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"Markus Lanz" | Scharfe Kritik an Olaf Scholz: "Sind richtig sauer auf ihn"


Scharfe Scholz-Kritik
"Die sind richtig sauer auf ihn"

Von t-online, cc

Aktualisiert am 08.09.2023Lesedauer: 3 Min.
Berlin: Scholz bei der Generaldebatte im Bundestag.Vergrößern des Bildes
Berlin: Scholz bei der Generaldebatte im Bundestag. (Quelle: Michael Kappeler)

Ist Olaf Scholz arrogant? Der Journalist Michael Bröcker attestierte dem Kanzler ein massives Stilproblem. Auch der Oppositionsführer bekam sein Fett weg.

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, reagierte in der Talkshow "Markus Lanz" verhalten auf das an die Union gerichtete Angebot von Bundeskanzler Olaf Scholz, gemeinsam an der Zukunftsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft zu arbeiten. "Kluge Gesetze in Deutschland sind noch nie an der Union gescheitert", sagte der CDU-Politiker am Donnerstagabend im ZDF und signalisierte Kompromissbereitschaft. Gleichzeitig seien zwei Drittel dessen, was Scholz im Rahmen seines Deutschlandpakts beabsichtige, nicht neu, während das letzte Drittel nicht von der Opposition, sondern durch mangelnde Verständigung innerhalb der Regierungskoalition verhindert werde.

Weniger zurückhaltend äußerte der Journalist Michael Bröcker seine Kritik am Kanzler, auch wenn er dessen Pläne inhaltlich richtig fand. "Das Fiese und Perfide an dem Vorschlag ist eigentlich, dass vor einem Jahr bereits die Länder dasselbe vorgeschlagen haben", bemängelte der "The Pioneer"-Chefredakteur.

Die Gäste:

  • Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion
  • Philippa Sigl-Glöckner, Ökonomin
  • Judith Kohlenberger, Migrationsexpertin
  • Michael Bröcker, Chefredakteur des Medienportals "The Pioneer"

Bei zentralen Themen wie der Digitalisierung komme man schlicht nicht voran, erklärte Bröcker weiter. "Das liegt daran, dass Olaf Scholz in seinem Laden keine Durchgriffsrechte hat, und es liegt daran, dass er die Länder über Monate behandelt hat, wie er sie behandelt hat", beklagte der Medienvertreter und ergänzte: "Die sind richtig sauer auf ihn." Selbst Ministerpräsidenten aus der Kanzlerpartei SPD, wie Stephan Weil aus Niedersachsen, seien genervt vom Stillstand und den Streitereien in der Ampelkoalition.

Journalist beklagt "eine Art von Regierungsarroganz"

"Olaf Scholz hat ein Problem, weil sein Stil kein einladender ist, er weiß ja ohnehin alles besser", so Bröcker. Dass Scholz seine Entscheidungen nicht erkläre und glaube, nur er habe verstanden, was das Land wirklich brauche, sei "eine Art von Regierungsarroganz".

Für diese Kanzlerschelte des Journalisten gab es in der Runde keinen Widerspruch. Allerdings war Scholz nicht der einzige ranghohe Politiker, mit dessen Stil und Agenda abgerechnet wurde. Ins Visier geriet auch der Oppositionsführer und CDU-Vorsitzende Friedrich Merz. Sein Parteifreund Frei hatte Mühe, Merz' Äußerungen der jüngeren Vergangenheit, darunter die Volksfest-Äußerung, nicht Berlin, nicht Kreuzberg, sondern Gillamoos sei Deutschland, in ein unproblematisches Licht zu rücken.

"Das ist doch gar kein Angriff auf Kreuzberg, das ist doch eine aus dem Zusammenhang gerissene Interpretation", verteidigte der Christdemokrat seinen Vorsitzenden. Diesem sei es darum gegangen, eine häufig übersehene Menge von Menschen, die im ländlichen Raum lebten und oft von Politik und Medien übersehen würden, in den Mittelpunkt zu rücken. "Ich finde das eine völlig normale Aussage", resümierte Frei.

Kritik an CDU-Chef Friedrich Merz

Eine Interpretation, der sich die anderen Talkteilnehmer nicht anschließen wollten. Merz spiele das klassische alte Spiel des "Wir und die anderen", befand beispielsweise die Wiener Wissenschaftlerin Judith Kohlenberg. Auf diese Weise würden in einer gesellschaftlich fragilen Zeit ohne Not Spaltlinien und Konfliktlinien erzeugt. Zwar ließen sich dadurch billig Wählerstimmen generieren, auf Dauer riskiere man aber den Zusammenhalt und den Wohlstand des Landes, warnte die Migrationsforscherin.

Merz tue das, weil er auf Themensuche sei, vermutete Philippa Sigl-Glöckner. "Er versucht, sich irgendwo ein klares Profil zu schaffen", sagte die in der SPD engagierte Ökonomin.

"Friedrich Merz hat ein echtes Politikdefizit", urteilte auch Bröcker und fragte in die Runde: "Warum muss dieser Mann bei jedem Auftritt irgendwelche Gruppen oder Städte oder gesellschaftliche Bewegungen ausgrenzen?" Die Antwort versuchte der Journalist selbst zu geben. Merz versuche, besonders kernig zu wirken, indem er gegen andere austeile. "Meine These ist: Der ist viel zu lange weg gewesen aus der Politik. Der weiß gar nicht, wie man kommuniziert", vermutete Bröcker.

Der Versuch, der AfD das Wasser abzugraben

Der zweite Teil der Sendung widmete sich der Migration und damit jenem Thema, das Merz kürzlich gegenüber "RTL Direkt" als „das größte Problem, das wir im Land zurzeit haben und das diese Gesellschaft nun wirklich herausfordert und auch mittlerweile beschwert“, bezeichnet hatte.

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CDU-Politiker Frei rechnete bis Jahresende mit 350.000 Asylanträgen in Deutschland. "Und das ist natürlich eine gewaltige Zahl", urteilte der Christdemokrat, der im Juli mit seiner Forderung nach einer Abschaffung des individuellen Asylrechts für eine lebhafte Debatte gesorgt hatte. Kritiker sahen in dem Vorstoß einen Versuch, der rechten AfD mit eigenen radikalen Positionen in der Asyldebatte das Wasser abzugraben.

Dass in der Frage aber keine einfachen und schnellen Lösungen zu erwarten sind, wurde im TV-Talk einmal mehr deutlich. Eine Begrenzung sei schwierig, gab die Migrationsexpertin Kohlenberger zu bedenken und appellierte an die Verantwortung Europas.

Verwendete Quellen
  • ZDF: "Sendung 'Markus Lanz' vom 7.09.2023"
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