Abstimmung des Parteitags CDU spricht sich für verpflichtendes Dienstjahr aus
Jahrelang hat die CDU debattiert, jetzt ist man sich einig: Junge Menschen sollen ein Gesellschaftsjahr absolvieren müssen. So lautet die Begründung.
Die CDU hat sich für die bundesweite Einführung eines verpflichtenden Gesellschaftsjahrs ausgesprochen und eine freiwillige Variante abgelehnt. Der Parteitag in Hannover stimmte am Samstag nach einer kontroversen Diskussion mehrheitlich für einen entsprechenden Antrag.
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Als Gesellschaftsjahr verstehe man einen Dienst, "der es allen jungen Menschen ermöglicht, sich zeitweilig und konkret für unser Land und für unsere Gesellschaft zu engagieren", heißt es in dem Antrag, den unter anderem die stellvertretenden Bundesvorsitzenden Carsten Linnemann und Silvia Breher sowie Junge-Union-Chef Tilman Kuban initiiert hatten. Dieser hatte aber zunächst offen gelassen, ob es sich um eine Pflicht oder einen Freiwilligendienst handeln solle.
"Attraktives Dienstgeld"
In der Begründung heißt es: "Viele Menschen bewegen sich nur noch in digitalen und sozialen Echokammern. Für unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaft ist eine solche Entwicklung Gift." Außerdem fördere ein Gesellschaftsjahr die Persönlichkeitsentwicklung und mache den Staat widerstandsfähiger.
Wo die jungen Menschen den Dienst absolvieren können, solle möglichst flexibel ausgelegt werden, "sei es bei sozialen Einrichtungen, in Krankenhäusern, bei der Bundeswehr, im Zivilschutz beim THW oder bei der Feuerwehr, über anerkannte Hilfsorganisationen im Ausland oder im Sport und in der Kultur oder bei Natur- und Umweltschutzverbänden". Entlohnt werden solle der Dienst durch ein "attraktives Dienstgeld".
Pflicht ab 18 Jahren
Der Antrag sieht vor, dass das Dienstjahr "in der Regel unmittelbar nach dem Schulabschluss" absolviert werden soll, eine entsprechende Rechtspflicht solle mit Vollendung des 18. Lebensjahrs eintreten, wobei auch ein früheres Absolvieren möglich sein solle.
Die Befürworter der freiwilligen Variante führten an, eine Dienstpflicht entspreche nicht dem liberalem Menschenbild der CDU und schade dem Arbeitsmarkt. Außerdem gebe es dafür nicht genügend Personal. Die Unterstützer einer Pflicht erklärten, diese stärke den sozialen Zusammenhalt und sei auch deshalb zumutbar, weil Frieden und Freiheit von innen und von außen zunehmend gefährdet seien.
CDU will Gehälter von ARD und ZDF anpassen
Auf dem Parteitag hat die CDU außerdem einen Antrag der Jungen Union (JU) zu Gehältern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks angenommen. Demnach hat sich die Partei für die Anpassung der Löhne bei den Sendern ARD, ZDF und Deutschlandradio an das Niveau im öffentlichen Dienst ausgesprochen.
Seit Jahren wird immer wieder über die Höhe vor allem der Intendantengehälter der öffentlich-rechtlichen Sender gestritten. Zuletzt wurde die Debatte inmitten der Krise beim ARD-Sender Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) rund um Vorwürfe der Vetternwirtschaft gegen die fristlos entlassene Intendantin Patricia Schlesinger wieder lauter. Die 61-Jährige wies die Vorwürfe zurück.
Umsetzung ist unklar
Ihre Gehälter legen die Intendanten nicht selbst fest, sondern die unabhängigen Verwaltungsräte in den Sendern als Kontrollgremien. Unklar ist, wie eine wie jetzt von der CDU angeregte Anpassung konkret umgesetzt werden könnte. In Staatsverträgen legen die Bundesländer den Auftrag und die Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fest. Medienpolitik ist in Deutschland also Ländersache.
Im Antrag wurde betont, dass die Sendermitarbeiter einen wichtigen Beitrag zum Gelingen des Gemeinwesens leisteten. "Diese Leistung muss auch finanziell honoriert werden. Insbesondere vor dem Hintergrund der Finanzierung durch die Rundfunkbeiträge der Allgemeinheit sollte das Vergütungsniveau bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten jedoch in einem angemessenen Verhältnis zum allgemeinen Einkommensgefüge in unserer Gesellschaft und gerade in anderen Teilen des öffentlichen Dienstes stehen." Man halte eine Anpassung des Gehaltsgefüges an das Niveau des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes für sinnvoll.
Spitzen demonstrieren Schulterschluss
Zudem haben CDU-Chef Friedrich Merz und der CSU-Vorsitzende Markus Söder nach dem historischen Desaster der Union bei der Bundestagswahl einen neuen Schulterschluss demonstriert. Söder räumte unter dem Applaus der Delegierten ein, es seien im vergangenen Jahr Fehler gemacht worden, "natürlich auch von mir". Merz sagte dem bayerischen Ministerpräsidenten nach dessen Rede, man arbeite und kämpfe gut, freundschaftlich und vertrauensvoll zusammen. "Wir sind dabei geschlossen wie selten zuvor", betonte Merz.
Nicht wenige in der CDU geben Söder wegen seiner anhaltenden Sticheleien gegen den damaligen CDU-Chef und Unionskanzlerkandidaten Armin Laschet im Wahlkampf 2021 eine Mitverantwortung am Scheitern bei der Bundestagswahl. Die Union war mit ihrem historisch schlechtesten Ergebnis von 24,1 Prozent nach 16 Jahren Regierungszeit von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in die Opposition gestürzt.
Söder: "Wir haben daraus gelernt"
Söder sagte vor den Delegierten: "Ich weiß, 2021 war nicht unser bestes Jahr." Zugleich versicherte er: "Wir haben daraus gelernt." Der Neustart 2022 sei "nicht nur besser gelaufen, als es die Linken erhofft haben". Die Zusammenarbeit in Fraktion und Partei "ganz besonders mit Eurem Vorsitzenden, lieber Friedrich, läuft exzellent, besser, als wir beide es wahrscheinlich erwartet hätten". In der Union ist es ein offenes Geheimnis, dass das Verhältnis zwischen Merz und Söder nicht immer das beste war.
Der CSU-Chef hatte die CDU-Delegierten gleich zu Beginn seiner Rede umschmeichelt und gesagt, er dürfe die herzlichen Grüße "der kleinen Schwester CSU" überbringen. Mit Respekt habe er den Parteitag verfolgt. Das CDU-Treffen sei "ein tolles Signal gewesen von Entschlossenheit und Geschlossenheit". Es passe zur Union, "wenn wir uns unterhaken, wenn wir zusammenstehen".
Merz: Gemeinsamkeiten in Union ausbauen
Merz mahnte, er und Söder hätten "eine Verantwortung für die gesamte Union, die wir mit jeweils unterschiedlichen Funktionen ausfüllen und ausüben". Man werde sich weiter nach Kräften bemühen, "diese Gemeinsamkeiten aufrechtzuerhalten, auszubauen und zu zeigen, dass wir wirklich gemeinsam, CDU und CSU, die Nummer eins in Deutschland sind und bleiben über das Jahr 2022 hinaus", sagte Merz vor dem Hintergrund von Umfragen, die die Union vor SPD und Grünen sehen. Ein Jahr vor der bayerischen Landtagswahl ergänzte er, mit der Zusammenarbeit schöpfe man "ein Wählerpotenzial aus, dass man gegeneinander oder mit einer Partei allein nicht erreichen könne".
Einen Antrag des CDU-Nachwuchses von der Jungen Union, einen gemeinsamen Unionsrat von CDU und CSU zu schaffen, hatte der Parteitag zuvor gegen den Willen der JU an das Parteipräsidium überwiesen. Dieses soll das Thema nun mit der CSU erörtern. Die JU wollte unter anderem erreichen, dass in dem Gremium nach dem Machtkampf zwischen Söder und Laschet die Kür des nächsten Kanzlerkandidaten vorbereitet wird. JU-Chef Tilman Kuban hatte gewarnt, eine Überweisung komme einer Beerdigung des Antrages gleich.
Union bietet Scholz Zusammenarbeit an
Merz und Söder boten der Bundesregierung angesichts der Energiekrise erneut ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit an. Es gebe Streit um die Einzelheiten, "aber es ist in einer solchen schweren Zeit auch notwendig zusammenzuarbeiten", sagte Merz. Wenn die Bundesregierung dieses Angebot nicht annehme, "ist es allein ihre Verantwortung".
Merz hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) zuletzt mangelnde Kommunikation und Zusammenarbeit mit der Union vorgeworfen. Söder sagte: "Liebe Ampel, lasst euch helfen von Leuten, die von Krisen etwas verstehen." Zuvor hatte er der Regierung Planlosigkeit in der Energiekrise vorgeworfen.
- Nachrichtenagentur dpa