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US-Wahlen 2020: Was passiert, wenn Donald Trump einfach nicht geht?


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Das schlimmste Szenario
Was ist, wenn er einfach nicht geht?


Aktualisiert am 06.11.2020Lesedauer: 4 Min.
Donald Trump: Einige Experten befürchten, dass er das Weiße Haus auch im Falle einer Niederlage nicht verlassen wird.Vergrößern des Bildes
Donald Trump: Einige Experten befürchten, dass er das Weiße Haus auch im Falle einer Niederlage nicht verlassen wird. (Quelle: Erin Scott/reuters)
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Alles sieht nach Wahlniederlage aus: Donald Trump werden kaum noch Chancen eingeräumt, Präsident zu bleiben – wenn er nach den Regeln spielt. Doch er könnte die US-Demokratie auf die Probe stellen.

Wer die Wahl gewinnt, wird Präsident. So einfach war die US-Demokratie bislang in den allermeisten Fällen. Bei Donald Trump ist die Situation im schlimmsten vorstellbaren Szenario eine etwas andere. Der noch amtierende US-Präsident hat mehrfach und eindeutig abgelehnt, sich zu einer friedvollen Machtübergabe zu bekennen. Vor der Wahl, und verstärkt seit sich bei der Stimmauszählung seine Wahlniederlage abzeichnet, erhebt er falsche und unbegründete Vorwürfe des Wahlbetrugs gegen seine Gegner. Die internationale Wahlbeobachtungsmission der OSZE wirft ihm selbst groben Amtsmissbrauch vor. Sein Sohn hat den "totalen Krieg" um die Wahl ausgerufen.

Das Worst-Case-Szenario

Noch gehen die meisten Beobachter davon aus, dass all das nur Getöse ist. Die letzten Zuckungen eines Besiegten und seiner verbliebenen Getreuen. Vor Gericht werden ihm bislang wenig Chancen eingeräumt. Doch Donald Trump hat oft und vielfach bewiesen, dass ihm demokratische Spielregeln und die Integrität der demokratischen Institutionen nichts bedeuten. Was, fragen einige Politikwissenschaftler und Rechtsexperten seit einiger Zeit, wenn Trump das Weiße Haus trotz Wahlniederlage nicht verlässt? Das ist längst nicht mehr undenkbar.

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"Wenn Trump alle Zurückhaltung verliert und wenn seine Republikaner die Rollen spielen, die er ihnen zuweist, könnte er die Entstehung eines rechtlich eindeutigen Siegs für Biden in der Wahlversammlung [Electoral College] und dann im Kongress verhindern", schrieb der Journalist Barton Gellmann vor einiger Zeit in einem viel beachteten Stück im "Atlantic". Er hatte für die Recherche zahlreiche Rechts-, Politik- und Verfassungsexperten befragt. "Er könnte die Konsensbildung darüber verhindern, ob die Wahl überhaupt ein Ergebnis hat. Er könnte sich dieser Ungewissheit bemächtigen, um an der Macht zu bleiben."

Der Schlüssel sind die Wahlmänner

Die Gründe dafür liegen in den Tücken und Anfälligkeiten des US-amerikanischen Wahlsystems. Historisch spielten sie in nur wenigen Ausnahmen eine Rolle, können aber doch nicht vollkommen ausgeschlossen werden. Sie hängen mit den von den Bundesstaaten aufgrund der ausgezählten Wahlergebnisse ernannten Wahlmänner und dem weiteren Prozess der Ernennung des Siegers zusammen, wie auch die Nachrichtenagentur Reuters aufgeschlüsselt hat.

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Wer Präsident werden will, muss laut Verfassung die Mehrheit der Wahlmänner der Bundesstaaten auf sich vereinen. Das ist die mittlerweile bekannte Grenze von 270 Wahlmännern im sogenannten Electoral College. Joe Biden nähert sich dieser magischen Grenze mit großen Schritten – denn üblicherweise geht man davon aus, dass die Wahlmänner für den Kandidaten stimmen, der ihren jeweiligen Bundesstaat in der Stimmauszählung für sich entschieden hat.

Das Chaos, das Trump nützt

Und nun wird es kompliziert: In besonders umkämpften Bundesstaaten wie Pennsylvania, Michigan und Wisconsin regiert ein demokratischer Gouverneur, aber das Parlament ist republikanisch dominiert. Sollten bis zum Stichtag 8. Dezember mögliche Dispute nicht vor Gericht entschieden sein, und Exekutive und Legislative in den Bundesstaaten unterschiedliche Wahlergebnisse als legitim ansehen: Es könnte Chaos entstehen, das Trump in seinem Bestreben nützt, an der Macht zu bleiben.

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Die republikanisch dominierten Parlamente könnten eigene loyale Wahlmänner ernennen, die das Ergebnis der Stimmauszählung ignorieren. Die Erzählung wäre in diesem Fall: Die Wahl war manipuliert, nun müssen wir Republikaner den Willen des Volkes schützen. Auch dieses Szenario sei im Trump-Lager bereits vorbereitet worden, hieß es im "Atlantic"-Stück. Angesprochen darauf, dementierte die Kampagne die Behauptung nicht. Und auch im "Battleground State" Pennsylvania wollte der Sprecher der Republikaner die Möglichkeit damals nicht ausschließen. Es sei "eine der Optionen". (Am Freitag dementierten Sprecher das allerdings vehement.)

"Eine Welt, in der alles passieren kann"

Es ist unklar, wie dann weiter mit den Wahlmännern aus diesen Staaten verfahren werden soll. Das demokratisch dominierte Repräsentantenhaus und der republikanisch dominierte Senat müssten eine Einigung darüber erzielen. Und wenn kein Konsens besteht? Dann könnte Trumps Vize-Präsident Mike Pence unter Umständen Stimmen von Wahlmännern für ungültig erklären. Er hat Trumps Behauptungen von Wahlbetrug nicht zurückgewiesen. Im Gegenteil: Zwischen den Zeilen kann man durchaus Unterstützung für den Kurs herauslesen.

Es wäre eine Verfassungskrise, die zu provozieren, viele Beobachter selbst Trump nicht zutrauen – und wenn doch, dann wenigstens nicht den Republikanern. "Dann werden wir in eine Welt geworfen, in der alles passieren kann", sagte der Politikwissenschaftler Norman Ornstein dem "Atlantic".

Interessieren Sie sich für die US-Wahl? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. Hier können Sie die "Post aus Washington" kostenlos abonnieren, die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Denn sollte Biden dann immer noch mehr Wahlmänner haben, könnten Republikaner argumentieren, er habe aber nicht die vorgeschriebene Mehrheit "aller Wahlmänner" – da Pence ja einige vom Votum ausgeschlossen hat. Dann müssten die Bundesstaatsdelegationen im Repräsentantenhaus abstimmen, um den Präsidenten zu wählen. Derzeit haben die Republikaner dort die Mehrheit. Trump wäre womöglich wieder Präsident.

Experten schließen nicht einmal aus, dass sich die Schlacht bis zum verfassungsmäßig vorgeschriebenen Tag der Amtseinführung hinzieht – und dann zwei Kandidaten zur Vereidigung auftauchen. Die Frage, bleibt: Was ist, wenn Trump trotz Niederlage einfach nicht geht?

"Wir sind darauf überhaupt nicht vorbereitet", zitierte "Atlantic"-Journalist Barton in seinem Stück Geschichtsprofessor Julian Zelizer vom Princeton College. "Wir reden darüber, einige sorgen sich, und wir stellen uns vor, was sein könnte. Aber wenige Leute haben tatsächliche Antworten darauf, was passieren würde, wenn die demokratische Maschinerie benutzt wird, um einen legitimen Beschluss zur Wahl zu verhindern."

Verwendete Quellen
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