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Attentat auf Donald Trump: Entscheidet seine Reaktion die US-Wahl?


Experte über Attentat auf Trump
"Dann überspannt er den Bogen"


Aktualisiert am 14.07.2024Lesedauer: 4 Min.
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Schüsse auf Trump: Aufnahmen zeigen den Moment des Angriffs.

Nach den Schüssen auf den früheren US-Präsidenten Donald Trump eskaliert die aufgeheizte politische Stimmung möglicherweise weiter. Trumps Reaktion könnte nun alles entscheiden, schätzt ein Experte.

Es ist ein Moment, der alles ändern könnte und in den USA einiges auf den Kopf stellen wird: Ein junger Mann hat bei einem Wahlkampfauftritt der Republikaner versucht, den Ex-US-Präsidenten Donald Trump zu erschießen. Nach Trumps Angaben streifte die Kugel sein Ohr, er kam mit einer leichten Verletzung davon. Ein Besucher seiner Wahlveranstaltung aber starb, zwei weitere wurden nach aktuellen Berichten schwer verletzt.

Die politische und gesellschaftliche Stimmung im Land war schon vor dem versuchten Attentat stark aufgeheizt. Das Land und die politischen Lager sind tief gespalten. Nach den Schüssen auf Donald Trump ist für USA-Experten Julius van de Laar klar: "Wenn Trump am 5. November zum Präsidenten gewählt wird, dann war das der Moment, in dem er die Wahl gewonnen hat."

Ein Kampf zwischen Stärke und Schwäche

Der Moment, in dem Trump aufstand, in die Menge schaute und rief "kämpft, kämpft, kämpft", bewertet van de Laar im t-online-Interview als "Moment der ultimativen Stärke". Denn um Stärke und Schwäche dreht sich der gesamte US-Wahlkampf. Sein Konkurrent, der aktuelle Präsident Joe Biden, ist der Gegenpol: Viele Politiker und auch Bürger zweifeln an seinem gesundheitlichen Zustand. Immer wieder wird er als schwach skizziert. Immer wieder fragt sich die Öffentlichkeit: Wird Biden eine zweite Amtszeit schaffen?

Trump hingegen zeichnet sich als stark. "Jetzt, nachdem er von einer Kugel getroffen wurde, zu Boden ging, dann aber sofort danach wieder aufsteht, skizziert oder vielleicht auch definiert er sich als Märtyrer, mit der Botschaft: Niemand wird uns mundtot machen", sagt van de Laar. Und weiter: "Das kann ihm helfen, Präsident zu werden."

Für unentschlossene Wählerinnen und Wähler könnte das ein Schlüsselmoment sein. Zum Vergleich: Nachdem Ronald Reagan am 30. März 1981 auf offener Straße angeschossen wurde, schnellten seine Umfragewerte nach oben. Als Grund sieht der USA-Experte eine menschliche Eigenschaft: Mitgefühl. Wie es nun weitergeht, werde maßgeblich davon abhängen, wie Trump in den nächsten Tagen öffentlich reagiert.

Alles hängt an Trumps Reaktion

Sollte er beim Parteitag am Montag zur Geschlossenheit aufrufen und die Gewalt zurückweisen, "dann kann er auch bei den unentschlossenen Wählerinnen und Wählern profitieren", sagt der Experte. Schlage Trump aber einen anderen Ton an, einen, den er in diesem Wahlkampf schon so oft genutzt habe, "dann ist er kontraproduktiv und überspannt den Bogen", glaubt van de Laar. Der Republikaner sagte in den vergangenen Wochen des Wahlkampfes immer wieder, er werde zumindest für einen Tag Diktator sein. Auch das sogenannte "Project 2025", das im Umfeld seiner Unterstützer veröffentlicht wurde, deutet darauf hin (t-online berichtete). Dabei handelt es sich um einen Plan, die US-Bundesregierung und den Staatsapparat im Fall eines Siegs der Republikanischen Partei bei den Präsidentschaftswahlen weitreichend umzubauen.

Bidens Wahlkampfteam hat kurz nach der Tat verkündet, Wahlwerbespots vorerst einzustellen und den Wahlkampf ruhen zu lassen. Laut van de Laar sei das üblich. "Jedes Mal, wenn so ein Ereignis, so eine Tragödie geschieht, werden die Kampagnen eingestellt." Ähnliches geschah 2012 im Wahlkampf von Barack Obama, als Hurricane Sandy in New Jersey gewütet hatte, und 2008 in der Finanzkrise. "Das Handeln von Joe Biden ist das klassische, das gelernte und auch angemessene." Denn in den Wahlwerbungen wird nicht nur Stimmung für sich selbst, sondern auch gegen den Konkurrenten gemacht. Das fortzusetzen, wäre laut van de Laar, das falsche Zeichen.

Dennoch häufen sich bereits Vorwürfe, die Demokraten seien verantwortlich für die Schüsse auf den republikanischen Präsidentschaftskandidaten. "Die Rhetorik in den USA ist seit Monaten und Jahren schon stark angeheizt. Immer wieder wird auch über Gewalt gesprochen, da ist es nicht überraschend, dass es zu so einer Tat kommt", sagt van de Laar. Hinzu kämen die liberalen Waffengesetze. Gerade in Pennsylvania gibt es kaum Einschränkungen, Schusswaffen zu erwerben (t-online berichtete).

Video | Trump zeigt sich erstmals nach Attentat
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Quelle: t-online

Experte: "Wir müssen dankbar sein"

"Gewalt gehört, leider und so furchtbar es ist, zum politischen Betrieb mit dazu in den Vereinigten Staaten", sagt van de Laar. Neben den bekannten Fällen von Attentaten auf Reagan, John F. Kennedy oder Martin Luther King, wurden in der jüngeren Vergangenheit auch Kongressabgeordnete und andere Politiker Opfer von Gewalttaten. Eins ist für van de Laar dabei wichtig: "Wir müssen dankbar sein, dass Donald Trump dieses Attentat überlebt hat."

Denn so kontrovers dieser ehemalige Präsident und Präsidentschaftskandidat auch sei, "das ist nicht nur ein Attentat auf Donald Trump, sondern vor allem eben auch ein Attentat auf die Demokratie gewesen", sagt van de Laar. Und weiter: "Da wollte ein Schütze mit seiner Waffe diesen Wahlkampf selbst entscheiden. Und das ist konträr zur Idee einer freien und demokratischen Wahl."

Über den Ausgang der Wahl aber entschieden im November die Bürger an der Wahlurne. Das ist laut dem Experten "der Kern der Demokratie". Der Vorfall zeige einmal mehr, wie angespannt die Situation in den Vereinigten Staaten aktuell sei, aber auch wie wichtig es sei, "dass Amerika langsam, aber sicher wieder eine andere Tonalität bekommt, damit so was eben hoffentlich eines Tages in ferne Distanz rückt".

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit US-Experte Julius van de Laar
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