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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Trump und die Amtsenthebung Bleiben ihm die Republikaner treu?
Die Demokraten machen ernst mit ihrer Untersuchung der Ukraine-Affäre. Jetzt kommt es auf die Republikaner an. Insbesondere ein Senator rückt ins Zentrum der Aufmerksamkeit.
Die erste Taktik lautete, Zeit zu gewinnen. Als sich das berüchtigte Protokoll des Gesprächs von Donald Trump und Wolodomyr Selenskyj durch Washington und die weltweite Öffentlichkeit verbreitet hatte, reagierten zahlreiche Senatoren der Republikaner zunächst mit diesem Satz: "Habe ich noch nicht gelesen."
Das war am Mittwoch. Nun können sich Trumps Parteifreunde hinter ihrer Unkenntnis der ersten Stunden nicht mehr verstecken.
Die Demokraten machen ernst mit ihrer Untersuchung zu einer möglichen Amtsenthebung des Präsidenten. Die ersten Zeugen sind vorgeladen, die ersten Dokumente angefordert. Tag für Tag kommen neue Indizien ans Tageslicht, die Trump belasten.
Jetzt rückt die Frage ins Zentrum, wie die Republikaner sich verhalten werden. Denn die Demokraten können mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus Trump zwar anklagen. Doch um den Präsidenten tatsächlich aus dem Amt zu entfernen, braucht es die Republikaner.
Sie stellen im Senat mit 53 Sitzen die Mehrheit. Um die für ein Impeachment nötige Zweidrittelmehrheit zu erreichen, bräuchten die 47 Demokraten also 20 Überläufer. Diese Rechnung stellt sich allerdings erst, wenn es überhaupt so weit kommt, in vielen Monaten. Bis dahin kann noch viel passieren. Doch diese hypothetische Rechnung ist nur das eine.
Die Furcht vor Trumps Rache
Die andere Frage lautet, ob es jetzt republikanische Senatoren oder Abgeordnete geben wird, die der Impeachment-Untersuchung zusätzliche Kraft verleihen und es Trump erschweren werden, die Untersuchung zur Amtsenthebung als eine rein parteiische Aktion der Demokraten abzutun.
Die Republikaner stehen vor einem Dilemma: Wie problematisch Trumps Verhalten in der Ukraine-Affäre ist, dürfte den meisten von ihnen einleuchten. Andererseits stehen sie treu an Trumps Seite – zum einen, weil es zu ihrer Auffassung gehört, den eigenen Präsidenten zu unterstützten. Zum anderen, weil sie Trumps Rache an Abweichlern fürchten. Trump hat immerhin die Wählerbasis der Partei an seiner Seite – wer sich gegen Trump stellt, muss fürchten, abgestraft zu werden und sein Amt zu verlieren. Die wenigen republikanischen Trump-Kritiker, die es gab, traten deshalb gar nicht mehr an.
Die Argumentationshilfe des Weißen Hauses
Zwei Stränge im Umgang mit der Ukraine-Affäre zeichnen sich bereits ab. Es gibt treue Unterstützer wie Lindsay Graham, den Senator aus South Carolina, der sagt, Trump sei durch das Protokoll seines Telefonats mit Selenskyj entlastet. Es sei darin kein "Quid pro quo" zu erkennen, also keine unmittelbare Erpressung nach dem Motto: Ohne Ermittlung gegen Biden keine Militärhilfen.
Das deckt sich mit vorbereiteten Argumentationshilfen, die das Weiße Haus am Mittwoch verschickt hatte – in der Hektik des Tages allerdings nicht nur an Republikaner, sondern aus Versehen auch an Büros demokratischer Abgeordneter. So wurden sie umgehend öffentlich.
Neben der mehrheitlichen Linie gibt es auch Senatoren, die sich kritisch zu Trumps Verhalten geäußert haben. Der erste, der sich vorwagte, war Mitt Romney. "Extrem verstörend", sagte der frühere Präsidentschaftskandidat und heutige Senator aus Utah bereits am vergangenen Sonntag, als die Affäre noch nicht eskaliert war.
Der Anführer einer möglichen Revolte
Romney ist einer der wenigen, die Trump immer wieder kritisieren. Er tut dies stets auf äußerst vorsichtige Weise. Für die Republikaner, die mit Trump hadern, stellt er eine wichtige Stimme dar.
Nach seiner Positionierung wagten sich auch andere mit vorsichtigen Statements vor. Der Senator Ben Sasse sprach ganz ähnlich davon, dass die Enthüllungen "verstörend" seien. Andere wie der Senator aus Florida, Marco Rubio, sind noch vorsichtiger und sprechen von "ernsthaften Fragen", die die Affäre aufwerfe.
Romney steht im Fokus. Falls es zu einem innerparteilichen Aufstand gegen Trump kommen sollte, dürfte er diesen anführen. Wie weit wird seine Kritik reichen? Die Impeachment-Untersuchung befürwortet hat er bislang nicht.
Noch interessanter wird seine Positionierung durch den Umstand, dass ihn und Trump eine herzliche Antipathie verbindet. 2012 suchte der damalige Präsidentschaftskandidat Romney die Unterstützung des Noch-nicht-Politikers Trump, 2016 dann gab es niemanden in der Partei, der Kandidat Trump so deutlich kritisierte wie Romney. Das hat der Präsident ihm nie verziehen.
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Seit Romney vor einem knappen Jahr dann für den konservativen Staat Utah in den Senat gewählt worden ist, belauern sich die beiden argwöhnisch.
Gut für Romney: Seine Wiederwahl, die Trump hintertreiben könnte, steht erst im Jahr 2024 an.
- eigene Recherchen