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USA: Chaos im Kongress – Das Ende von McCarthy hat Folgen für die Ukraine


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Verteidigungskampf der Ukraine
Das ist bedrohlich


Aktualisiert am 05.10.2023Lesedauer: 4 Min.
imago images 0305094517Vergrößern des Bildes
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin im Gespräch mit Wolodymyr Selenskyj (Archivbild): Bisher waren die USA ein verlässlicher Partner der Ukraine. (Quelle: IMAGO/Chad Mcneeley/Dod)

Nach der Absetzung von Kevin McCarthy im US-Repräsentantenhaus ist der Richtungsstreit bei den Republikanern vollständig entbrannt. Das könnte vor allem die Ukraine betreffen.

"Der Boden des Fasses ist jetzt sichtbar." So umschrieb es Rob Bauer, Vorsitzender des Nato-Militärausschusses, am Dienstag in Warschau. Mit dem Fass waren die Vorräte an Waffen und Munition gemeint, die der Westen bisher der Ukraine zur Verfügung gestellt hatte.

Bauer sagte, es sei "großartig", dass man Waffensysteme an die Ukraine geliefert habe. Allerdings seien die Lager in Europa eben nie voll, sondern schon zu Beginn der russischen Invasion eher halb voll bis leer gewesen – und jetzt sei eben ein kritischer Punkt erreicht.

Gut möglich ist, dass das Fass erst mal weiter leer bleibt: Denn nicht nur in Europa, sondern auch in den USA ist es fraglich, wann und in welchem Umfang die nächsten Unterstützungspakete geschnürt werden können. Am Wochenende hatte sich das US-Repräsentantenhaus auf einen Übergangshaushalt bis zum 17. November geeinigt, der vorerst keine weiteren Hilfen für die Ukraine vorsieht.

Diese Einigung sorgte dann jedoch für eine historische Revolte innerhalb der Republikanischen Partei, die in der Absetzung von Kevin McCarthy mündete, dem bisherigen Vorsitzenden der Kongresskammer. Mehr dazu lesen Sie hier. Bedeutet der Sturz der Nummer drei im Staat, dass auch die Hilfen jetzt versiegen könnten?

Militärisch hat bisher kein anderes Land die Ukraine auch nur im Ansatz mehr unterstützt als die USA: Erst Ende September wurden bei einem Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj weitere Waffen, Munition und sonstige Ausrüstung im Wert von umgerechnet 305 Millionen Euro zugesagt. Insgesamt belaufen sich die Militärhilfen der Amerikaner zurzeit auf rund 42 Milliarden Euro.

Biden will keine Kurskorrektur

Die US-Regierung betonte nach den Turbulenzen im Kongress nahezu demonstrativ, dass man keine Kurskorrektur vornehmen wolle: Präsident Joe Biden beriet sich noch am Dienstag in einer Schalte mit zahlreichen westlichen Partnern und der Nato über die weitere Ukraine-Strategie.

Laut der Nachrichtenagentur Reuters habe Biden in dem Gespräch betont, dass die USA die Ukraine weiter unterstützen wollen. Vor allem für den kommenden Winter müsse man sich jetzt rüsten. Ähnlich äußerten sich auch die deutsche und britische Regierung. Außenministerin Annalena Baerbock hatte zuletzt von einem "Winterschutzschirm" gesprochen, den die Unterstützerländer jetzt über der Ukraine spannen sollten.

 
 
 
 
 
 
 

Problematisch ist für die Ukraine auch, dass vorerst nicht nur die militärische Unterstützung, sondern auch alle weiteren Gelder aus den USA ausbleiben. Damit werden seit Beginn der russischen Invasion die Gehälter der vielen staatlichen Beamten mitgezahlt. Laut dem "Wall Street Journal" betrifft der Ausfall unter anderem rund 150.000 Beamte sowie eine halbe Million Lehrer, Professoren und weitere Angestellte im Schulsystem. "Ich sehe keine Alternativen – die US-Finanzierung ist entscheidend für das Überleben der Ukraine", sagte Bill Taylor, ehemaliger Botschafter in der Ukraine und derzeitiger Vizepräsident des vom Kongress finanzierten US Institute of Peace, der Zeitung.

Was kann die EU kompensieren?

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft beziffert die weitere Summe, welche die USA etwa für ukrainische Behörden ausgegeben haben, auf fast 24 Milliarden Euro. Spitzenreiter sind bei dem Posten allerdings die verschiedenen Organe der Europäischen Union, die bisher rund 77 Milliarden Euro gezahlt haben. Denkbar ist, dass andere Länder und die EU in den kommenden Wochen und Monaten hier ihre Ausgaben noch weiter erhöhen könnten. Theoretisch wäre das in jedem Fall einfacher als bei der militärischen Unterstützung: Denn Militär- und Sicherheitsexperten sind sich einig, dass im Rüstungsbereich kein anderes Land die USA ersetzen könnte.

Doch wie soll es nach dem Sturz von McCarthy im Repräsentantenhaus weitergehen? Es dürfte auch davon abhängen, wie sich die Republikaner jetzt aufstellen – und wer McCarthy an der Spitze des Repräsentantenhauses dauerhaft ersetzen wird. Für den Übergang übernahm der Republikaner Patrick McHenry die Geschäfte. Seine Amtszeit ist allerdings zunächst auf drei Tage begrenzt – eine Dauerlösung wird er Stand heute wohl nicht.

Bessere Aussichten werden dagegen der bisherigen Nummer zwei hinter McCarthy, Steve Scalise, ausgerechnet: Denn der hat in Matt Gaetz einen wichtigen Fürsprecher. Es waren Gaetz und der rechte Flügel der Republikaner, die den Sturz McCarthys eingeleitet hatten.

Doch würde Scalise auch künftige Ukraine-Hilfen blockieren? In seiner bisherigen Arbeit als US-Abgeordneter fiel er nicht als radikaler Gegner der US-Militärhilfen aus: Die Initiative "Republicans for Ukraine", die jeden Abgeordneten der Partei in ihrer Haltung zur Ukraine bewertet, stellte Scalise bisher die Note B aus, also auf Deutsch eine Zwei. McCarthy erhielt von dem Portal eine Zwei Minus, Gaetz dagegen wurde bisher eine glatte Sechs ausgestellt.

Trump unzufrieden

Die unterschiedlichen Bewertungen zeigen auch: Gaetz und seine Mitstreiter haben McCarthy nicht allein wegen der Ukraine-Politik aus dem Amt gejagt. Die Fehde der beiden war auch maßgeblich eine persönliche. Nach der Abstimmung sagte Gaetz, der Vorsitzende sei gestürzt, "weil niemand Kevin McCarthy vertraut". Er fügte hinzu: "Es ist im Interesse dieses Landes, dass wir einen besseren Speaker als Kevin McCarthy haben."

Wer indes auch immer auf dem Stuhl McCarthys Platz nehmen wird, muss sich mit dem gleichen Dilemma herumschlagen: Auf der einen Seite werden die republikanischen Hardliner weiter ihre Interessen geltend machen wollen. Gleichzeitig wird der oder die Neue auch weiter Kompromisse mit den Demokraten schließen müssen, was wiederum den rechten Hardlinern verkauft werden muss.

Die Unruhen innerhalb der Republikaner führten auch zu einem Ordnungsruf aus einer eher ungewohnten Ecke: "Warum kämpfen die Republikaner eigentlich immer gegeneinander und nicht gegen die linksradikalen Demokraten, die unser Land zerstören?", fragte der Ex-Präsident Donald Trump auf seiner eigenen Online-Plattform Truth Social.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters und AFP
  • theguardian.com: "What does speaker Kevin McCarthy’s ousting mean for US aid to Ukraine?" (englisch)
  • ifw-kiel.de: "Ukraine Support Tracker"
  • cnn.com: "Western ammo stocks at ‘bottom of the barrel’ as Ukraine war drags on, NATO official warns" (englisch)
  • state.gov: "U.S. Security Cooperation with Ukraine" (englisch)
  • wsj.com: "U.S. Funding Cutoff Threatens Ukraine’s Economic Stability" (englisch)
  • gopforukraine.com: "GOP Congressional Report Card" (englisch)
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