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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Impeachment-Prozess Bolton belastet Trump schwer
Seine Verbündeten im Senat wollen Donald Trump schon in dieser Woche freisprechen. Doch eine heikle Enthüllung könnte den Zeitplan durcheinanderwirbeln.
Im Impeachment-Prozess gegen Donald Trump beginnt eine entscheidende Woche. Geht es nach dem Präsidenten und seinen Verbündeten, könnte der Senat schon am Freitag oder Samstag sein Urteil fällen – wegen der Mehrheitsverhältnisse wird ein Freispruch Trumps erwartet.
Am Montag werden zunächst einmal Trumps Anwälte den Hauptteil ihres Eröffnungsplädoyers halten – in Washington erwartet man von ihnen heftige Angriffe auf die Demokraten, insbesondere auch gegen den Präsidentschaftskandidaten Joe Biden, gegen den Trump die ukrainische Regierung versucht hatte einzuspannen. Sie werden die Vorwürfe gegen Trump in der Ukraine-Affäre kategorisch ablehnen.
Doch am Vorabend ihres Auftritts überschatteten andere Schlagzeilen den Impeachment-Prozess. Eine neue Enthüllung könnte eine zentrale Verteidigungsstrategie der Anwälte durchkreuzen. Schließlich soll kein Geringerer als Trumps ehemaliger Nationaler Sicherheitsberater John Bolton den Präsidenten in der Ukraine-Affäre weiter belasten.
Die "New York Times" veröffentlichte am Sonntagabend (Ortszeit) einen Bericht, laut dem Trump Bolton im August gesagt habe, er wolle die 391 Millionen Dollar Militärhilfe an die Ukraine so lange zurückhalten, bis die dortigen Behörden ihm mit Ermittlungen gegen die Demokraten und gegen Biden helfen würden.
Der zentrale Vorwurf
Die Geschichte sorgt für großes Aufsehen, weil Bolton damit den zentralen Vorwurf im Amtsenthebungsverfahren bestätigen würde: nämlich dass Trump die öffentlichen Gelder missbrauchte, um seinen innenpolitischen Gegnern zu schaden. Trump hat diese Verknüpfung dementiert.
Außerdem ist Bolton derjenige, den die Demokraten unbedingt als Zeugen im Prozess vorladen wollen. Nach den ersten Berichten verstärkten sie ihre Forderungen, den Ex-Sicherheitsberater vorzuladen.
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Die Zeitung bezieht sich auf ein Buch, das der im September zurückgetretene Bolton zu veröffentlichen plant. Darin beschreibe er Trumps Äußerungen. Boltons Anwalt hatte tatsächlich im Dezember ein Manuskript der Regierung zur Überprüfung auf sensible Inhalte vorgelegt. Die "New York Times" beschreibt nun erstmals die Inhalte dieses Manuskripts.
Laut dem Bericht über Boltons Ausführungen wurde Trump etwa wochenlang von hochrangigen Regierungsvertretern, darunter Bolton, Außenminister Mike Pompeo und Verteidigungsminister Mark Esper, gedrängt, die vom Kongress genehmigten Gelder freizugeben. Bolton soll auch beschreiben, wie das Wirken von Trumps Privatanwalt Rudy Giuliani innerhalb der Regierung für Besorgnis sorgte.
Demokraten hoffen auf vier Republikaner
Mit der Enthüllung gewinnt die Frage der Zeugenvorladung, die ohnehin großen Raum im Prozess einnimmt, noch größere Bedeutung. Zum Prozessauftakt vergangenen Dienstag hatten die Republikaner mit ihrer Mehrheit Anträge der Demokraten dazu vorerst abgelehnt. Die Demokraten wollen neben Bolton auch Trumps Stabschefs Mick Mulvaney aussagen lassen.
Doch es dürfte neue Abstimmungen in der Sache geben, sobald die Eröffnungsplädoyers und die Fragerunden der Senatoren beendet sind. Nach Ende der Ausführungen von Trumps Anwälten haben die Senatoren 16 Stunden, um Fragen zu stellen. Dieser Teil des Verfahrens könnte schon am Mittwoch oder Donnerstag beendet sein. Lehnt die Kammer auch dann die Vorladung von Zeugen ab, könnte der Senat schnell sein Urteil über Trump fällen.
Die Demokraten hoffen jedoch, dass sie dann moderate Republikaner auf ihre Seite ziehen und so doch noch die Vorladung von Zeugen herbeiführen können. Der republikanische Senator Mitt Romney zeigte sich offen dafür. Dafür müssten mindestens vier Republikaner mit den Demokraten stimmen. Dann würde der Impeachment-Prozess deutlich länger dauern.
Kann das Weiße Haus die Aussage unterbinden?
Das Weiße Haus hatte Bolton und andere Beamte angewiesen, nicht mit der Impeachment-Untersuchung gegen den Präsidenten zu kooperieren. Bolton selbst sagte Anfang des Monats allerdings, er würde aussagen, wenn er eine offizielle Vorladung bekäme. Es ist umstritten, ob das Weiße Haus die Befugnis hat, seine Aussage zu unterbinden.
Vor der Bolton-Enthüllung waren in den vergangenen Tagen weitere belastende Indizien ans Tageslicht gekommen. Am Samstag veröffentlichten US-Medien ein offenbar heimlich aufgenommenes Video, das Trump weiter unter Druck bringen könnte.
In der Aufzeichnung von einem Abendessen mit Spendern im April 2018 ist der Präsident zu hören, wie er nachdrücklich die Entlassung seiner damaligen Botschafterin in Kiew, Marie Yovanovitch, fordert: "Werdet sie los", ist Trumps Stimme zu hören. "Schafft sie morgen raus." Ein Jahr später wurde Yovanovitch von ihrem Posten abberufen.
An dem Spenden-Dinner in einem Hotel nahmen auch der ukrainischstämmige Geschäftsmann Lev Parnas und sein Partner Igor Fruman teil, wie die Aufnahmen zeigen. Parnas hatte Trump in Interviews zuletzt stark belastet. Trump wiederum hatte behauptet, er kenne Parnas und Fruman nicht.
- Eigene Recherchen
- New York Times: Trump Tied Ukraine Aid to Inquiries He Sought, Bolton Book Says
- Nachrichtenagentur AFP