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Zum journalistischen Leitbild von t-online. Ausschreitungen in Deutschland Bosbach: "Lage ist in mehrfacher Hinsicht explosiv"
Bei "Maischberger" ging es in erster Linie um den Nahost-Konflikt. Zwei private Fragen konnte sich die Moderatorin aber nicht verkneifen.
Wie könnte eine Lösung des Nahostkonflikts aussehen? Die schwerwiegende Frage, um deren Antwort Politiker bereits seit Jahrzehnten ringen, diskutierte am Mittwochabend auch Sandra Maischberger mit ihren Gästen.
Die Gäste
- Gregor Gysi (Die Linke), ehemaliger Partei-Chef und Bundestagsabgeordneter
- Marieluise Beck (B‘90/Grüne), Politikerin und Gründerin des Zentrum Liberale Moderne
- Otto Schily (SPD), Bundesinnenminister außer Dienst
- Wolfgang Bosbach (CDU), Ex-Politiker und Autor
- Kristina Dunz, Vize-Leiterin des Hauptstadtbüros des Redaktionsnetzwerk Deutschland
- Khesrau Behroz, Journalist und Podcaster
Eines war dabei schnell klar: Seit den Terrorattacken der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel und Israels Gegenschlägen auf Gaza ist Frieden derzeit lediglich Wunschdenken.
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Beck sieht keine Hoffnung auf zeitnahe Lösung
Die Aussicht auf eine politische Lösung des Konflikts sei "weggebombt" und "wegmassakriert" worden, erklärte Grünen-Politikerin Marieluise Beck bei "Maischberger".
Im Augenblick sei überhaupt nicht vorstellbar, wer überhaupt mit wem sprechen solle. Das sei auch genau das Ziel der Angreifer gewesen, so die Israel-Kennerin.
Für Israel sei der Krieg besonders schlimm, erklärte sie. Für Juden gebe es schließlich keinen Schutzort auf der Welt. "Nicht einmal in Berlin" fühlten sie sich sicher, stellte Beck klar und spielte damit auf vermehrte Straftaten gegen Juden in Deutschland an.
Seit dem Überfall der Terrormiliz Hamas auf Israel haben antisemitische Vorfälle drastisch zugenommen. Allein die Berliner Polizei hat laut Deutscher Presse-Agentur mehr als 360 Straftaten im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg registriert.
Gysi nennt Schutz Israels als oberstes Gebot
Auch Ex-Linken-Chef Gregor Gysi konnte sich eine politische Lösung im Angesicht der aktuellen Lage "gar nicht vorstellen". Er habe Verständnis dafür, dass sich Palästinenser unterdrückt fühlten, stellte der Linke klar. "Aber, auch Hass muss man zügeln können!", so Gysi. "Unter keinen Umständen", sei man dazu berechtigt, Menschen zu ermorden.
"Wir alle müssen jetzt erstmal Israel schützen", bekannte der Ex-Linken-Chef. "Danach sind wir verpflichtet, ernsthaft über eine Konfliktlösung nachzudenken."
Einen Ansatzpunkt lieferte er auf Maischbergers Nachfrage dann aber doch. Seine Hoffnung ruhe auf den USA und China als Lösungsarchitekten, erklärte Gysi. "Dafür hat man ja Supermächte", sagte der Linken-Politiker. "Beide könnten in der Lage sein, eine Lösung zu finden", so seine Einschätzung.
Maischberger stand diesem Ansatz mit Blick auf China kritisch gegenüber. Sie wies darauf hin, dass Staatschef Xi Jinping gerade erst Russlands Präsidenten Wladimir Putin freundschaftlich in Peking empfangen habe.
China als Vermittler?
China habe mehrere Seiten, erklärte Gysi daraufhin und erinnerte daran, dass die Volksrepublik in der Vergangenheit bereits erfolgreich zwischen "den Großfeinden Iran und Saudi-Arabien" vermittelt habe. Er sage nicht, dass China zwingend an einer Lösung des Konflikts beteiligt sein werde, so Gysi. Es sei lediglich eine Hoffnung, die er geäußert habe.
Einen anderen Aspekt des jüngst eskalierten Nahost-Konflikts brachte Ex-Politiker Wolfgang Bosbach in die Debatte ein. Mit Blick auf jüngste Ausschreitungen bei pro-palästinensischen Kundgebungen in Berlin wollte Maischberger von ihm wissen, wie explosiv die Lage in Deutschland sei.
"Die Lage ist in mehrfacher Hinsicht explosiv", erklärte Bosbach. Wenn Israel eine Bodentruppen-Offensive starte, drohten "weitere Eskalationen", prognostizierte der CDU-Mann. Auch dass der Gaza-Krieg neue Flüchtlingsströme bringe, wollte er nicht ausschließen. "Möglicherweise auch mit Gefährdern", die so nach Europa und Deutschland kämen, erklärte Bosbach.
Außer Frage stand auch für Bosbach die Solidarisierung mit den Juden in Deutschland. Dass sie in der Bundesrepublik auch "Jahrzehnte nach der Nazi-Barbarei" nicht angstfrei leben könnten, nannte der CDU-Mann ein "Alarmsignal für die Gesellschaft".
Schily mit dunkler Prognose
Über die Migrationsdebatte im Allgemeinen sprach Maischberger am Mittwochabend mit dem ehemaligen Bundesinnenminister Otto Schily. "Dass Zuwanderung in der Form, wie sie jetzt stattfindet, ein Riesen-Problem wird, kann man, wenn man nicht blind ist, erkennen", erklärte der 91-Jährige mit Blick auf Deutschland.
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Seine Idee: Bund und Länder sollten darüber nachdenken, Vertretungen der EU in den Ländern einzureichen, aus denen besonders viele Flüchtlinge nach Europa kämen.
Schilys Beispiel: Die EU sollen in Afrika Anlaufstellen schaffen, in denen über Asylanträge von Menschen entschieden wird, bevor diese sich auf die gefährliche Reise nach Europa begeben.
Schily bekennt sich zu Freundschaft mit Schröder
Trotz dunkler Prognose mit Blick auf die aktuelle Zuwanderung: Bundeskanzler Olaf Scholz stellte Schily dennoch ein gutes Zeugnis aus. Er habe großen Respekt vor ihm, erklärte der SPD-Mann. Er schätze sehr, dass Scholz lieber dreimal nachdenke, anstatt schnell zu entscheiden.
Sowohl für Schily als auch für Gysi hatte Maischberger noch jeweils eine private Frage parat, bevor sie sie aus dem Studio entließ. Wie er zu Alt-Kanzler Gerhard Schröder stehe, wollte Maischberger von SPD-Mann Schily wissen. "Gerhard Schröder ist mein Freund, das wird er auch bleiben!", stellte der klar.
Zwar diskutiere man in vielen Punkten kritisch, das werde er jedoch nicht in der Öffentlichkeit besprechen, so der Ex-Innenminister.
Von Gysi wollte Maischberger wissen, ob der denn gedenke, in die neue Partei seiner Noch-Genossin Sahra Wagenknecht einzutreten. Wie der "Spiegel" und das ZDF am Mittwoch berichtet hatten, hat Wagenknecht sich nach einigen Spekulationen nun endgültig zur Gründung einer eigenen Partei entschlossen.
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"In meinem hohen Alter wechsele ich doch nicht mehr die Partei!", tat Gysi die Frage ab. Gegner hätten bereits dreimal erfolglos versucht, seine Partei zu zerstören, so der Ex-Parteichef.
Nun hätten sich einige Linke gesagt: "Wenn es den Gegnern nicht gelingt, müssen wir es selber machen. Dagegen werde ich mich genauso stellen, wie bei den anderen!", erklärte Gysi. Darüber hinaus stellte er mit Blick auf Wagenknechts Pläne klar: Die Partei "kann es nicht gleich geben. Sie will erst bekanntgeben, dass sie sie gründet".
Laut "Spiegel" wird Wagenknecht am Montag die Gründung des Vereins "BSW - Für Vernunft und Gerechtigkeit" öffentlich vorstellen. Dieser Verein gilt als eine Art Vorstufe zur Parteigründung und ist bereits registriert. Das Kürzel soll dem Bericht zufolge für "Bündnis Sahra Wagenknecht" stehen.
- ARD: "Sendung 'Maischberger' vom 18. Oktober 2023"