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Merz als "Getriebener"? Schwere Kritik nach Abstimmung mit AfD im Bundestag


Reaktionen auf Abstimmung mit AfD
"Merz wird ein Getriebener sein"

Von t-online, mak

Aktualisiert am 29.01.2025 - 20:02 UhrLesedauer: 4 Min.
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Friedrich Merz: An dem Unions-Kanzlerkandidaten gibt es harsche Kritik. (Quelle: IMAGO/Eibner-Pressefoto/Florian Wiegand/imago)
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"Zäsur", "Tabubruch" oder "schwarzer Tag": Nach dem gemeinsamen Bundestagsvotum von Union, FDP und AfD zeigen sich mehrere Fraktionen erschüttert.

Dieser Vorgang im Bundestag ist beispiellos: Erstmals hat ein Antrag im Parlament mithilfe der AfD eine Mehrheit bekommen. Die in Teilen als rechtsextremistisch eingestufte Partei stimmte am Mittwoch für einen Fünf-Punkte-Plan von CDU/CSU zur Verschärfung der Migrationspolitik.

Video | Bundestag billigt mit AfD-Stimmen Unions-Antrag zu Asylpolitik
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Quelle: reuters

Dies führte zu heftiger Kritik an Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU), der Stimmen der AfD im Vorfeld ausdrücklich in Kauf genommen hatte. Vor der CDU-Zentrale in Berlin demonstrierten am Abend Hunderte Menschen.

Die jetzige Abstimmung dürfte auch den weiteren Wahlkampf bis zum 23. Februar maßgeblich bestimmen. Was dieser Tag für die Regierungsbildung nach der Wahl bedeuten wird, ist noch offen. SPD und Grüne warfen der Union vor, die politische Mitte verlassen zu haben und machten Merz persönlich dafür verantwortlich.

Mützenich: "Unsere Fraktion ist empört"

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Merz in einer Regierungserklärung schon vor der Abstimmung vorgeworfen, einen "schweren Fehler" zu begehen. Merz habe mit seinem Vorgehen den "Grundkonsens unserer Republik im Affekt aufgekündigt", dass niemals mit extrem Rechten gemeinsame Sache gemacht werden dürfe, sagte Scholz.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat den Antrag der Union "leichtfertig und wahrheitswidrig" genannt. Er warf der Union vor, aus der "politischen Mitte" ausgebrochen zu sein. Er sieht den Tag als historischen Moment: "Dieser Tag wird sich ins Gedächtnis der Demokratie eingraben." Mützenich warnte, dass die Bundestagswahl am 23. Februar darüber entscheide, ob dieser Vorgang nur ein "Fehler" oder der Beginn einer "Rutschbahn" sei. "Unsere Fraktion, die SPD-Bundestagsfraktion, ist empört."


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Dieser Tag wird sich ins Gedächtnis der Demokratie eingraben.


Rolf Mützenich (SPD)


Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann sprach nach der Abstimmung von einem "historischen Tag – und zwar im negativen Sinne". "Das haben Sie zu verantworten", sagte Haßelmann in Richtung von Merz. Der CDU-Chef werde "einen hohen Preis" zahlen und fortan "ein Getriebener" sein.

Ihre Kollegin in der Fraktionsspitze, Katharina Dröge, sagte: "Aus unserer Sicht ist dieser Tag ein Einschnitt, eine Zäsur für den Deutschen Bundestag, für unser Parlament, aber auch wirklich ein schwarzer Tag für unsere Demokratie". Friedrich Merz wolle sie gern wieder glauben. Dafür müsse er etwas tun. "Und dafür muss die Brandmauer wieder aufgerichtet werden. Das ist die Glaubwürdigkeit, die Friedrich Merz wiederherstellen muss." Es brauche eine Zusage von ihm, dass er so etwas künftig nicht wiederhole.

Dröge und Haßelmann machten jedoch keine Absagen zu möglichen schwarz-grünen Koalitionen.

Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hat der Union und der FDP im Bundestag einen "nicht zu rechtfertigenden Tabubruch" vorgeworfen. Er hoffe, dass die Union und die FDP ihre Haltung bis Freitag überdenken, sagte Bovenschulte. Sollten die beiden Parteien erneut mit der AfD stimmen, "wäre die Brandmauer offensichtlich endgültig Geschichte".

Die Linken-Gruppenchefin Heidi Reichinnek sprach von einem "Dammbruch". Sie rief SPD und Grüne auf, eine Koalition mit der Union nach der Bundestagswahl auszuschließen.

Die AfD-Fraktion indes feierte das Abstimmungsergebnis und sprach von einem historischen Moment. "Herr Merz, Sie haben geholfen, den hervorzubringen", rief Fraktionsgeschäftsführer Bernd Baumann dem CDU-Chef zu. "Jetzt und hier beginnt eine neue Epoche. Jetzt beginnt etwas Neues. Und das führen wir an, das führen die neuen Kräfte an, das sind die Kräfte von der AfD."

Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz äußerte derweil Bedauern, dass es eine Mehrheit für den Antrag der Union mithilfe der AfD gegeben hat. "Ich suche in diesem Deutschen Bundestag keine anderen Mehrheiten als die in der demokratischen Mitte des Parlaments. Wenn es hier heute eine solche Mehrheit gegeben hat, dann bedauere ich das", sagte er nach Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses mit Blick auf die Mehrheit für den Unions-Asylantrag, die nur mithilfe von Stimmen der AfD zustandegekommen ist.


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Wenn es hier heute eine solche Mehrheit gegeben hat, dann bedauere ich das.


Friedrich Merz (CDU)


Zugleich verteidigte Merz das Vorgehen der Unionsfraktion. Frei gewählten Abgeordneten und auch der Unionsfraktion könne das Recht nicht abgesprochen werden, "dass wir hier Anträge zur Abstimmung stellen, die wir in der Sache für richtig halten. Auch wenn es Ihnen mit Ihrer Minderheit von SPD und Grünen im Deutschen Bundestag nicht gefällt." Dabei werde es auch bis Freitag bleiben, "es sei denn, Sie kommen zur Vernunft".

Am Freitag wird über Gesetz abgestimmt

Merz hatte die Initiative nach dem Messerangriff von Aschaffenburg auf eine Kindergartengruppe mit zwei Toten angekündigt. SPD, Grüne und Linke warfen dem CDU-Chef deshalb vor, die "Brandmauer" der Partei gegen die AfD zu beschädigen oder aufzugeben.

Ein zweiter Antrag der Union scheiterte hingegen. Er forderte insbesondere eine Ausweitung der Befugnisse der Sicherheitsbehörden. Er hatte im Vorfeld aber keine Unterstützung von der AfD erhalten.

An diesem Freitag wird erneut abgestimmt. Dann stehen im Plenum des Bundestages nicht nur Anträge mit appellativem Charakter zur Abstimmung an, sondern ein Gesetzentwurf, der – wenn er auch den Bundesrat passieren sollte – von der Bundesregierung umgesetzt werden müsste.

Ob sich dafür eine Mehrheit im Bundesrat findet, ist allerdings fraglich. Eine Mehrheit im Bundestag ist dagegen wahrscheinlich, weil neben der Union auch FDP, AfD und BSW Zustimmung signalisiert haben.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
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