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USA: Mit Donald Trump ist noch zu rechnen – trotz gescheitertem Impeachment


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Freispruch im US-Senat
Mit Donald Trump ist noch zu rechnen


Aktualisiert am 14.02.2021Lesedauer: 4 Min.
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"Feige": Donald Trump ist im Amtsenthebungsverfahren freigesprochen worden – die Demokraten reagieren erzürnt. (Quelle: reuters)
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Donald Trump kann feiern: Seine Partei lässt ihm beim Impeachment-Prozess mit einem blauen Auge davonkommen. Das ändert seine Aussichten und die seiner Republikaner grundlegend.

Donald Trump hatte bei seinem zweiten Impeachment-Prozess keine guten Anwälte. Er verfügte weder über die Macht eines amtierenden Präsidenten noch über die seines Twitteraccounts. Und doch lief er zu keiner Zeit Gefahr, verurteilt zu werden.

Der US-Senat hat ihn vom Vorwurf, einen Aufruhr angestiftet zu haben, freigesprochen. Nur 7 von 50 Republikanern stimmten am Samstag gegen ihn. Damit war die nötige Zweidrittelmehrheit klar verfehlt.

Das Votum fiel, wie es fiel, weil ein Impeachment-Prozess kein juristisches Verfahren ist, sondern ein politisches. Und politisch sehen die Republikaner in Washington keinen Gewinn darin, sich mit Trump anzulegen.

Das Verfahren um Trump und den gewaltsamen Sturm auf das Kapitol endete trotz aller Aufregung genau mit dem erwarteten Ergebnis. Auch wenn es auf den letzten Metern am Samstag noch reichlich Chaos zu der Frage gab, ob man doch noch Zeugen vernehmen sollte oder nicht.

Die Option 2024

Und jetzt? Für Trump selbst, die Republikaner und die Demokraten hat das Urteil große Folgen.

Trump ist mit einem blauen Auge davongekommen, auch wenn allen klar ist, dass er mit seinen Lügen von einem Wahlbetrug und den Aufrufen, den vermeintlichen "Diebstahl" am 6. Januar noch zu stoppen, die Extremisten ermutigte und für die 5 Toten und 140 verletzten Polizisten Mitverantwortung trägt. Seine Präsidentschaft wird noch lange, wenn nicht gar für immer, mit diesem Gewaltausbruch verbunden bleiben.

Die Demokraten wollten mit der Verurteilung Trump auch mit einer Ämtersperre belegen. Doch jetzt hat er die Möglichkeit, 2024 noch einmal als Präsidentschaftsbewerber anzutreten. Obwohl unklar ist, ob er das wirklich will und damit überhaupt Erfolg hätte, wird Trump mit dieser Aussicht spielen. Direkt nach dem Freispruch ließ er diesen Satz mitteilen: "Unsere historische, patriotische, wunderschöne Bewegung, Amerika wieder großartig zu machen, hat gerade erst begonnen."

Trump bleibt eine Urgewalt

Trump bleibt jedenfalls vorerst eine Urgewalt, die die Politik in Amerika weiter im Griff haben wird. Er hat eine Partei, die ihn nicht in die Schranken weist, und er hat frenetische, teils auch gewaltbereite, Anhänger, die mit ihm durch dick und dünn zu gehen bereit sind. Man darf seinen Einfluss nicht unterschätzen.

Nach dem politischen Prozess erwarten ihn allerdings juristische Ermittlungen, auch zum Sturm auf das Kapitol. Das FBI ermittelt bereits in der Sache. In Georgia ist sein Anruf beim dortigen Wahlleiter Gegenstand von Untersuchungen. Trump hatte ihn genötigt, doch noch genügend Stimmen für einen Sieg aufzutreiben. CNN berichtet, dass das drohende juristische Nachspiel den früheren Präsidenten sehr besorge. Auch deshalb sei er zuletzt so ruhig gewesen.

Es drohen zahlreiche Ermittlungen

Daneben verfolgen Trump zahlreiche andere Ermittlungen zu seinem Politik-, Wirtschafts- und Privatleben. In New York ermittelt man wegen Geschäftspraktiken seiner Firma, in Washington wegen der Geldflüsse eines seiner politischen Komitees. Eine Frau, die ihn eines sexuellen Angriffs in den Neunzigern bezichtigt hatte, hat ihn verklagt, weil er sie als Lügnerin bezeichnete. Es ist wenig Handfestes darüber bekannt, wie groß die Gefahr durch einzelne Untersuchungen wirklich ist. Doch er kann sie nicht mehr ausbremsen, wie er das als US-Präsident noch konnte.

Sehr viel in Trumps Zukunft wird davon abhängen, wie der von ihm losgetretene Kampf in seiner Partei ausgeht. Momentan können die Republikaner nicht mit ihm und nicht ohne ihn – und dieser Zustand trieb auch beim Prozess seltsame Blüten.

Interessieren Sie sich für die US-Politik? Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt einen Newsletter über seine Eindrücke aus den USA und den Machtwechsel von Donald Trump zu Joe Biden. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Nach dem Votum hielt der Anführer im Senat, Mitch McConnell, eine scharfe Rede gegen Trump. Dieser sei "praktisch und moralisch verantwortlich" für die Gewalt, habe seine Amtspflichten auf "entsetzliche" Art und Weise verletzt. Das war skurril, weil der mächtige McConnell eine halbe Stunde zuvor mit "nicht schuldig" über Trump geurteilt hatte. Er verwies auf verfassungsrechtliche Bedenken. In der Rede war Trump schuldig, nur nicht im Sinne der Anklage.

Viele wären Trump insgeheim lieber los

Viele jener Republikaner, die Trump freisprachen, wären ihn lieber gestern als heute los, aber sie wissen, dass viele ihrer Wähler große Trump-Fans sind. Hätte es eine geheime Abstimmung gegeben, hätten viele republikanische Senatoren den Ex-Präsidenten wohl verurteilt, ohne mit der Wimper zu zucken. Doch es gab eine namentliche Abstimmung und darin trauten sich eben nur 7 von 50 Republikanern.

Es waren immerhin deutlich mehr als beim Impeachment vor einem Jahr, wo nur Mitt Romney gegen Trump gestimmt hatte.

Es gibt also diejenigen, die sich öffentlich für einen klaren Bruch einsetzen, aber sie sind in der klaren Minderheit. Denn sie müssen fürchten, von Trump ins Visier genommen zu werden und parteiintern von einem Trump-Vasallen herausgefordert zu werden. Die Republikaner sind vorerst weiter an den früheren Präsidenten gekettet.

Die Demokraten wiederum lieferten eine eindrückliche Anklage ab. Diese rückte die Gewalt im Januar und die Gefahr für die US-Demokratie, die Trump auch in Zukunft darstelle, ins Zentrum. Doch die Demokraten verzichteten darauf, eine gründliche Untersuchung durchzuführen. So blieb manches darüber unklar, wie Trump konkret vorging, als der Mob tobte. Oder welche Rolle er dabei spielte, dass die Nationalgarde nicht vor Ort war.

In letzter Minute starteten sie ein Manöver, um doch noch Zeugen berufen zu können – nur um zwei Stunden später wieder zurückzurudern. Damit riefen sie bei ihren Anhängern Entsetzen hervor.

Die Demokraten irritieren ihre Anhänger

Die Demokraten fürchteten, den Prozess durch eine Zeugenanhörung in die Länge zu ziehen. Stattdessen wollen sie sich auf die Agenda ihres neuen Präsidenten Joe Biden konzentrieren, die vom alles überschattenden Impeachment noch weiter hätte gelähmt werden können. Hier geht es vor allem darum, Bidens Minister vom Senat bestätigt zu bekommen und das massive Corona-Rettungspaket zu beschließen.

Ihr Kalkül lautet, dass für ihre Wähler am Ende nicht das Impeachment zählt, sondern der Umstand, dass sie entschlossen und spürbar gegen die Pandemie und die Wirtschaftskrise vorgegangen sind.

Machttaktisch könnten die Demokraten in Zukunft allerdings durch die Niederlage im Senat sogar noch gewinnen. Ihnen bleibt das erhalten, was ihnen bei der vergangenen Wahl die Mehrheit sicherte: das Feindbild Donald Trump.

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