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Katholische Kirche erlaubt Arbeitnehmern Homo-Ehe und Wiederheirat


Reform des Arbeitsrechts
Katholische Kirche erlaubt Arbeitnehmern Homo-Ehe und Wiederheirat

Von dpa
Aktualisiert am 23.11.2022Lesedauer: 3 Min.
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Teilnehmer der Initiative #OutInChurch: Queeren Menschen drohten in der katholischen Kirche lange arbeitsrechtliche Konsequenzen. (Quelle: EyeOpeningMedia/rbb/dpa/dpa-bilder)

Nach monatelangen Verhandlungen haben sich die katholischen Bischöfe auf ein neues Arbeitsrecht geeinigt. Die Auslöser der Reform hatten sich mehr erwartet.

Vor knapp einem Jahr outeten sich 125 Beschäftigte der katholischen Kirche in einer beispiellosen Aktion als queer und forderten ein Ende zumindest der arbeitsrechtlichen Diskriminierung. Jetzt haben sich die katholischen Bischöfe der 27 Diözesen in Deutschland nach monatelangen Diskussionen auf ein neues Arbeitsrecht geeinigt. Am Dienstag verabschiedeten sie in Würzburg eine entsprechende Änderung der sogenannten "Grundordnung des kirchlichen Dienstes". Diese ist arbeitsrechtliche Grundlage für etwa 800.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der katholischen Kirche und der Caritas.

Bislang konnte es diese Arbeitnehmer nämlich den Job kosten, wenn sie sich beispielsweise zu einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft bekannten – oder wenn sie nach einer Scheidung wieder heirateten. Damit soll nun Schluss sein. "Explizit wie nie zuvor wird Vielfalt in kirchlichen Einrichtungen als Bereicherung anerkannt", teilte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) mit.

Nur noch eine Bedingung

"Alle Mitarbeitenden können unabhängig von ihren konkreten Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrem Alter, ihrer Behinderung, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Identität und ihrer Lebensform Repräsentantinnen und Repräsentanten der unbedingten Liebe Gottes und damit einer den Menschen dienenden Kirche sein." Bedingung allerdings: "eine positive Grundhaltung und Offenheit gegenüber der Botschaft des Evangeliums".

Viel anderes blieb den katholischen Oberhirten aber wohl auch gar nicht mehr übrig. Der Kirchenrechtler Thomas Schüller nennt die Bischöfe "Getriebene der staatlichen Arbeitsgerichte, die ihnen die bisherigen Instrumente der arbeitsrechtlichen Sanktionierung, insbesondere mit Blick auf die persönliche Lebensführung längst aus der Hand geschlagen haben". Die "lange Zeit kirchenfreundliche Rechtsprechung" sei durch die europäischen Gerichte ausgebremst worden, sagt er der Deutschen Presse-Agentur.

"Wohl auch der Personalnot geschuldet"

Mechthild Heil, Bundesvorsitzende der Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), nennt den Schritt einen "Meilenstein für alle Angestellten in der Kirche". Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, spricht von einem "Paradigmenwechsel". Reformbewegungen äußern sich dagegen eher zurückhaltend.

"Die Neufassung, dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung jetzt keinen rechtlichen Bewertungen mehr unterliegt, war mehr als notwendig, ist aber wohl auch der Personalnot geschuldet", sagt "Wir sind Kirche"-Sprecher Christian Weisner. "Dies bedeutet hoffentlich ein Ende von Diskriminierungen und ein Ende der Heimlichtuerei aus Angst um den Verlust des Arbeitsplatzes zum Beispiel für geschiedene wiederverheiratete Paare oder homosexuell lebende Menschen."

"Bestenfalls Teilerfolg"

Die Reformbewegung "#OutInChurch", die sich wohl auf die Fahnen schreiben kann, die Entwicklungen mit ihrer Outing-Aktion im Januar dieses Jahres zumindest beschleunigt zu haben, will nur von einem "Teilerfolg" sprechen. "Es wäre deutlich mehr drin gewesen", sagt #OutInChurch-Sprecher Rainer Teuber der dpa. "Es ist erstmal mehr als nichts, aber es kann auch bestenfalls nur als Teilerfolg gewertet werden."

Teuber kritisiert vor allem, dass trans- oder non-binäre Menschen nicht konkret genannt werden. "Der Blick in die Schlafzimmer entfällt zwar", sagte Teuber. Unklar sei aber beispielsweise, was kirchenfeindliches Verhalten sein soll, das zu einer Kündigung führen könne. Vieles, sagt er, bleibe schwammig und Auslegungssache.

Die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) kritisiert die neue Grundlage für das Arbeitsrecht in der katholischen Kirche als unzureichend. "Es bleibt ein Rätsel, warum die Bischöfe Trans- und Inter-Personen explizit nicht den versprochenen Schutz zusagen", sagte HuK-Sprecher Thomas Pöschl der Deutschen Presse-Agentur. Er sprach von einem "gravierenden Defizit".

Die Artikel der Grundordnung bilden die Grundpfeiler der kirchlichen Arbeitsverfassung. Sie gelten für etwa 800.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der katholischen Kirche und der Caritas. Sie ist allerdings eigentlich nur eine Empfehlung und wird erst dann rechtlich bindend, wenn sie im Bistum verabschiedet wurde.

Im Rahmen des Reformprozesses Synodaler Weg hätten die Bischöfe noch mit 93 Prozent einen Passus beschlossen, der es ausdrücklich verbiete, Menschen "aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität" nicht einzustellen oder ihnen aus diesen Gründen zu kündigen. "Dieser Passus fehlt in der neuen Grundordnung", kritisiere Pöschl. Insgesamt nannte er es aber einen "Paradigmenwechsel", dass das Privatleben arbeitsrechtlich von der Kirche nicht mehr bewertet werden solle.

"Ich gehe nun davon aus, dass Kontrolle und Sanktionierung von Mitarbeitenden im kirchlichen Dienst an diesem Punkt Vergangenheit sind", sagt die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp. "Stattdessen übernimmt die Kirche selbst die Verantwortung dafür, dass die Institution als christlich wahrgenommen wird. Dieser Paradigmenwechsel ist wichtig." Ein Wermutstropfen sei es, dass der Austritt aus der Kirche weiterhin sanktioniert werden soll. Teuber von "#OutInChurch" sagt: "Der Teufel steckt im Detail."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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