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US-Wahl: Donald Trump und rechte Milizen – bewaffnete Gruppen gewinnen an Einfluss


Rechte Milizen in den USA
Die nächste Wahl "entscheidet sich an der Munitionskiste"

Von t-online, sic

19.08.2024Lesedauer: 4 Min.
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Ein Mitglieder einer Miliz in Austin (Archivbild): Bewaffnete Gruppen haben in den USA nach dem Sturm aufs Kapitol an Einfluss gewonnen. (Quelle: Bob Daemmrich via www.imago-images.de/imago)
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Am Sturm auf das US-Kapitol im Januar 2021 wirkten auch bewaffnete Milizen mit. Drei Jahre später ist die Gefahr der Gruppen nicht gebannt – im Gegenteil, so scheint es.

Der 6. Januar 2021 hat sich in das kollektive Gedächtnis der USA eingebrannt. Anhänger des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump hatten das Kapitol in der Hauptstadt Washington gestürmt und versucht, so die Bestätigung des Wahlsiegs von Joe Biden zu verhindern. Bis zu 1.200 Aufrührer drangen in den Sitz des US-Kongresses ein und unterbrachen die Sitzung stundenlang. Fünf Menschen kamen im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Aufstand ums Leben.

Zu den Aufständischen gehörten auch zahlreiche Mitglieder rechter Milizen, die in den USA weitverbreitet sind. Sie führten den wütenden Mob an, der zuvor vom damals noch amtierenden Präsidenten Trump nahe dem Weißen Haus mit Falschbehauptungen über einen Wahlbetrug aufgestachelt worden war und dann zum Kapitol zog. Dazu gehörten Gruppierungen wie die "Proud Boys", die "Oath Keepers" oder die "American Patriots Three Percent".

"Die nächsten Wahlen werden nicht an der Wahlurne entschieden"

Einige der Milizionäre wurden infolge des Kapitolsturms verurteilt, andere aber sind weiter auf freiem Fuß – und warten offenbar weiter auf den richtigen Moment, um ihre rechtsradikalen Machtfantasien umzusetzen. Wenn nötig, wohl auch mit Waffengewalt. Bald könnte dieser Moment erreicht sein: Am 5. November wählen die US-Amerikaner erneut einen neuen Präsidenten. Wieder tritt Donald Trump an, dieses Mal gegen die amtierende US-Vizepräsidentin Kamala Harris. Umfragen prognostizieren derzeit leichte Vorteile für Harris.

Video | Donald Trump spricht von "Putsch" gegen Joe Biden
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Quelle: reuters

Obwohl US-Sicherheitsbehörden die Milizen in den vergangenen Jahren zunehmend verfolgten, konnten jedoch besonders die "American Patriots Three Percent" (AP3) weitgehend im Verborgenen weiter wachsen und an Einfluss gewinnen. Die bewaffnete Gruppe gehört landesweit zu den größten ihrer Art. Das berichtet das US-Investigativportal "ProPublica". Und die Milizionäre scheinen überzeugt, dass die Demokraten einen Wahlbetrug begehen wollten, um Donald Trump am Einzug ins Weiße Haus zu hindern.

"Die nächsten Wahlen werden nicht an der Wahlurne entschieden", schrieb dem Bericht zufolge ein führendes AP3-Mitglied vor einigen Monaten im Kurznachrichtendienst Telegram. "Sie werden an der Munitionskiste entschieden", fügte die Person demnach hinzu. Der Milizionär gab zudem an, in Wahlzentren eindringen zu wollen oder zu tun, "was auch immer nötig ist".

Neustart nach dem 6. Januar 2021

"ProPublica" hat für die Recherche mehr als 100.000 interne Nachrichten und knapp zwei Dutzend Interviews mit ehemaligen und aktiven AP3-Mitgliedern ausgewertet. Demnach hat die bewaffnete Gruppe in den vergangenen Jahren Allianzen innerhalb der Strafverfolgungsbehörden des Landes aufgebaut und zahlreiche Mitglieder hinzugewinnen können. Viele der neuen Mitstreiter hätten sich bereits wenige Monate nach dem Kapitolsturm gemeldet und den Aufruhr als Motivation zur Teilnahme angegeben.

Der Kapitolsturm war dem Bericht zufolge für Milizen ein Schlüsselmoment: Einerseits wirkten sie angezählt, weil der Aufruhr aus ihrer Perspektive keine Früchte getragen und sie in den Fokus der Strafverfolgungsbehörden gerückt hatte. "Das Ereignis vom 6. Januar ließ die Bewegung schwach und unengagiert aussehen", heißt es in der Nachricht eines Milizionärs. Andererseits aber schuf der 6. Januar offenbar einen Opfermythos, der vor allem der AP3 nur wenige Monate nach dem Kapitolsturm eine Welle an Beitritten einbrachte.

Infolge turbulenter Monate begann die AP3 ihre Vorgehensweise zu überdenken. Weil das soziale Netzwerk Facebook infolge des Kapitolsturms verstärkt gegen Rekrutierungsversuche von Milizen vorging, mussten diese ihre Taktiken verschleiern. Nur wenige Monate nach dem 6. Januar gelang es so offenbar, die Rekrutierung neuer Mitglieder über die Plattform wieder anzukurbeln. Laut Recherchen der Plattform "Wired" soll es noch immer gut 200 Gruppen und Profile geben, die Mitglieder für mehrere Milizen rekrutieren.

Enge Beziehungen zu Mitgliedern von Sicherheitsbehörden

Darüber hinaus gingen lokale AP3-Anführer offenbar dazu über, Kontakte innerhalb der Sicherheitsbehörden aufzubauen. Manche der Mitglieder waren bereits Polizisten oder Soldaten. Sie wurden dazu aufgerufen, Kollegen und Kameraden von der Arbeit der Milizen zu überzeugen. Gleichzeitig setzte sich AP3 offenbar bei Sheriff-Wahlen aktiv für ihnen wohlgesinnte Kandidaten ein und verhalf ihnen zum Amt.

Zudem schickte AP3 Mitglieder an die mexikanische Grenze, um die Bundesbehörden bei der Verfolgung illegaler Migration zu unterstützen. Gut anderthalb Jahre lang patrouillierten sie so in Texas an der Grenze, nahmen Migranten fest und übergaben diese dann an den Grenzschutz. Die lokalen Sicherheitsbehörden tolerierten die privaten Milizen dabei.

Gleichzeitig scheinen sich die Milizen in den USA in den vergangenen Jahren weiter radikalisiert zu haben. Im Falle der AP3 führte dies sogar zur Splitterung der Gruppierung. Laut dem "ProPublica"-Bericht haben mehrere ehemalige oder aktive Mitglieder angegeben, dass der nationale Anführer und Gründer, Scot Seddon, direkt nach dem 6. Januar mit Aufrufen zu Gewalt vorsichtig gewesen sei. Ab der Beitrittswelle im Spätsommer 2021 aber habe er dies abgelegt.

AP3 zersplitterte in kleinere Gruppen

So soll Seddon seine Rhetorik vor allem gegen Nichtweiße verschärft und Verschwörungserzählungen angehangen haben. Gleichzeitig seien viele neue Mitglieder der Miliz radikaler aufgetreten als die Männer, die schon länger der AP3 angehörten. Immer wieder berichteten sie über Gewaltaufrufe und Aufrufe zum Bürgerkrieg.

Seddon stolperte letztlich über ein Lügengeflecht, das er über Jahre hinweg aufgebaut hatte. Seine angebliche Teilnahme an der Operation Desert Storm des US-Militärs im Golfkrieg 1991 stellte sich als falsch heraus. Zudem begannen die Strafverfolgungsbehörden, gegen eine Organisation zu ermitteln, über die Seddon verdeckt Spenden für AP3 gewinnen wollte.

Infolgedessen zersplitterte die Miliz in viele kleinere Gruppen. Einst soll sie in bis zu 48 von 50 US-Bundesstaaten aktiv gewesen sein und Zehntausende Mitglieder gehabt haben. Jetzt bestehe die Organisation noch aus rund zehn Untergruppen, heißt es. Ehemalige Mitglieder sollen sich zudem einfach anderen Gruppierungen angeschlossen haben, die ähnliche Ziele verfolgen.

Die Gefahr, die von den Milizen ausgeht, ist also nicht gebannt – im Gegenteil. Im Zuge des Attentats auf Donald Trump gewinnen die bewaffneten Gruppen wohl wieder an Einfluss. Zudem birgt eine nicht unwahrscheinliche Niederlage Donald Trumps bei den Wahlen im November erneut das Potenzial eines gewalttätigen Eingreifens der Milizen, dieses Mal möglicherweise besser organisiert und vernetzt als noch vor drei Jahren.

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