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Maischberger: Sicherheitskonferenz-Leiter Heusgen warnt vor Russland


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Krisentalk bei "Maischberger"
Merkel-Berater warnt vor russischem Angriff


Aktualisiert am 01.02.2024Lesedauer: 5 Min.
Christoph Heusgen arbeitete als außenpolitischer Berater der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (Archivbild).Vergrößern des Bildes
Christoph Heusgen arbeitete als außenpolitischer Berater der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (Archivbild). (Quelle: imago stock&people)

Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, sprach bei "Maischberger" über einen möglichen Krieg mit Russland. Außerdem Thema: das Bürgergeld.

Deutschland steht vor großen Herausforderungen – innenpolitisch wie weltpolitisch. Wie schwierig beide Situationen tatsächlich sind, diskutierte am Mittwochabend eine Expertenrunde bei "Maischberger".

Die Gäste

  • Christian Dürr: FDP-Fraktionsvorsitzender
  • Gregor Gysi: Langjähriger Fraktionsvorsitzender der Linkspartei
  • Christoph Heusgen: Ehemaliger Diplomat und Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz
  • Theo Koll: Langjähriger Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios
  • Susanne Gaschke: Autorin der Neuen Zürcher Zeitung
  • Luisa Thomé: Stellvertretende Leiterin im Ressort X bei Zeit Online

Zunächst stand eine Bestandsaufnahme der Ampelkoalition auf dem Programm. Überschwänglich positiv wollte keiner der Gesprächsteilnehmer deren Arbeit kommentieren. "Ist die Ampel besser als ihr Ruf?", fragte Moderatorin Sandra Maischberger im Laufe der Diskussion. Der langjährige Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios Theo Koll beantwortete dies wenig schmeichelnd: "Die Lage ist so schlecht, dass man vielleicht sagen kann, die Ampel ist ein bisschen besser als die Lage".

Über den für Olaf Scholz’ Verhältnisse durchaus hitzigen Schlagabtausch mit CDU-Chef Friedrich Merz meinte Koll, dass man zwar einen emotionalen Kanzler erlebt habe, jedoch keinerlei Anzeichen von Konsens zwischen Koalition und Opposition habe erkennen können. Genau das sei aber das, was sich die Bürger und Bürgerinnen Deutschlands von der Politik erwarten.

Ähnlich sah das die Journalistin Luisa Thomé: Man habe zwar "immerhin einen emotionalen Kanzler" erlebt, jedoch sei dies nichts, was Bürger und Bürgerinnen beruhigen würde. Auch sie betonte, dass ein Konsens wichtig wäre. Susanne Gaschke kritisierte, Scholz würde viel von Respekt reden, dann aber keine einzige Journalistenfrage beantworten. "Jetzt nennt er Merz eine Mimose – und das liegt daran, dass er sich doch getroffen fühlt von der harten Kritik an seiner Regierungsführung". Die Ampel agiere gegenüber der Opposition mit Arroganz.

Gysi über Bürgergeld: "Du darfst nicht nach unten gucken"

Ein besonderer Streitpunkt ist derzeit die Erhöhung des Bürgergelds. Viele Bürger kritisieren, dass dadurch der Anreiz zu arbeiten für viele wegfalle. Im Zwiegespräch mit dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr meinte der langjährige Chef der Linken, Gregor Gysi, dass man diese Situation den Bürgern anders erklären müsse. "Du darfst nicht nach unten gucken, du musst nach oben gucken. Da oben wird viel mehr verdient. Und wenn die weniger Bürgergeld hätten, hättest du ja auch nicht mehr."

Dürr erklärte, man wolle nicht Arbeitende gegen Arbeitslose ausspielen, sondern Arbeitsanreize setzen. Während Koll meinte, Bürger würden sich bei all dem Fokus auf Sozialleistungen fragen, ob dies noch die Regierung der Arbeitnehmer sei, unterstrich Dürr die eigene Arbeit: "Wir senken für die Mitte die Einkommensteuer. Da geht es ganz konkret um mehr Netto in der Tasche, für die, die morgens aufstehen und ranklotzen."

171 Milliarden Euro gehen im nächsten Jahr an Soziales – das sind neun Milliarden mehr als im vergangenen Jahr. Allerdings fließe der Großteil davon nicht in das Bürgergeld, sondern in die Rentenversicherung, die "nicht enkelfit" sei, so Dürr. Gysi hatte hier wenig überraschend andere Vorstellungen als die FDP: "Ich würde die Rente nicht dem Aktienmarkt aussetzen. Die Lösung besteht in etwas anderem." Es sei etwa notwendig, dass alle mit Erwerbseinkommen in die Rentenversicherungen einzahlen müssen, so Gysi.

Auch auf seine ehemalige Parteikollegin und jetzige Konkurrentin Sahra Wagenknecht kam er zu sprechen – und rechnete ihrem Wahlprogramm keine langfristigen Chancen zu. "Sie will eine Mischung anbieten. Flüchtlingspolitik wie die AfD, Wirtschaftspolitik wie Ludwig Erhard schwebt ihr vor. Die Sozialpolitik ein bisschen wie die Linken. Sie glaubt, dass sie von allen Kreisen Wähler bekommt. Das kann am Anfang sogar funktionieren, aber langfristig nicht. Meine Erfahrung ist: Immer, wenn du eine Mischung anbietest, ist das schlussendlich eine Verlustrechnung."

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Dürr versteht indes nicht, wofür das Bündnis Sahra Wagenknecht steht. "Sie wollen aus der Nato raus, das ist AfD-Programmatik, das muss man ganz klar sagen." Er glaube, dass sich die Wähler irgendwann fragen, wofür Wagenknecht eigentlich stehe. Bislang sei sie mehr durch die Chaotisierung in der Linkspartei aufgefallen. "Deswegen bin ich mir unsicher, ob sie das als eigene Partei reißen kann".

Wagenknecht habe etwas erkannt, was andere Parteien bislang vernachlässigt haben, attestierte Thomé später: "Nämlich dass die Wählerschaft sehr heterogen ist. Es werden Wähler zu oft in Schubladen gesteckt." Über die umstrittene Bezahlkarte für Flüchtlinge meint sie, dass dies nur eine schnelle Lösung, aber kein besonders würdiges Instrument sei. Man betreibe damit Pauschalisierung. "Ich glaube, es ist erstmal ein gut funktionierendes Zeichen", meinte sie – Probleme löse dies jedoch nicht.

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Dass derzeit viele Menschen gegen die AfD protestieren, freut Gysi: "Es gibt eine dramatische Entwicklung ganz nach rechts. Ich freue mich, dass nach diesem Geheimtreffen die Menschen auf die Straßen gehen und sagen: Nein, dahin wollen wir Deutschland nicht entwickeln lassen". Auch Dürr nahm dazu Stellung. "Ich gebe mich mit den Umfrageergebnissen der AfD nicht zufrieden. Man muss der bürgerlichen Mitte wirklich danken. Die demokratische Mitte in Deutschland hat die Chance, wieder sehr stark zu werden und die AfD kleinzumachen. Das muss das gemeinsame Ziel sein."

Heusgen über Waffenstillstand in der Ukraine: "Wir sind noch nicht so weit"

Dann stand der Ukraine-Krieg auf dem Programm. Der Kalte Krieg sei im Gegensatz zu dem, was heute passiert, geradezu berechenbar gewesen, meinte Gaschke. Das Überleben in Freiheit sei einer der wichtigsten Zukunftsfragen überhaupt. Es müsse wieder vorstellbar sein, seine Freiheit auch kriegerisch zu verteidigen. Koll erklärte indes, man habe den Transfer vom "Auenland ins Grauenland" noch nicht vollzogen. "Wir waren seit 89 im Auenland, haben die Friedensdividende konsumiert. Wir haben kaum noch etwas in Verteidigung investiert und das wird uns auf die Füße fallen. Das ist so absehbar."

Der ehemalige Diplomat und Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz Christoph Heusgen teilt die Sorge der deutschen Bevölkerung vor einem russischen Angriff auf den Westen. "Wir haben von Putin gehört, dass er gesagt hat: 'Wenn die Ukraine erledigt ist, geht es weiter'". Putin habe offen geäußert, dass die größte Katastrophe des letzten Jahrhunderts der Zerfall der Sowjetunion gewesen sei. Es sei kein Geheimnis, dass er diese wiederherstellen möchte.

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Der Krieg in der Ukraine habe ein fundamentales Umdenken bewirkt, so der ehemalige Berater von Ex-Kanzlerin Angela Merkel. Man befinde sich wieder in der Logik des Kalten Krieges, schicke eine Brigade der Bundeswehr nach Litauen. Dies sei ein wichtiges Signal – Abschreckung, aber auch die Aufstellung von Truppen an den Grenzen. Damit verhindert man, dass das passieren könnte, was Putin angedeutet habe.

Ob er denn glaube, dass die Ukraine verlieren werde, fragte Maischberger. Heusgen antwortete, man habe es derzeit mit einem "stabilen Frontverlauf zu tun". Die Ukrainer haben nicht genügend Kraft und Munition, es falle schwer, die Bevölkerung zu motivieren. Aber auch Putin kommt nicht weiter. "Man hat eine ähnliche Situation 2014, 2015, wo es zum Minsker Abkommen kam und wo für einige Jahre Ruhe war", meinte er, merkte aber auch an: "Wir sind noch nicht so weit".

Heusgen: "Trump ist erratisch"

Ein wichtiger Faktor für die künftige Sicherheitspolitik Europas ist zweifellos der Ausgang der nächsten Präsidentschaftswahlen. Donald Trump treffe mit seiner Nato-Kritik durchaus einen wunden Punkt, erklärte Heusgen. Deutschland habe bereits vor etlichen Jahren versprochen, zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Rüstung auszugeben, dieses Versprechen aber bislang nicht gehalten. Dies soll künftig aber geschehen. Genau das könnte man Trump als seinen Erfolg verkaufen – und als Motivation, Europa weiterhin zu beschützen.

Ob er glaube, dass Trump in einer möglichen zweiten Präsidentschaft Europa allein lassen werde, wollte Maischberger wissen. Heusgen darauf: "Eines ist ganz klar: Er ist erratisch. Wir müssen uns auf einen erratischen Präsidenten einstellen. Es kann sein, dass das gut geht. Es kann auch sein, dass er sagt: 'So, das war’s, wir ziehen aus Europa ab, wir müssen ohnehin mehr nach Asien gehen.'" Dann betonte er aber: "Es ist aber noch gar nicht sicher, dass er gewinnt."

Verwendete Quellen
  • ard.de: "Maischberger" vom 31. Januar 2024
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