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Donald Trumps wichtigste Berater: Der Preis der Unterwerfung


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Trumps wichtigste Stützen
Der Preis der Unterwerfung

MeinungEine Kolumne von Fabian Reinbold

04.09.2020Lesedauer: 5 Min.
Donald Trump, Kellyanne Conway (am Wahlabend 2016): Schamlos wie der Boss.Vergrößern des Bildes
Donald Trump, Kellyanne Conway (am Wahlabend 2016): Schamlos wie der Boss. (Quelle: Mike Segar/reuters)
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Donald Trumps Berater kommen und gehen, doch drei enge Mitarbeiter blieben stets an seiner Seite: Sie erfüllen einzigartige Funktionen

Kommen Sie einmal mit auf einen Spaziergang durch Washingtons Viertel der Reichen und Mächtigen. Die Route führt uns direkt zu den Stützen des Systems Donald Trumps, das zwar mächtig wackelt, aber noch steht.

Wir schreiten die hübsche Straße namens Tracy Place hinab, bis sie eine Biegung macht und mit zwei anderen hübschen Straßen in der Nachbarschaft Kalorama zusammentrifft. Der Bürgersteig ist abgesperrt, auf der Straße reihen sich schwarze Chevy Suburbans – stets der sicherste Hinweis darauf, dass hier mächtige Leute chauffiert werden wollen. Durch das offene Fenster sagt der Secret Service-Mann auf dem Fahrersitz freundlich, aber prüfend: Good morning. Wir stehen vor dem Haus, in dem der zweitmächtigste Mann im Weißen Haus wohnt.

Hier wohnen Ivanka Trump und Jared Kushner. Sechs Schlafzimmer, nur 15.000 Dollar Miete, ein Schnäppchen für die Gegend. Aber die beiden hatten schon immer ein Händchen für vorteilhafte Deals.

Jared Kushner ist ein maximal unauffälliger schlanker Mann mit sanfter Stimme, die man in der Öffentlichkeit selten hört. Er arbeitet hinter den Kulissen und dort besitzt er ein atemberaubend breites Aufgabengebiet. Er sollte das Strafwesen und Einwanderungssystem umbauen, die Rassismusproteste beruhigen, Frieden in Nahost schaffen und die Corona-Pandemie bändigen. Nebenbei zieht er noch im Wahlkampf von Schwiegerpapa die Fäden.

Der 39-Jährige erfüllt eine unverzichtbare Funktion im System Trump:
Unter einem Präsidenten, der gern redet, aber weniger gern macht, ist er jemand, der sich um Sachen kümmert. Trump vertraut ihm und weiß, dass der Schwiegersohn ihm nicht widerspricht. Kushner hat manches erreicht, aber er ist peinlichst darauf bedacht, in keinem Moment die Grenzen der wechselnden Wahrheiten und Fantasien des Schwiegervaters zu übertreten. So verharmloste auch der Corona-Bekämpfer bald schon das Virus.

Diese Art der Unterwerfung (sagen jene, die ihn seit langem kennen) habe er bereits bei seinem eigenen Vater erlernt, wie Donald Trump ein milliardenschwerer Immobilienmakler.

Zwei Häuser weiter beginnt rechter Hand die abgesperrte Straße, in der die Obamas residieren – die Kushners hätten auch gern drei Straßen für sich abgesperrt, durften aber nur den schmalen Fußweg absperren lassen. Wir gehen weiter, vorbei an Washingtons größter Moschee und kommen über eine Brücke in einen fast noch exklusiveren Teil der Stadt.

Der Rock Creek Drive schlängelt sich am gleichnamigen Park entlang, die Grundstücke werden größer, die Fußgänger seltener. An einem Eckgrundstück hat sich Steven Mnuchin niedergelassen, Finanzminister und in der Wirtschaftskrise Trumps wichtigster Mann.

Mnuchin, früher Investmentbanker und Filmfinanzier, war bereits mit Villa in Bel Air, Stadtwohnung auf Manhattans Park Avenue und Wassergrundstück auf den Hamptons nicht schlecht aufgestellt, fand hier aber für 12,6 Millionen Dollar auch noch eine Bleibe. Dafür gab es, in amerikanischer Rechnung, auch 12,5 Bäder: elf komplette Badezimmer und drei Gäste-WCs. Morgens warten auch auf ihn zwei dicke Chevy Suburbans, die ihn zur Arbeit ins Gebäude neben dem Weißen Haus fahren.

Mnuchin, 59, ist wie Trump und Kushner Sohn eines reichen Vaters, um dessen Aufmerksamkeit er große Teile des Lebens kämpft. Seine Funktion im System Trump: Er kann mit den Demokraten reden. Trump selbst hat es nie gekonnt. Sobald er mit Nancy Pelosi im selben Raum ist, geraten sie aneinander. Trump ist, entgegen seiner Eigen-PR, in Washington nicht als Dealmaker aufgefallen.

Interessieren Sie sich für die US-Wahl? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

So war es Mnuchin, der mit den Demokraten die billionenschweren Rettungspakete für Wirtschaft, Kleinunternehmen und Millionen Bürger in Rekordtempo verhandelte, als die Konjunktur im Frühjahr einbrach. Trump war erst stolz und dann sauer, weil er auf Fox News hörte, dass die Demokraten zu viele ihrer Projekte durchsetzen konnten. Mnuchin beugte sich Trumps Launen und ließ sich Stabschef Mark Meadows an die Seite stellen, bis vor kurzem ein ultrarechter Abgeordneter – und jetzt stockt alles. Die meisten Hilfen sind längst ausgelaufen, wochenlange Gespräche versandet, der Senat ist im Urlaub.

Mnuchin ist ein spröder Typ mit einer schillernden Ehefrau Nummer drei, einer Schauspielerin aus Schottland, der offenbar die Reisen in Regierungsmaschinen besonders imponierten. Er fragte an, ob ihm ein Militärjet für seine Flitterwochen in Europa zur Verfügung gestellt werden könnte. Der Staatsapparat lehnte ab.

Ums Eck von Mnuchins Anwesen geht es in den Benton Place. Hier liegen vor dem größten Haus der Straße, einer Villa im mediterranen Stil, die Zeitungen auf der Treppe. Gerade wohl niemand da im Hause Conway. Nur knapp acht Millionen Dollar haben Trump-Beraterin Kellyanne und ihre Ehemann George dafür hingeblättert – aber dafür auch nur acht Badezimmer. (Wie bei Mnuchin scheint die Formel zu sein: eine Million pro Badezimmer.)

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Kellyanne Conways Funktion war, dem Rest des Systems Trumps eine Maxime vorzuleben: Je schamloser, desto besser. Von Tag eins an verbog sie ähnlich lustvoll wie der Boss die Wahrheit – unvergessen ihre Wortschöpfung der "alternativen Fakten". Wie sonst niemand (außer Trump) faltete sie die Journalisten zusammen. Ich erlebte mit ihr fast masochistische Rituale. Man stand vor ihr im Weißen Haus, um etwas zu erfahren, erfuhr aber nichts außer ätzender Belehrungen. Sie zeigte, dass eine Regel nicht nur für Trump selbst gilt: Wer permanent lügt, erntet weniger Kritik, als der, der es nur ab und an tut.

Conway war die unverfrorenste Verkäuferin von Trumps Politik. Ihr Ehemann George, der erst in Trumps Justizministerium wollte, schwang sich zum giftigsten Gegner des Präsidenten auf Twitter auf. Tag für Tag ein ätzender Tweet über den Arbeitgeber seiner Frau, dann gründete er gar mit anderen enttäuschten Republikanern einen Anti-Trump-Verein. So wurde die Ehe der Conways eines der großen Themen in Washington und ein Symbol für die Ära Trump.

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Es waren letztlich die Kinder, die dem Spuk ein Ende bereiteten. Tochter Claudia, 15, wetterte auf TikTok und Instagram gegen Trump und gegen dessen PR-Frau, die eigene Mutter. Sie wolle sich per Klage von den Eltern lossagen, lautete eine ihrer letzten Botschaften. Jetzt hat der Vater das Twittern eingestellt und Frau Mama den Job im Weißen Haus an den Nagel gehängt.

Die Minister und Berater kommen und gehen unter Trump wie im Taubenschlag, nur drei blieben immer da: treu, schmerzfrei, unterworfen. Kushner, Mnuchin, Conway. Jetzt sind es nur noch zwei.

Der Fall Conway zeigt eine Wahrheit über die Diener im System Trump: Sie bekommen Macht und Aufmerksamkeit, doch ihr Dienst an Trump und seiner auf Konflikt ausgerichteten Regentschaft zieht Verwerfungen nach sich.

Bei den Conways ist es extrem, doch auch Nachbar Mnuchin weiß etwas darüber. Sein Vater, dessen Zuspruch er so sehr gesucht hat, ist laut "New York Times" "angewidert" von der Politik des Sohnemanns. Sein Neffe attackierte ihn jüngst auf Facebook, die Ehefrau sagt nur, dass sie nichts zur Politik sagt.

Bei Kushner herrscht eine andere Lage – Jared hat ja in den engen Kreis des Familienunternehmens eingeheiratet. Bislang sind es lediglich Trumps Schwester und Nichte, die dem Präsidenten den Charakter absprechen. Nur Kushners Schwägerin, das Model Karlie Kloss, macht jetzt Wahlkampf für Joe Biden.

Doch auch Jared und Ivanka haben einen Preis gezahlt. Nach dem Wahlsieg dachten sie, sie würden als die neuen Kennedys nach Washington ziehen: ein strahlendes Powerpaar im Zentrum der Gesellschaft, ihr Haus am Tracy Place als Salon der Mächtigen.

Daraus ist nichts geworden. Freunde haben sich abgewandt, andere gar nicht erst zugewandt. Sie stehen als Komplizen eines ruchlosen Präsidenten da. Man kann eben nicht Washington zusammenbringen, während der Boss die Nation spaltet.

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