Razzia im Ministerium Kritik am Verhalten von Olaf Scholz wird größer
Für Olaf Scholz bahnt sich ein neuer Skandal an: Das von ihm geführte Finanzministerium soll Warnungen der Spezialeinheit gegen Geldwäsche ignoriert haben. Seine Reaktion empört CDU, Grüne und FDP.
Unions-Kanzlerkandidat, Armin Laschet, und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sowie FDP-Chef Christian Lindner haben dem SPD-Kanzlerkandidaten, Bundesfinanzminister Olaf Scholz, vor, er habe unangemessen auf die jüngste Durchsuchung in seinem Ministerium reagiert.
Grund für die Razzia: Das Bundesfinanzministerium soll über Jahre hinweg erhebliche Defizite in der Zoll-Spezialeinheit Financial Intelligence (FIU) für Geldwäschebekämpfung nicht behoben haben. Wie der "Spiegel" berichtet, habe das Ministerium, das Scholz untersteht, sogar deutliche Warnungen des Bundesrechnungshofes zurückgewiesen.
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So heißt es in einer Antwort des Finanzministeriums vom November 2020, dass das Ministerium die Bedenken des Bundesrechnungshofes nicht teile. Die FIU soll Verdachtsmeldungen von Banken über mutmaßliche Geldwäsche "in Millionenhöhe" nicht ordnungsgemäß an die Strafverfolgungsbehörden gemeldet haben, berichtet das Magazin. Die Staatsanwaltschaft ermittle daher nun im Verdacht der Strafvereitelung im Amt.
Kenne "Verhaltensweise sonst nur von populistischen Staaten"
Armin Laschet kritisierte am Freitag, bei der Vorstellung einer "Agenda für ein sicheres Deutschland in Berlin, dass man die Verhaltensweise "der Staatsanwaltschaft zu sagen, was sie besser getan hätte" sonst nur "von populistischen Staaten" kenne. "Man sollte alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, als hätten wir keine unabhängige Justiz", so Laschet weiter.
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) sagte der Rheinischen Post (Samstag): "Olaf Scholz ist Mitglied der Bundesregierung - als solches tut man gut daran, die Arbeit der Staatsanwaltschaft zu unterstützen, anstatt sie zu kritisieren."
FDP-Chef Christian Lindner kritisierte zudem, die Durchsuchung lasse Zweifel entstehen, "ob Herr Scholz seinen Geschäftsbereich im Griff hat" - das sagte er den "Westfälischen Nachrichten" (Samstag). "Dass die Staatsanwaltschaft Osnabrück sein Bundesministerium durchsucht, ist ein einmaliger Vorgang."
Grüne, FDP und Linke beantragen Sondersitzung
Grüne, FDP und Linke beantragten eine Sondersitzung des Finanzausschusses. Das erklärten die Obleute Lisa Paus (Grüne), Stefan Liebich (Linke) und Markus Herbrand (FDP) am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. "Wir möchten Finanzminister Olaf Scholz, der die politische Gesamtverantwortung für die fortwährenden Missstände bei der FIU trägt, einladen, hier Stellung zu beziehen und zur umfassenden Aufklärung der Vorgänge beizutragen", hieß es. Ein entsprechendes Schreiben der zuständigen Parlamentarischen Geschäftsführungen werde zeitnah dem Bundestagspräsidenten zugeleitet werden.
Scholz stichelt gegen Staatsanwaltschaft
Ermittler hatten am Donnerstag in Berlin das Finanzministerium und das ebenfalls von der SPD geführte Justizministerium durchsucht. Hintergrund waren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Osnabrück gegen die FIU. Laut Staatsanwaltschaft wurden bei den Durchsuchungen in Berlin Unterlagen beschlagnahmt.
Scholz sagte dazu später dem Sender "Welt", die Ermittlungen richteten sich gegen unbekannte Mitarbeiter in Köln. In diesem Zusammenhang seien Fragen an die zwei Ministerien aufgetaucht. Diese "hätte man schriftlich stellen können", sagte Scholz. Er führte weiter aus: "Nun sind sie auf andere Weise gestellt worden. Das mag jeder für sich selbst bewerten."
Am Freitag sagte Scholz am Rande eines Treffens der Finanz- und Wirtschaftsminister der Euro-Länder in Slowenien mit Blick auf die Staatsanwaltschaft, es werde gut zusammengearbeitet, wie sich das gehöre: "Sogar wenn man sich einfach nur meldet, dann würde das auch gelingen. Nun gibt es die Zusammenarbeit auf diese Weise." Zugleich wies Scholz darauf hin, er habe die Anti-Geldwäsche-Einheit des Bundes (FIU) personell aufgestockt, außerdem sei die digitale Infrastruktur verbessert worden.
Michelbach: Scholz' "erbärmlicher Weißwasch-Versuch"
Aus Reihen der Unions-Bundestagsfraktion kamen ebenfalls Angriffe auf Scholz. Der CDU-Haushälter Eckhardt Rehberg sagte, Scholz versuche die Razzia kleinzureden, als ob es mit einem Schreiben aus der Welt geschafft werden könnte. Dies zeuge von einem "merkwürdigen Rechtsstaatsverständnis". Der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach sprach von "erbärmlichen Weißwasch-Versuchen" des Finanzministers.
CDU-Chef Laschet warnte erneut vor einem möglichen Regierungsbündnis von SPD, Grünen und Linkspartei. Diese drei Parteien lägen in der Finanz-, Sozial- und Wirtschaftspolitik nahe beieinander. Bei der Bundestagswahl am 26. September stehe mehr auf dem Spiel als "Wer ist der Nettere im Land?", fügte er hinzu. In Wählerumfragen war Scholz zuletzt als sympathischer eingestuft worden als Laschet und die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock.
- Nachrichtenagentur dpa
- Spiegel: Scholz überging Warnungen zu Geldwäsche-Fahndern