätten.

Mansour kritisiert "selektive Empörung"

Auch Publizistin Khola Hübsch fand die Bilder aus Sylt wenig überraschend. Sie mahnte an, dass in Deutschland ein grundlegendes Problem in der Debattenführung zu Ausländerfeindlichkeit beitrage. Viel zu häufig werde Kultur in den Fokus gerückt, anstatt über Strukturen zu reden, bemängelte Hübsch. So etwa, wenn es um kriminelle Ausländer gehe. Statt auf die Herkunft, sollte in der Debatte besser auf beeinflussbare Faktoren wie Armut, sozioökonomischen Status und Bildung geschaut werden, mahnte Hübsch. Weil das aber nicht der Fall sei, wundere es sie nicht, dass Menschen "Ausländer raus" schrien.

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Damit sorgte sie bei Extremismusforscher Ahmad Mansour umgehend für Widerspruch. Debatten über Ausländer-Kriminalität seien "legitim" und führten nicht zu mehr Rassismus, erklärte er. Mit Blick auf Sylt galt sein Zuspruch Moderator Lanz: "Sie haben absolut recht, das ist nicht Deutschland", erklärte Mansour. Er persönlich sei sich zwar darüber bewusst, dass es in der Bundesrepublik Menschen mit rechtsradikaler Ideologie gebe. Das Video aus Sylt habe er jedoch "nicht überbewertet".

Problematisch fand Mansour die öffentlichen Reaktionen von Politikern und Zivilbevölkerung. Er habe die Empörung als "selektiv" wahrgenommen, erklärte der Wissenschaftler seine Kritik. Der Grund: Nachdem pro-palästinensische Aktivisten Räume der Humboldt-Universität in Berlin aus Protest gegen Israel besetzt hatten, habe es keine derartigen Bekundungen gegeben. Man sei nur empört, "wenn es ideologisch passt", beklagte Mansour. "Das stört mich."

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Khola will Differenzierung

Eine Parallele zwischen dem Rassismus auf Sylt und der Besetzung der Humboldt-Universität sah Jurist Kayman. In beide Fällen sei es möglich, "Abwertung ohne Widerspruch zu artikulieren". In der muslimischen Community gebe es ein Problem mit Antisemitismus, erklärte der Islam-Experte. Dieses Problem müsse gesellschaftlich angegangen werden.

Gegenrede kam von Publizistin Khola Hübsch. Sie halte es für eine "gewagte These" zu sagen, in Deutschland werde es akzeptiert, antisemitische Parolen zu rufen. Bei den Demonstranten an der Humboldt-Universität handele es sich außerdem nicht nur um Muslime, erklärte sie. "Wo Judenhass stattfindet, muss der Staat eingreifen", sagte Khola. Anstoß nahm sie daran, dass so getan werde, als ob diejenigen, die auf "das Leid in Gaza und Palästina" aufmerksam machen wollten, Antisemiten seien. "Das hat keiner gesagt", beschwichtigte Lanz.

Er wollte von der Angehörigen der Ahmadiyya-Gemeinschaft wissen: "Gibt es in ihrer Gemeinschaft Antisemitismus?" Ihr sei nicht ein Fall bekannt, in dem eine antisemitische Straftat begangen worden sei, antwortete Khola. Das Problem beginne bereits "vor dem Rechtsbruch", warf umgehend Kayman ein. Bei vielen Muslimen hätten sich antisemitische Vorurteile als "normales Wissen" über Juden verfestigt, legte er dar. Zu wenige Muslime redeten über dieses Problem. Es gebe Extremisten in der islamischen Community, bestätigte Khola. Auf israelischer Seite gebe es sie jedoch auch. "Wieder dieses Relativieren", mahnte Lanz.

Lanz offenbar Gäste-Problem

Angesichts der besonderen Diskussionsrunde gab Lanz am Donnerstag auch einen Einblick hinter die Kulissen. Es sei gar nicht so einfach gewesen, vier muslimische Gesprächspartner zu finden, die zu ihm ins Studio kommen wollten, so der Moderator. Vor allem von Verbandsvertretern habe es Absagen gehagelt, erklärte er und bat seine Gäste um einen Erklärungsversuch.

Eine Diskussion bei Lanz wirke auf Verbandsvertreter "abschreckend", weil sie nicht bereit seien, zu diskutieren, was man besser machen könnte, erklärte Kayman, der früher selbst dem DITIB-Bundesverband angehörte. Es herrsche das Verständnis, dass das Muslimisch-Sein in Deutschland nur funktioniere, wenn man sich gegen die Gesellschaft positioniere. Das funktioniere jedoch nur, wenn nicht mit anderen kritischen Muslimen diskutiert werden müsse, so der Jurist.

Lanz ließ sich von vergangenen Absagen nicht abschrecken. Er wünschte sich zum Abschied der Sendung eine Wiederholung einer solchen Gesprächsrunde.

Verwendete Quellen
  • zdf.de: Sendung "Markus Lanz" vom 30. Mai 2024
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