Westfälischer Friedenspreis in Münster Macron erhält Preis – Proteste und Pfiffe im Publikum
Der französische Präsident Emmanuel Macron ist für sein europäisches Engagement ausgezeichnet worden. In seiner Dankesrede warb Macron für eine gemeinsame europäische Verteidigungspolitik.
Am letzten Tag seines Deutschlands-Besuchs ist der französische Präsident Emmanuel Macron für sein europäisches Engagement mit dem Westfälischen Friedenspreis ausgezeichnet worden. "Du warst es, der die Idee von strategischer Autonomie konsequent und mit großer Weitsicht und Verve vorangetrieben hat", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Laudatio am Dienstag in Münster. Macron habe "lange vor dem russischen Angriff die europäische Souveränität beschworen". In seiner Dankesrede warb Macron für eine gemeinsame europäische Verteidigungspolitik.
Der mit 100.000 Euro dotierte Preis wurde zu gleichen Teilen an Macron und das Deutsch-Polnische Jugendwerk übergeben. Macron kündigte an, sein Preisgeld dem Deutsch-Französischen Jugendwerk zur Verfügung zu stellen.
Bemühen um Frieden "an Moskau gescheitert"
Steinmeier würdigte in seiner Laudatio Macrons Engagement für die deutsch-französischen Beziehungen. "Du bist immer bereit, auf Deutschland zuzugehen, eröffnest die Diskussion, versuchst uns auch hier und da aus der Reserve zu locken", sagte Steinmeier. Macron sei überzeugt von der deutsch-französischen Balance, die es immer wieder herzustellen gelte, wenn Europa vorankommen wolle.
Mit Blick auf die Ukraine sagte Steinmeier, Frankreich und Deutschland hätten alles versucht, um den Krieg auf politischem Weg zu verhindern. "Aber unser gemeinsames Bemühen um den Frieden in Europa ist an Moskau gescheitert", sagte der Bundespräsident auch mit Blick auf Macrons Versuche, zu Beginn des Krieges den Dialog mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin aufrechtzuerhalten.
"Einen Friedenspreis in einer Zeit des Krieges verliehen zu kommen, erschien mir wie ein Paradox", sagte Macron in seiner Dankesrede. "Frieden bedeutet auch, Risiko einzugehen", fügte er hinzu und bekräftigte seinen Aufruf für eine gemeinsame europäische Verteidigungspolitik. "Wenn wir jetzt nationalistisch vorgehen, wird die Ukraine verlieren und wir werden über viele Jahre keinen Frieden in Europa haben", sagte Macron.
Von der Leyen will "eigene europäische Stärke"
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die ebenfalls an der Preisverleihung teilnahm, hob in ihrer Rede die Notwendigkeit eines eigenen Luftabwehrschirms für Europa hervor. "Die vergangenen Jahre haben uns in aller Klarheit vor Augen geführt, dass wir eine eigene europäische Stärke entwickeln müssen, wenn wir den Frieden auf unserem Kontinent verteidigen wollen", sagte sie in Münster. "Sinnbildlich für diesen neuen europäischen Auftrag ist die Initiative eines Luftabwehrschirms."
Sie verwies auf eine Initiative von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die dieser im Sommer 2022 in einer Europarede in Prag angestoßen hatte. Macron habe seinerseits "die Tür für eine europäische Diskussion geöffnet", sagte von der Leyen.
Pfiffe von propalästinensischen Demonstranten
Der Preis erinnert an den Westfälischen Frieden von 1648, der den Dreißigjährigen Krieg beendete, und war Macron schon vor gut einem Jahr zugesprochen worden. Die Verleihung hatte sich aber verzögert, weil sein ursprünglich für 2023 geplanter Staatsbesuch in Deutschland wegen Unruhen in Frankreich verschoben worden war.
Nach der Preisverleihung signierten Macron und Steinmeier im Saal des Westfälischen Friedens das Goldene Buch der Stadt. Anschließend traten sie auf den Balkon des Rathauses und wurden von zahlreichen Zuschauern mit Applaus empfangen. In den Beifall mischten sich Protestrufe und Pfiffe von propalästinensischen Demonstranten und Atomkraftgegnern.
Nach der Preisverleihung lud Steinmeier seinen Gast zum Abschluss des dreitägigen Staatsbesuchs zu einem Mittagessen ein. Anschließend wollte Macron weiter nach Meseberg bei Berlin reisen, wo er mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum deutsch-französischen Ministerrat zusammenkommen wollte. Inhaltlich sollte es in Meseberg in erster Linie um die europäische Verteidigung und Wettbewerbsfähigkeit gehen. Bei beiden Themen gibt es Differenzen zwischen Deutschland und Frankreich.
- Nachrichtenagentur AFP