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USA: Demokrat Pete Buttigieg ist die Überraschung – aber kann er Präsident sein?


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US-Präsidentschaftskandidat Pete Buttigieg
Jung, schwul – und plötzlich vorn

Von Fabian Reinbold, Manchester (New Hampshire)

Aktualisiert am 11.02.2020Lesedauer: 4 Min.
Pete Buttigieg beim Wahlkampf in New Hampshire: Mann der Mitte.Vergrößern des Bildes
Pete Buttigieg beim Wahlkampf in New Hampshire: Mann der Mitte. (Quelle: Brendan McDermid/reuters)
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Pete Buttigieg ist die Überraschung bei den Vorwahlen der Demokraten. Er verfolgt eine interessante Strategie – aber ist er mit 38 Jahren wirklich bereit, US-Präsident zu werden?

Donald Trump, Joe Biden und Bernie Sanders stoßen selten in dieselbe Richtung, doch in den vergangenen Tagen hatten die drei unterschiedlichen Politiker ein gemeinsames Ziel der Kritik: einen 38-jährigen Provinzpolitiker namens Pete Buttigieg.

Wie der Politiker eigentlich ausgesprochen wird, hören Sie oben im Video.

Erst warnte Trumps Wahlkampfteam per E-Mail vor dem "Extremisten Buttigieg" und seinen Ansichten zur Abtreibung. Sanders knöpfte sich den Mann direkt auf der Bühne vor und warf ihm sinngemäß vor, sich von Milliardären kaufen zu lassen. Bidens Leute veröffentlichten ein Video, in dem sie sich lustig machen über Buttigiegs Verdienste als Provinzbürgermeister.

Die Attacken der mächtigen Männer verdeutlichen die Stellung, die Buttigieg plötzlich einnimmt. Vor einem Jahr war Peter Paul Montgomery Buttigieg ein Bürgermeister einer Provinzstadt namens South Bend, den man über die Grenzen seines Bundesstaats Indiana hinaus nicht kannte. Jetzt ist er nach seinem Überraschungssieg bei der ersten chaotischen Vorwahl der Demokraten in Iowa, wo er auf Augenhöhe mit Sanders lag, plötzlich Mann der Stunde.

Mehr noch, der 38 Jahre alte Politiker hat plötzlich reelle Chancen, als Gewinner aus dem Wettstreit hervorzugehen – und im Herbst der Gegenkandidat Trumps zu werden. Ganz nebenbei wäre er der erste offen schwule Präsidentschaftskandidat in der US-Geschichte.

Buttigieg geht in die Trump-Wahlkreise

Vor der zweiten Vorwahl im Bundesstaat in New Hampshire am Dienstag ist er plötzlich Mitfavorit. Zwar liegt in den dortigen Umfragen der linke Konkurrent Sanders vorn – doch dass in dem kleinen Bundesstaat im Nordosten so viele unabhängige, parteiungebundene Wähler bei den Demokraten mitstimmen können, könnte dem jungen Buttigieg in die Karten spielen. Viele Wähler zeigten sich kurz vor dem Wahltermin noch unentschlossen, für wen sie stimmen werden.

Buttigieg zielt von vornherein auf die Mitte. Deshalb geht er wie an diesem kalten Februarabend vor der Wahl in Kleinstädte wie Londonderry, eine Autostunde nördlich von Boston.

Interessieren Sie sich für US-Politik? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Der Wahlkreis hat zuletzt mehrheitlich republikanisch gewählt, hier sieht Buttigieg seine Zielgruppe: Dazu gehören neben Demokraten auch, wie er in jeder Rede betont, "Unabhängige und wie ich sie nenne: künftige ehemalige Republikaner" – also jene, die ihrer Partei wegen Trump den Rücken kehren sollen – und bei Buttigieg eine neue Heimat finden. Deshalb stellt er sich auch im durch und durch konservativen Sender Fox News Debatten, anders als die Konkurrenz.

Der "erste Morgen nach Trump"

In seinen Wahlkampfreden dominieren Einheit und Sehnsucht nach einer neuen Zeit. "Stellt Euch den Morgen vor, an dem die Sonne über Londonderry aufgeht", ruft er am Sonntagabend in New Hampshire, "am ersten Morgen, an dem Donald Trump nicht mehr Präsident der Vereinigten Staaten ist." Wie bei jedem Auftritt erntet er für diesen Satz Jubel. Das Land habe dann riesige Probleme, die könne man aber gemeinsam anpacken. Buttigieg ist smart, schlagfertig und dabei höflich.

Seine inhaltlichen Ziele sind schwieriger zu greifen. Er will anders als Sanders keine staatliche Pflichtkrankenversicherung, sondern nur eine Option darauf, sich über den Staat zu versichern.

Er ist in jeder Hinsicht moderat. Während Sanders weit links steht, konkurriert Buttigieg vor allem mit den Mitbewerbern Amy Klobuchar aus Minnesota und Joe Biden. Der Ex-Vizepräsident schwächelt, davon scheint Buttigieg zu profitieren. Während der 77-jährige Biden vor Trump warnt und vor dem, was unter diesem alles Schlimmes passiert sei, macht es Buttigieg eine Schippe optimistischer: Es gebe etwa bereits eine Mehrheit für Verbesserungen bei der Krankenversicherung – man müsse nur zusammenkommen.

Lisa McMullen, die in der Schule in Londonderry im Publikum steht, gefällt's. "Er hat eine positive Botschaft, das ist mir wirklich wichtig. Wir haben einfach zu viel Negativität in der Politik." McMullen hat in der Vergangenheit mal für die Demokraten gestimmt, mal für die Republikaner. Leute wie sie muss Buttigieg also gewinnen, wenn er es schaffen will.

"Buttigieg steht in der Mitte, das ist gut. Kandidaten wie Bernie Sanders oder Elizabeth Warren sind mir zu sehr am Rand", sagt die Angestellte. Sie überlegt noch, ob sie für ihn oder Amy Klobuchar stimmt, die immerhin seit 13 Jahren im US-Senat sitzt. "Er war nur ein Bürgermeister, ich wünschte, dass er etwas mehr Erfahrung hätte."

Der Spott Bidens

Das greifen nun seine Konkurrenten in der Mitte allzu gern auf – Bidens Wahlwerbung verspottet ihn nahezu. Tenor: Während Biden im Auftrage Barack Obamas Gesundheitssystem und Wirtschaft rettete, ließ Buttigieg nur neue Bürgersteige pflastern (hier sehen Sie das Video.) Der Bürgermeister nimmt den Ball aber auf und versucht die Kritik in einen Vorteil umzuwandeln: Demokraten würden immer dann gewinnen, wenn jemand Unverbrauchtes nach Washington schicken würden.

Buttigieg ist für die Mitte attraktiv, weil er eine Sehnsucht bedient nach weniger heftigen, gespaltenen Zeiten. Die amerikanische Öffentlichkeit und Politik sind bekanntlich extrem gespalten, der Riss geht durch viele Familien, auch die McMullens müssen bei Familienfeiern die Politik vermeiden.

Harvard, Oxford, Afghanistan

Buttigieg vereint vieles scheinbar Gegensätzliches. Er ist homosexuell, aber betont auch seinen Glauben, ist bibelfestes Mitglied der Episkopalkirche. Er studierte an den Universitäten Harvard und Oxford, diente aber dann acht Jahre lang als Bürgermeister seiner Geburtsstadt South Bend, im von Industrieverfall geprägten Mittleren Westen. Er arbeitete für die Beratungsfirma McKinsey, verpflichtete sich aber als Marinereservist auch zu einem siebenmonatigen Einsatz in Afghanistan.

Das schafft viele Anknüpfungspunkte für unterschiedliche Wählergruppen. Sein Problem ist, dass er bislang in den sehr homogen weißen Landesteilen gut ankommt – so wie Iowa und New Hampshire. Doch er hat große Probleme, Unterstützung unter Minderheiten der Afroamerikaner und Latinos zu gewinnen. In den demokratischen Vorwahlen können das aber entscheidende Gruppen sein.

Die große Prüfung für ihn lauert in der zweiten Februarhälfte, wenn die nächsten zwei Vorwahlen in Staaten stattfinden, die viel durchmischter sind als Iowa und New Hampshire: In Nevada könnten Latinos das Zünglein an der Waage sein, in South Carolina sind traditionell die afroamerikanischen Wähler entscheidend.

Dort dürfte sich zeigen, ob der 38-Jährige nach den Überraschungserfolgen wirklich das Zeug hat, Präsidentschaftskandidat seiner Partei zu werden.

Verwendete Quellen
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