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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Einziges Mittel gegen Trumps Kandidatur Das könnte ihn noch stoppen
Wenige Wochen vor den ersten Vorwahlen im Januar werden Trumps Konkurrenten immer kleinlauter. Nur eines kann ihn offenbar noch aufhalten.
Bastian Brauns berichtet aus Washington
Womöglich gibt es nur einen, der Donald Trump als Präsidentschaftskandidaten der Republikaner noch verhindern kann. Keine Person, sondern eher eine Personifikation, im Englischen "Father Time" genannt. Im Deutschen ließe sich sagen: Wenn der Gevatter den 77-jährigen Trump nicht noch abholt, haben seine verbliebenen Gegner aus der eigenen Partei keine Chance mehr gegen ihn.
Trotzdem kämpfen rund einen Monat vor den ersten amerikanischen Vorwahlen, den sogenannten Primaries, noch vier Republikaner auf offener Bühne darum, Trump doch zu besiegen. Die Zeit laufe gegen den Ex-Präsidenten, sagte etwa Floridas Gouverneur Ron DeSantis bei der inzwischen vierten TV-Debatte am Mittwochabend. "Father Time", so DeSantis, sei noch immer unbesiegt. Seine Botschaft: Trump ist zu alt. Er hingegen könne mit 45 Jahren noch zwei Amtszeiten im Weißen Haus mitmachen.
Trump hilft die eigene Abwesenheit
Dieses Altersargument dürfte die vielen Trump-Anhänger bei den Republikanern aber kaum überzeugen. Außer wie gesagt, der Gevatter eilt DeSantis wirklich zu Hilfe.
Es gibt Zahlen, die schwer zu ignorieren sind. Obwohl Donald Trump sich bislang an keiner der vier Debatten beteiligt hat, steigen seine Umfragewerte immer weiter. Am Tag der ersten Debatte, dem 23. August dieses Jahres, lag er mit durchschnittlich 51,9 Prozent bereits kaum einholbar vorne. Am 6. Dezember, dem Abend der vierten Debatte sind es bereits 59,6 Prozent.
Die seit Monaten überzeugende Nikki Haley, Trumps ehemalige UN-Botschafterin, schafft es bislang nicht mal in die Nähe ihres ehemaligen Chefs. Ob Gouverneure, Senatoren oder Abgeordnete – kaum ein mächtiger Republikaner empfiehlt den eigenen Anhängern, Haley zu wählen. Der populistische Emporkömmling Vivek Ramaswamy ist weit abgeschlagen. Chris Christie ist für Republikaner kaum wählbar. Die übrigen Kandidaten wie Mike Pence oder Doug Burgum haben bereits aufgegeben.
Die Weigerung, sich seinen ohnehin schwachen Gegnern zu stellen, zahlt sich für Trump offensichtlich aus. Er schwebt über den Dingen. Mit seinen vielen Wahlkampf-Rallyes hat er seine eigenen Bühnen. Hinzu kommen die zahlreichen Gerichtsprozesse, die ihn quasi kostenlos in den Schlagzeilen halten und seine Präsenz weiter steigern.
Der einsame Mahner Chris Christie
Chris Christie, der ehemalige Gouverneur des Bundesstaates New Hampshire und Trumps einziger wirklicher Widersacher, blieb am Mittwochabend nur die Rolle des einsamen Mahners. "Es ist schwer, der einzige auf der Bühne zu sein, der die Wahrheit sagt", so Christie über seine miserablen Umfragewerte. In Wahrheit aber gehe es eben nicht um ihn oder die anderen auf der Bühne, sondern um diesen "fünften Typen", der sich erneut nicht auf diese TV-Bühne trauen würde.
"Es gibt kein anderes Problem als Trump", sagte Christie. Der liege als "Diktator" meilenweit vorne, sei aber absolut nicht fit für das Amt des Präsidenten. Die anderen auf der Bühne aber würden trotzdem die ganze Zeit so tun, als gehe es hier ernsthaft um sie.
Für solche Positionen gibt es in der republikanischen Partei fast nur Buhrufe und bisweilen auch Morddrohungen. Christie ist laut Trump ein RINO, ein "Republican In Name Only", also letztlich ein Verräter.
Die Angst vor Trumps zweiter Präsidentschaft
Was Trump mit seinen politischen Gegnern vorhat, sollte er wiedergewählt werden, das spricht Trump offen aus. Vor wenigen Wochen wurde er in einem Interview mit einem spanischen Fernsehsender gefragt, ob er das FBI und das Justizministerium als politische Waffe einsetzen würde.
"Ja", antwortete Trump darauf. Denn die Biden-Regierung würde ihn ja auch auf diese Weise zur Strecke bringen wollen. "Das kann schließlich auch umgekehrt passieren", sagte Trump. Die Demokraten hätten "den Geist aus der Flasche gelassen". Es sind Äußerungen wie diese, die in Amerika die Angst vor einer zweiten Amtszeit Trumps immer größer werden lassen. Nur eben nicht bei seinen vielen Millionen Anhängern. Die sehnen den Tag der Abrechnung geradezu herbei.
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Die Angst, den Zorn von Trumps Anhängern hervorzurufen, war bei der Fernsehdebatte wieder deutlich zu beobachten. Nikki Haley versuchte einmal, Trumps größte Stärke, die ihm zugesprochene Wirtschaftskompetenz, infrage zu stellen. Der Ex-Präsident habe nämlich viele Billionen neue Staatsschulden gemacht. "Darunter leiden wir heute alle". Auch Ron DeSantis sagte, dass mit Trump und Biden beide Parteien immense Schulden gemacht hätten.
Es blieb aber bei diesen kläglichen Versuchen, Trump die für jeden Amerikaner spürbare Inflation anzulasten. In der Erinnerung der Wählerinnern und Wähler werden die heutigen hohen Preise schließlich mit Joe Biden verbunden werden und nicht mit Donald Trump. Dessen Reputation als erfolgreicher Geschäftsmann und Milliardär bleibt für viele bis heute unangetastet.
Für Trumps Gegner bleibt das Weiterkämpfen und Hoffen. Denn es gibt noch mehr als nur "Father Time", der Trump ein zumindest politisches Ende setzen kann. Am 15. Januar 2024 beginnt im Bundesstaat Iowa die Vorwahl-Saison. Dann endlich gibt es erste Gewissheiten, die über die Umfragen hinausgehen. Dann entscheiden erstmals die Wählerinnen und Wähler, ob am Ende doch Trump derjenige ist, der zittern muss.
- Eigene Beobachtungen
- Livestream der vierten GOP Debate bei News Nation (Englisch)
- projects.fivethirtyeight.com: "Who's ahead in the national polls?" (Englisch)