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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Da habt ihr nicht so laut geschrien" Aiwanger und Nouripour fetzen sich bei Maischberger
Freie-Wähler-Chef Aiwanger kann sich bei Maischberger nicht dazu durchringen, die Bauernproteste gegen Vizekanzler Habeck zu verurteilen. Eines aber verurteilt er dennoch.
Bei Sandra Maischberger haben am Dienstagabend Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und Grünen-Chef Omid Nouripour diskutiert. Dabei ging es stellenweise hitzig zu.
Ein Grund: Landwirt Aiwanger wollte sich partout nicht von den Bauern distanzieren, die vergangene Woche Robert Habeck und andere Urlauber am Verlassen einer Nordseefähre gehindert hatten.
Die Gäste:
- Omid Nouripour, Parteivorsitzender der Grünen
- Hubert Aiwanger, bayerischer Wirtschaftsminister der Freien Wähler
- Sigmar Gabriel, SPD-Bundesaußenminister a. D.
- Pinar Atalay, Moderatorin von RTL Aktuell und RTL Direkt
- Kerstin Palzer, ARD-Hauptstadtkorrespondentin
- Sergej Lochthofen, Journalist und Publizist
"Ich war persönlich nicht dabei", antwortete Aiwanger auf Maischbergers Frage, ob er diese Aktion gegen Habeck legitim finde. Er könne deswegen nicht beurteilen, wie genau die Stimmung vor Ort gewesen sei. Aus seiner Sicht sei es auch denkbar, dass die Landwirte lediglich friedlich gesagt hätten: "Robert, wir wollen mit dir reden!", wäre der Bundeswirtschaftsminister von der Fähre an Land gekommen.
Aufgrund von Sicherheitsbedenken hatte das Schiff am Donnerstag jedoch wieder abgelegt, ohne dass Passagiere an Land gehen konnten.
Sowohl Maischberger als auch Nouripour ließen Aiwangers Aussage so nicht stehen. Beide verwiesen auf Polizeiberichte, aus denen eine deutlich aggressive Stimmung hervorgehe. "Ich enthalte mich einer Bewertung", beharrte der Freie-Wähler-Chef dennoch. Bei Nouripour brachte dies das Fass zum Überlaufen.
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Nouripour: "So schwer wird es doch nicht sein"
Es gebe tonnenweise Berichte, aus denen unter anderem hervorgehe, dass Kinder, die an Bord der Fähre waren, verängstigt gewesen seien. "Was ist denn eigentlich los? Warum kann man denn nicht einfach sagen, das ist indiskutabel?", wollte der Grünen-Chef wissen. "So schwer wird es doch nicht sein, das können Sie doch einfach sagen", legte er nach und erntete dafür Applaus. Aiwanger ließ sich davon jedoch nicht überzeugen. "Was soll ich hier jemanden verurteilen?", fragte er.
Aiwanger nennt Ampeln an Galgen "geschmacklos"
Auslöser für bundesweite Proteste der Landwirte sind die Pläne der Ampel-Regierung, die Steuervergünstigung für Agrardiesel auslaufen zu lassen. Die Subvention soll schrittweise wegfallen und ab 2026 gar nicht mehr gezahlt werden. Auf Landwirte angesprochen, die bei diesen Demonstrationen mit Wagen vorfahren, auf denen Ampeln von Galgen baumeln, bezog Aiwanger hingegen klar Stellung. "Das ist geschmacklos, Unsinn", so der Freie Wähler-Chef. "Ich würde Bauern dringend raten, das nicht zu machen", fügte er hinzu.
Nouripour bestärkte am Dienstagabend eine Warnung Habecks vor Extremisten, die versuchten, Bauernproteste zu kapern. "Wenn an Traktoren Galgen hängen, wenn Traktorkolonnen zu privaten Häusern fahren, dann ist eine Grenze überschritten", hatte Habeck am Montag in einem Video des Ministeriums gesagt und vor Umsturzphantasien gewarnt.
"Ich finde, er hat einfach recht", so der Grünen-Chef über die Analyse des Vizekanzlers. Er sei den Bauernverbänden dankbar, die gegen Extremisten bei ihren Demonstrationen klare Kante zeigten und ihnen keinen Raum geben, erklärte Nouripour.
Aiwanger sieht "nur ein paar Verückte"
Aiwanger teilte die Sorge vor Extremisten, die sich Bauerndemos zu eigen machen, derweil nicht. Schlimmstenfalls würden in der "Masse an braven Bauern" ein "paar Verrückte mitrennen". Vom Kapern könne aber nicht die Rede sein, erklärte er.
Überhaupt wundere es ihn, dass der Grünen-Chef so "mit der Lupe" hinschaue. Schließlich seien die Grünen in der Vergangenheit bei zahlreichen Demonstrationen mit "Extremisten" und "Verfassungsfeinden" aufmarschiert, so Aiwanger.
Als ein Beispiel nannte er die Anti-Atom-Proteste. Von Umsturzphantasien sei damals auch nicht die Rede gewesen, so der Bayer. "Da habt ihr nicht so laut geschrien", fügte er an Nouripour gewandt hinzu.
Maischberger hakt beim Grünen-Chef nach
Ob es denn nicht gut sei, gelassener zu bleiben, anstatt noch mehr Öl ins Feuer zu gießen, wollte sie von Aiwanger wissen. Der nutzte die Gelegenheit, um an Nouripour gewandt klarzustellen: "Hätten die Bauern sich nicht zu Wort gemeldet, wer weiß, was euch noch alles eingefallen wäre?"
Seit jeher fühlten sich Bauern von Rot-Grün unverstanden, so der Landwirt. Den Parteien fehle einfach das "Fingerspitzengefühl" für das bäuerliche Leben, so Aiwangers Kritik. Bei Entscheidungen schwinge außerdem immer "das Thema Neid" mit, weil Bauern mit großen Traktoren oder im Mercedes unterwegs seien.
"Haben Sie etwas gegen reiche Traktorfahrer?", hakte Maischberger bei Nouripour nach. "Das, was die Bauern leisten, ist großartig", stellte der klar und fügte hinzu, dass es sich aus seiner Sicht um einen der systemrelevantesten Berufe der Welt handele.
Aiwanger müsse sich schon entscheiden, ob er Maßnahmen kritisiere oder nach Parteifarbe entscheide, was er kritisiere, forderte Nouripour. "Ich kritisiere auch die Union", entgegnete Aiwanger.
Angesprochen darauf, ob er sich wie der bayerische Ministerpräsident, Markus Söder, auch Neuwahlen auf Bundesebene wünsche, antwortete der Freie-Wähler-Chef, dass er nicht an Neuwahlen glaube. "Ich habe keinen Hebel, um die Neuwahlen zu erreichen, also muss ich euch weiterwursteln lassen", so der Bayer.
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Die Bauernproteste dauern auch in dieser Woche an. Am Donnerstag sind unter anderem in Mecklenburg-Vorpommern und in Hessen größere Aktionen geplant. Eine geplante Streichung der Kfz-Steuer-Befreiung für Landwirte hatte die Bundesregierung bereits in der vergangenen Woche zurückgenommen.
Gabriel gegen AfD-Verbot
Eine Meinung über die aktuelle innenpolitische Lage erhielt Maischberger am Dienstag nicht nur von Nouripour und Aiwanger, sondern auch vom ehemaligen SPD-Bundesaußenminister Sigmar Gabriel.
Sollte die AfD verboten werden, wollte die Moderatorin von Gabriel wissen. "Nein", so seine klare Antwort. Er halte das für "das Dämlichste", was man vor den bevorstehenden Landtagswahlen 2024 tun könne, erklärte er. Für alle Verschwörungstheoretiker wäre das eine Bestätigung, so die Begründung des SPD-Manns. Die Regierung müsse sich nun stattdessen mit der Frage beschäftigen, was sie tun könne, um Menschen Vertrauen zurückzugeben.
- ard.de: "Maischberger" vom 9. Januar 2023