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Die CDU nach dem Parteitag: Der Höllenritt des Matriarchats


Meinung
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Die CDU nach dem Parteitag
Der Höllenritt des Matriarchats

MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

09.12.2018Lesedauer: 5 Min.
Annegret Kramp-Karrenbauer nach ihrer Wahl zur CDU-Vorsitzenden: Bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland wird ihr Hass entgegenschlagen.Vergrößern des Bildes
Annegret Kramp-Karrenbauer nach ihrer Wahl zur CDU-Vorsitzenden: Bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland wird ihr Hass entgegenschlagen. (Quelle: imago-images-bilder)
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Die Stunde der Wahrheit schlägt für AKK 2019 bei den drei ostdeutschen Landtagswahlen. Kommt sie einigermaßen gut über die Runden, kann sie schon im Herbst Kanzlerin werden.

Die schönsten Tage liegen hinter der CDU. Sie gab sich einer demokratischen Wahl hin, sie verfügte über eine echte Alternative, die großen Worte flogen nur so durch den Saal – etwas, das größer ist als jeder einzelne; die Partei als Denkfabrik; die Schöpfung und Gottes Segen; der wahre Konservatismus; ein Kampf bis zum Umfallen. Die Siegerin zeigte Demut, der Verlierer zeigte Fairness, die scheidende Vorsitzende zeigte Größe.

Wenn eine Partei ein Herz hat, dann hat die CDU ein Herz. Das ist ziemlich erstaunlich für sie, die vor allem machtzentriert ist und sich damit von allen anderen Parteien unterscheidet. Dramen liefert sich in schöner Regelmäßigkeit die SPD, die durchaus machtvergessen sein kann. Zerreißproben mit Tränen und Jubelschreien kennen wir von den Grünen, die sich autistisch von der Welt dort draußen abwenden können, wenn sie auch momentan von souveränen Erwachsenen angeführt werden.

Die CDU, ein lebender Organismus

In Hamburg bot die CDU etwas von allem. Tränen und Jubel. Autismus und Dramen. Zerreißproben. Machtversessenheit und Machtvergessenheit. Sie wählte ein Matriarchat aus Angela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer – auf Zeit. Sie zog Kontinuität vor und beschwor in zahllosen Reden ein deutsches Monopol auf das Einhorn, womit gemeint ist, dass die CDU nicht untergehen will wie ihre italienischen und französischen und britischen Freunde.


Die CDU, das sind 400.000 Mitglieder. Im nächsten Jahr wird sie in Deutschland 50 von 70 Jahren regiert haben. Sie bildet einen lebenden Organismus und ist zu größeren Aufwallungen fähig. Sie ist hier und da noch Volkspartei, hat allerdings gewaltige Niederlagen ausgerechnet in Baden-Württemberg und Hamburg erlitten. Sie raffte sich in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein wieder auf. Sie ist nicht überall auf dem absterbenden Ast. Das ist gut so, vor allem für Deutschland.

Gemessen an der AfD ist die CDU geballte Seriosität

Gemessen an der SPD strahlt sie Kraft und Überlebenswillen aus. Gemessen an den Grünen ist sie nicht nur eine Partei der Besserverdienenden und der Bessergebildeten. Gemessen an der AfD ist sie geballte Seriosität. Wer sich für Deutschland Stabilität und Kontinuität wünscht, muss der CDU Glück wünschen.

Der geordnete Übergang liegt nun hinter ihr. Sie hat eine Kanzlerin und eine Vorsitzende. Die Tradition der Orientierung an der Macht sollte dazu führen, dass sich das Merz-Lager nach der Wundversorgung wieder auf das Wesentliche konzentriert. Dann kommt die zweite Etappe, der vollständige Rückzug der Kanzlerin. Wer auf sie folgen darf, hängt vom kommenden Jahr ab.

Im Osten war die CDU die Partei der Einheit

Wozu die neue Führung imstande ist, was sie kann und ob sie ihre Partei zu mobilisieren versteht, wird sich 2019 im Osten erweisen. Dort steht dem Matriarchat ein Höllenritt in Sachsen, Brandenburg und Thüringen bevor. Wie sie ihn hinter sich bringt, entscheidet über ihre Zukunft.

Nach der Wende war die CDU die Partei der Einheit und wurde im Osten dafür belohnt. Kurt Biedenkopf und Bernhard Vogel erlebten eine persönliche Wiederauferstehung. Schöne Zeit. Goldene Ernte. Viel ist davon nicht mehr übrig. In Sachsen und (Sachsen-Anhalt) stellt die CDU noch den Ministerpräsidenten. In Thüringen regiert Bodo Ramelow mit SPD und Grünen, in Brandenburg Dietmar Woidke (SPD) mit der Linken.

Die Verluste dürften dramatisch ausfallen

Bei den letzten Landtagswahlen in den drei Ländern lag die CDU zwischen 30 und 39 Prozent. Davon kann sie heute nur noch träumen. Die Verluste im nächsten Jahr dürften dramatisch ausfallen. Davon profitieren könnte ausschließlich die AfD. Die Grünen sind nur im Westen bärenstark.

Die Stunde der Wahrheit kommt im Herbst 2019.

AKK ist eine sympathische, kluge, besonnene Frau. Sie wird auf Wut und Hass und Bösartigkeit stoßen. Die AfD wartet nicht nur in Thüringen mit Prachtexemplaren wie Björn Höcke auf. Der Übergang zu Pegida ist fließend, der zur NPD lokal auch. Die Auseinandersetzungen im Wahlkampf werden hochunangenehm und vermutlich auch brutal ausfallen, gerade dann, wenn das westliche Establishment der CDU auf die östliche Verachtung der Eliten trifft. Die Erfahrung aus dem Saarland hilft da wenig.

Tomaten und Eier für Helmut Kohl in Halle

Im Mai 1991 flogen bei einer Veranstaltung auf dem Marktplatz in Halle Eier, Tomaten und Farbbeutel auf Helmut Kohl, der ja bekanntlich eine unübersehbare Figur abgab. Er war so wütend, dass er auf die Werfer losgehen wollte, woran ihn zuerst die Absperrgitter und dann seine Leibwächter hinderten. Der Vorfall war das erste Anzeichen für die Entfremdung zwischen dem Einheitskanzler, der blühende Landschaften versprochen hatte, und den Ostdeutschen, die ihm in Halle „Lügner“ entgegen schrieen.

Angela Merken musste weitaus Schlimmeres erdulden. Plakate, die sie am Galgen zeigten. Plakate, die sie in Nazi-Uniform mit Euro-Zeichen statt Hakenkreuz zeigten. Volksverräter-Geschrei. Verachtung und Verleumdung. All das ertrug sie in stoischer Haltung. Hinterher machte sie vergleichsweise feinsinnige Anmerkungen über Demokratie und ihre Verächter.

Wer bringt die Gröler zum Schweigen?

Körperliche Wut, wie sie Helmut Kohl erfasste, war ebenso verständlich wie sinnlos. Diskreter Umgang mit der Niedertracht, den Angela Merkel vorzog, war ebenso verständlich wie unbefriedigend.

Ich könnte keinen Ratschlag geben. Aber ich weiß, dass von der richtigen Antwort im richtigen Moment viel abhängt. Ich hoffe darauf, dass irgendjemand aus der CDU so viel Schlagfertigkeit aufbringt, dass er die Gröhler für eine Weile zum Schweigen bringt.

Diese Wahlen in den drei ostdeutschen Ländern werden über die Nachfolge der Kanzlerin entscheiden. Ich bin überzeugt davon, dass Angela Merkel danach zurücktreten wird. Damit übernimmt sie die Verantwortung für die Niederlagen, egal ob sie glimpflich oder krachend ausfallen. Außerdem ist es sinnvoll, knapp zwei Jahre vor der nächsten Bundestagswahl ihrem/ihrer Nachfolger/in die Zeit zum Einarbeiten zu geben.

Der CDU fehlt ein konservativer Gralsritter

Wer wird es sein? Übersteht sie den Höllenritt einigermaßen mit Bravour, ist AKK die nächste Kanzlerin. Übersteht sie ihn wenig mehr als kläglich, dürfte Armin Laschet zum Zuge kommen. Um diese Möglichkeit zu wahren, hielt er auf Abstand zu Friedrich Merz, der ohne Unterstützung aus Nordrhein-Westfalen so gut wie nicht gewinnen konnte.

Merz wird sich aus der Parteipolitik verabschieden. Dass er zum zweiten Mal gegen eine Frau verlor, bedeutet die Maximaldemütigung für ihn. Einen wie ihn braucht die CDU aber im Streit um die kulturelle Hegemonie mit der AfD.

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Paul Ziemiak ist ein großes Talent, aber zu jung für den Weltanschauungskampf, wie die neue Rechte die Auseinandersetzung mit der (aus ihrer Sicht) alten Rechten nennt. Jens Spahn kommt im Osten nicht gut an, das ist leider so. Der CDU fehlt ein älterer, konservativer Gralsritter mit Autorität.

Gut möglich, dass die Partei ihrem Friedrich Merz noch hinterher trauern wird. Aber er hat es eben wieder nicht erreicht, das Herz seiner Partei.

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