Seit Al Capone Debatte um Waffenrecht in USA tritt auf der Stelle
In den USA kommt es schon seit über 80 Jahren zu Schießereien. Die Debatte über schärfere Waffengesetze wird ebenso lang schon geführt. Doch einer grätscht bei schärferen Waffengesetzen jedesmal dazwischen – die Waffenlobby.
Es war 1934. Gangster mit automatischen "Tommy Guns" hatten im ganzen Land unzählige Menschen getötet. Selbst der Präsident hatte nur knapp ein Attentat überlebt. Fast alle Amerikaner waren sich einig, dass sich etwas ändern müsse. Auch die National Rifle Association (NRA) zeigte sich zunächst kompromissbereit. Das Tragen von Waffen solle "streng kontrolliert" werden und dürfe "nur mit Lizenzen" erlaubt sein, sagte der damalige Chef der Lobbygruppe, Karl Frederick, vor einem Kongressausschuss.
Al Capone brachte die Debatte ins rollen
Fünf Jahre nach dem berüchtigten Valentinstag-Massaker von 1929, bei dem Männer des Gangsterbosses Al Capone sieben Mitglieder einer rivalisierenden Bande töteten, wurde in Washington der "National Firearms Act" verabschiedet. Zum ersten Mal in der Geschichte der USA gab es damit eine umfassende Regelung zum Waffenbesitz. Allerdings wurde die Verbreitung von Maschinengewehren damit zwar besteuert, aber nicht unbedingt eingedämmt – geschweige denn verboten.
Das Gesetz war der erste große Erfolg der NRA. Die 1871 von zwei Veteranen des Amerikanischen Bürgerkriegs gegründete Organisation hatte es nicht nur geschafft, mit am Verhandlungstisch zu sitzen. Am Ende war es ihr sogar gelungen, viele entscheidende Passagen aus dem ursprünglichen Entwurf herauszustreichen. Zugleich hatte sich die umstrittene Waffenlobby in der US-Hauptstadt als überaus mächtiger Akteur etabliert.
Das Parkland-Massaker – die immer gleiche Debatte
Seit dem Parkland-Massaker vom Februar an einer Schule in Florida mit 17 Toten fordern Überlebende, dass die Abgeordneten in Washington ihre Verbindungen zur NRA kappen – und dass sie endlich etwas dagegen tun, dass Sturmgewehre wie die vom Angreifer in Parkland genutzte AR-15 legal erworben werden können. Im Grunde ist es aber genau die gleiche Debatte wie schon 1934. Und ob der Ausgang diesmal ein anderer sein wird, ist fraglich.
"Die Amerikaner bestanden auch damals auf ihr Recht, zum persönlichen Schutz im eigenen Haus eine Waffe zu haben", sagt Adam Winkler, Professor an der University of California in Los Angeles und Autor des Buches "Gunfight: The Battle over the Right to Bear Arms in America". "Allerdings gingen sie nicht von einem Recht auf den Besitz der tödlichsten Formen von Waffen aus."
Die Maschinenpistole Thompson wurde in den 1920er-Jahren als ideale Waffe zur Selbstverteidigung vermarktet. Trotz der Zusicherung des Herstellers, sie nur "an verantwortungsvolle Beteiligte und nach deren genauer Prüfung" zu verkaufen, gelangten viele der "Tommy Guns" aber schnell in die Hände von Bankräubern und anderen Kriminellen. Sogenannte Mobster wie Al Capone, John Dillinger oder George Kelly terrorisierten bald die ganze Nation. Im Februar 1933 wurden in Miami fünf Schüsse auf den designierten Präsidenten Franklin D. Roosevelt abgefeuert.
Es kommt drauf an, wer die Waffe trägt
Die Anhörungen zum National Firearms Act begannen im April 1934. Ursprünglich war eine Registrierungspflicht für sämtliche Schusswaffen vorgesehen. Es gab sogar Überlegungen, dies mit Fingerabdrücken zu verbinden und auch jeden Weiterverkauf verfolgen zu lassen. Doch dann schaltete sich die NRA ein. Vize-Cheflobbyist Milton Reckord warf der Regierung vor, "unter dem Vorwand eines Steuerbescheids" eine rigide Waffenregulierung anzustreben und warnte davor, per Gesetz "15 Millionen Sportler zu Kriminellen" zu machen. Ein Revolver sei "nur in der Hand des Gauners gefährlich", sagte er – nicht "in der Hand des ehrlichen Bürgers".
Trotz der zunächst signalisierten Kompromissbereitschaft habe die NRA damals das getan, was sie bis heute stets tue, sagt der Historiker Patrick Charles. Schon 1934 sei jeder Versuch, maßgebliche Einschränkungen durchzusetzen, entschlossen bekämpft worden. Am Ende hätten die Lobbyisten die Formulierung des Gesetzes an sich gerissen und alles nach den eigenen Vorstellungen gestaltet, betont Charles, der gerade das Buch "Armed in America: A History of Gun Rights from Colonial Militias to Concealed Carry" veröffentlicht hat.
NRA lässt nicht locker
In den folgenden acht Jahrzehnten führten Massenmorde, Anschläge und Phasen ausufernder Kriminalität immer wieder zu Anpassungen der amerikanischen Waffengesetze. Einschneidende Veränderungen konnte die NRA aber jedes Mal verhindern. Wie so viele war Charles 2012 nach dem Amoklauf an einer Grundschule in Newtown in Connecticut davon ausgegangen, dass eine Verschärfung des Waffenrechts nun unvermeidlich sei. Doch nicht einmal nach diesem Massaker, bei dem 26 Schüler und Lehrer getötet wurden, ließ die NRA locker.
Die Überlebenden des jüngsten Massakers in Parkland in Florida sind entschlossen, diesmal mehr zu erreichen. Sie fordern ein komplettes Verbot von Sturmgewehren, die der Highschool-Schüler Samuel Zeif bei einem Treffen mit Präsident Donald Trump im Weißen Haus als "Kriegswaffen" bezeichnete. Der Waffenlobbyist Alan Gottlieb, Gründer der "Second Amendment Foundation", spricht von den Parkland-Schülern zwar als "sehr sympathische Botschafter" ihrer Sache, räumt ihnen aber nur geringe Chancen ein. Keine Lobbygruppe werde ein Verbot akzeptieren, sagt er.
- AP