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USA – Donald Trump gegen Kamala Harris: Willkommen im Schmutzwahlkampf


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US-Wahlkampf
Trump gegen Harris: Rassistisch, sexistisch, verschwörerisch

MeinungEine Kolumne von Fabian Reinbold

Aktualisiert am 14.08.2020Lesedauer: 5 Min.
Kamala Harris: Die Angriffe auf sie sind rassistisch und sexistisch gefärbt.Vergrößern des Bildes
Kamala Harris: Die Angriffe auf sie sind rassistisch und sexistisch gefärbt. (Quelle: Carolyn Kaster/ap)

Kamala Harris erntet verfrühte Lobeshymnen – und umgehend rassistische und sexistische Angriffe. Wie eine Personalie den US-Wahlkampf in Rekordzeit aufheizt.

Washington hat sich in dieser Woche nach einer langen Zeit der Nüchternheit einmal kräftig berauscht. Sie werden es mitbekommen haben: Kamala Harris ist der Star der Stunde.

Die erste schwarze Frau, die als Kandidatin für das Amt des Vizepräsidenten auf dem Wahlzettel stehen wird. Die Senatorin erntete zur Bekanntgabe ihrer Personalie tosenden Jubel in der liberalen Öffentlichkeit und regelrechte Hymnen in den Medien, hier in den USA wie auch in Deutschland. Ein Hype, bei dem mir kurzzeitig etwas schwindelig wurde.

Einerseits ist das alles natürlich richtig: Die Personalie ist bedeutsam. Schon jetzt historisch, weil es das eben bislang noch nie gab: eine schwarze Frau, die Vizepräsidentin werden kann. Eine Vizepräsidentin, egal welcher Hautfarbe und Herkunft, gab es in den 231 Jahren amerikanischer Geschichte nicht.

Die Personalie ist auch folgenreich, weil der Kandidat Joe Biden zwar gute Chancen hat, ihn aber mehr Zweifel umwehen als seine Vorgänger und deshalb der Vizekandidatin nicht nur mehr Gewicht als üblich zufällt, sondern auch die Gelegenheit zur Nachfolge im Oval Office greifbarer scheint. US-Präsidentin Harris, spätestens 2024, so weit sind manche gedanklich schon.

Ich beobachte Harris' Aufstieg nun seit zwei Jahren. Ein treuer Leser hat mich dran erinnert, dass ich Ihnen in einer der ersten Kolumnen schon mitgab, sich ihren Namen zu merken – und zwar so: "KA-ma-la, Betonung auf der ersten Silbe, Sanskrit für Lotusblume."

Als Harris gerade eine nationale Berühmtheit wurde, fuhr ich mit ihr Fahrstuhl. Es war der Herbst 2018. Sie hatte soeben, in einer spektakulären Anhörung im Senatsjustizausschuss Brett Kavanaugh befragt, Donald Trumps Kandidaten für das Verfassungsgericht, dem man sexuelle Übergriffe vorwarf. Jetzt war Pause und ich wollte sie gerade zu ihrer Taktik befragen, da sprang eine junge Frau zwischen uns und begann zu kreischen. Sie stand ihrem Idol gegenüber.

"Hi, ich bin Michelle, Sie sind meine Heldin, es ist mein Traum, bei Ihnen ein Praktikum zu machen". Harris umarmte sie prompt. "Hi, ich bin Kamala." Ich weiß leider nicht, was aus dem Praktikum geworden ist oder aus Michelles Begeisterung, aber es war meine erste Vorahnung des Kamala-Hypes dieser Tage.

Jetzt ist zu lesen, Harris sei die perfekte Kandidatin. Tatsächlich schenkt die 55-Jährige dem 77-jährigen und noch älter wirkenden Biden das Element des Neuen, der Frische. Sie gibt dem Biden-Wahlkampf eine Bedeutung, die über das hinausgeht, was er bislang ist: nicht Trump. Sie werde die Schwarzen begeistern, die Frauen und die Jugend, heißt es, den Drang nach Gerechtigkeit aufnehmen, den Generationswechsel vollziehen.

Doch das, was in diesen Tagen als Gewissheit verkauft wird, ist eher eine Hoffnung. Es ist nicht klar, wen Harris wirklich erreichen wird oder gar begeistern. Dafür ist sie selbst zu oft ausgewichen, statt sich zu positionieren. Ihre Vergangenheit als toughe Staatsanwältin stört linke Aktivisten. Es ist noch nicht einmal klar, wie viele schwarze Wähler sie elektrisieren wird. Harris ist schwarz, aber für viele keine wahre Afroamerikanerin – keine Nachfahrin der aus Afrika in die USA verschleppten Sklaven, sondern in Kalifornien als Tochter eines Wirtschaftsprofessors aus Jamaika und einer Medizinerin aus Indien geboren.

Interessieren Sie sich für die US-Wahl? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Als Harris 2019 versuchte, selbst Präsidentschaftskandidatin zu werden, war ich mit ihr in Iowa unterwegs. Harris galt anfangs gar als eine Favoritin, aber ihr Wahlkampf zündete nie, schon gar nicht bei den bodenständigen Bewohnern Iowas. Sie konnte damals schon Trump hart attackieren und sprach viel von den Sorgen, die die Leute hätten, wenn sie nachts um drei aufwachten. Aber man verstand nicht, was sie wirklich erreichen wollte. So sprang der Funke in den heißen Augusttagen in Iowa nicht über, und im Winter gab sie auf.

Inhaltlich ähnelt sie Biden: pragmatisch, unideologisch, zu Hause in der Mitte. Mit ihr will Biden Trumps Angriffe, der ihn als Geisel linksradikaler Kräfte darstellt, ins Leere laufen lassen.

Zwei wichtige Dinge sind nach dem ersten Hype tatsächlich klar. Biden und Harris wollen Trump über das Thema Corona packen. Das zeigen die Bilder, die Punchlines ihres ersten Auftritts. Live auf den Kanälen betreten sie die Turnhalle einer Schule Seit' an Seit' mit Stoffmasken über Mund und Nase. Das Maskentragen ist politisch und die Botschaft ist: Wir machen das anders als Trump.

Harris attackierte Trump direkt als den Verantwortlichen für die Corona-Wirtschaftskrise, bei ihr waren es Trumps 160.000 Tote, Trumps 16 Millionen Arbeitslose. Selbst dem eher umständlichen Biden gelangen beim gemeinsamen Auftritt die Zuspitzungen. So verspottete er Trump auch einmal anschaulich als "Jammerlappen". Der Sound des Wahlkampfs wird klarer und giftiger.

Was ebenfalls klar ist: wie die Gegenseite die schwarze Frau attackieren wird. Es dauerte nur Minuten, bis Trump und Team die ersten Duftmarken setzten: "falsch" und "gemein" sei Harris. Kommt Ihnen bekannt vor? Richtig, alles schon an Hillary Clinton erprobt.

Was die politischen Attacken betrifft, steckt man noch in der Mit-allem-werfen-und-schauen-was-haften-bleibt-Phase. Doch jene Angriffe, die mit Sexismus und Rassismus arbeiten, stehen sofort bereit.

Während auf Fox News Moderator Tucker Carlson mit sichtlichem Genuss den Namen Kamala falsch ausspricht, und dem Präsidentensohn Eric Trump ein Tweet gefällt, der Harris als Hure bezeichnet, erscheint bei Newsweek (einst seriöses Magazin, heute eher Online-Resterampe) ein Meinungsbeitrag, der die Falschbehauptung aufstellt, die in Kalifornien geborene Harris könne wegen ihrer ausländischen Eltern vielleicht nicht die staatsbürgerlichen Voraussetzungen für das Amt erfüllen. Und natürlich unkt im Weißen Haus der Präsident dann von diesem Text. Er habe da "heute was gehört", man müsse sich das mal anschauen. Das waren Harris' erste 48 Stunden als Kandidatin.

Kommt Ihnen ebenfalls bekannt vor? Richtig, alles bereits ausgiebig am letzten Kandidaten erprobt, der nicht weiß war: Barack Obama. Und der Mann, der damals am meisten Kapital aus dieser Verschwörungstheorie zu Obamas Geburtsort schlug, hieß: Donald Trump.

Wer es bereits als Zumutung empfindet, dass eine schwarze Frau ins Weiße Haus will, ist dafür sicherlich empfänglich. Doch wer als Wähler in diesem Herbst in der Mitte steht und nicht tief in den Echokammern links oder rechts feststeckt, dürfte sich, wenn er nachts um drei aufwacht, weniger Sorgen um die Geburtsurkunde von Kamala Harris machen, sondern mehr um die 160.000 Toten, 16 Millionen Arbeitslosen und die Frage, wann Amerika dieses Virus endlich unter Kontrolle bekommt.

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