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Reaktionen zu Bergkarabach: Trittin und Baerbock verurteilen Verhalten von Aserbaidschan


Reaktionen zu Bergkarabach
"Es darf keine ethnische Säuberung durch die Hintertür geben"

Von t-online, job, fho

Aktualisiert am 19.09.2023Lesedauer: 3 Min.
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Außenministerin Annalena Baerbock und Bundeskanzler Olaf Scholz am Rande der UN-Vollversammlung: Mehrere deutsche Politiker verurteilen das Verhalten Aserbaidschans scharf. (Quelle: IMAGO/Thomas Trutschel)
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Die Lage in Bergkarabach eskaliert. Deutsche Politiker fordern Aserbaidschan auf, die Gewalt einzustellen – und warnen davor, Fehler zu wiederholen.

Der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin hat Aserbaidschan wegen der Eskalation in Bergkarabach scharf kritisiert und fordert die EU zum Handeln auf. "Die militärische Eskalation Aserbaidschans gegen die Menschen in Bergkarabach ist ein Verstoß gegen internationales Recht", sagte Trittin t-online. Aserbaidschans Regierung ziele offenkundig darauf, eine diplomatische Lösung im Voraus zu zerschießen. Jegliche Gewalt in Bergkarabach müsse "sofort gestoppt werden".

Trittin betonte, die Notlage der Menschen in Bergkarabach sei "wegen der aserbaidschanischen Blockade des Latschin-Korridors schon vor Beginn des Angriffs verheerend" gewesen. Die aserbaidschanische Rechtfertigung für Gewalt folge einem Muster, das aus aktuellen Eskalationen erschreckend bekannt sei.

"Alijew darf nicht mit diesem Verhalten durchkommen", sagte Trittin mit Blick auf den aserbaidschanischen Präsidenten. Die Europäische Union müsse jetzt aktiv werden. "Sie darf sich nicht von fossilen Abhängigkeiten von Aserbaidschan zur Leisetreterei verleiten lassen. Der Fehler im Umgang mit russischem Gas darf sich nicht wiederholen."

Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid forderte Aserbaidschan auf, die Gewalt zu beenden. "Offensichtlich nutzt Aserbaidschan ganz gezielt seine eigene militärische Überlegenheit in Verbindung mit dem schwindenden Einfluss Russlands in der Region dazu, gewaltsam Fakten zu schaffen", sagte Schmid t-online und warnte: "Auch wenn Bergkarabach völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehört, darf es keine ethnische Säuberung durch die Hintertür geben." Aserbaidschan müsse den Militäreinsatz sofort beenden und an den Verhandlungstisch zurückkehren.

"Armenien und Aserbaidschan sind jetzt in einer sehr kritischen Situation, und deshalb ist für uns ganz klar, dass diese Kriegshandlungen sofort beendet werden müssen", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Dienstag am Rande der UN-Generaldebatte in New York. "Es geht darum, wieder zurückzukehren zum Pfad der Diplomatie und des Versuches einer friedlichen, miteinander vereinbarten Lösung."

Baerbock: "Aserbaidschan muss den Beschuss sofort einstellen"

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verlangte von Aserbaidschan ebenfalls ein sofortiges Ende der Militäraktion. "Aserbaidschan muss den Beschuss sofort einstellen und an den Verhandlungstisch zurückkehren", sagte Baerbock am Rande der UN-Vollversammlung in New York. "Entscheidend ist der Schutz der Zivilbevölkerung in Bergkarabach. Dies ist auch Aufgabe der dort stationierten russischen Soldaten." Ein dauerhafter Frieden zwischen Aserbaidschan und Armenien könne nur am Verhandlungstisch erzielt werden.

Baerbock sagte, die Bundesregierung unterstütze die Verhandlungen unter Führung der Europäischen Union. "Angesichts der heutigen Eskalation sind diese dringlicher als je zuvor." Die Berichte aus Bergkarabach seien dramatisch. In den vergangenen Wochen habe man sich massiv für einen humanitären Zugang zu den Menschen dort eingesetzt. "Hier gab es zuletzt kleine Fortschritte. Umso schlimmer ist jetzt diese Gewalteskalation." Gerade in vergangenen Tagen habe es intensive Gespräche auch der EU und USA mit Armenien und Aserbaidschan zur Deeskalation gegeben. Die Zusage Bakus, von militärischen Maßnahmen abzusehen, sei gebrochen worden.

Die Linke warf Baerbock unterdessen vor, seit Monaten zuzuschauen, wie Aserbaidschans Machthaber Alijew die Region aushungere. "Die kleine Demokratie Armenien wird offenbar geopfert, damit Europa auch weiterhin sein Erdgas aus Aserbaidschan erhält", so Parteichef Martin Schirdewan. Um sich bei Energieimporten von Russland unabhängig zu machen, setze man auf neue Partner wie Alijew und gebe ihm so quasi freie Hand.

Russland: Waren nicht eingeweiht

Auch Russland hat zur Beendigung der Kämpfe aufgerufen. "Wir sind tief besorgt wegen der scharfen Eskalation der Lage in Bergkarabach", sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. Dabei wies sie zugleich die in Armenien erhobenen Vorwürfe zurück, Russland sei in die Angriffspläne Aserbaidschans eingeweiht gewesen. Die dort stationierten russischen Truppen hätten erst Minuten vor dem Beginn des Militäreinsatzes davon erfahren, sagte sie.

Aserbaidschan hatte am Morgen einen großangelegten Militäreinsatz gestartet, um die auf aserbaidschanischem Gebiet liegende, aber mehrheitlich von Armeniern bewohnte Konfliktregion zurückzuerobern. Das Militär in Baku begründete dies mit angeblichen Verstößen Armeniens gegen den geltenden Waffenstillstand. Die armenische Seite weist diese Vorwürfe als erfundenen Vorwand zurück.

Das christlich-orthodoxe Armenien und das muslimische Aserbaidschan im Südkaukasus sind seit Jahrzehnten miteinander verfeindet. Größter Streitpunkt ist die Zugehörigkeit der Region Bergkarabach. In den 1990er Jahren hatte sich die dortige Bevölkerung unterstützt durch Eriwan von Baku gelöst. 2020 gelang dem durch Öl- und Gaseinnahmen hochgerüsteten Aserbaidschan die Revanche. In einem Krieg eroberte das Land große Teile Bergkarabachs zurück.

Verwendete Quellen
  • Statement von Jürgen Trittin, Nils Schmid
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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