Zweifel an Spionagevorwurf Stammen die abgeschossenen Flugobjekte doch nicht aus China?
Woher kommen die drei Flugobjekte, die US-Jets in den letzten Tagen abschossen? Die Spur scheint nun nicht mehr zwingend nach China zu führen.
Die drei vom US-Militär abgeschossenen rätselhaften Flugobjekte sind nach ersten Erkenntnissen aus Washington nicht Teil einer Spionageballon-Flotte aus China. Es gebe bisher außerdem keinen eindeutigen Hinweis darauf, dass die Flugobjekte zu Spionagezwecken unterwegs gewesen seien, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Dienstag. Man wisse aber noch nicht, woher die Objekte stammten und was ihre Mission gewesen sei. Ihre Überreste seien immer noch nicht gefunden worden. "Die Möglichkeit, dass es sich um Ballons handelt, die einfach an kommerzielle Einrichtungen oder Forschungseinrichtungen gebunden und daher harmlos sind, wird nicht ausgeschlossen", betonte Kirby.
Nachdem das US-Militär am 4. Februar einen mutmaßlichen chinesischen Spionageballon abgeschossen hatte, holte es seit Freitag drei weitere bisher nicht identifizierte Flugobjekte vom Himmel. Eines wurde über Alaska abgeschossen, eines über Kanada und eines über dem Huronsee, der zu den Großen Seen im Norden der USA an der Grenze zu Kanada gehört. Zuvor hatten die USA China beschuldigt, mit Ballons ein Überwachungsprogramm zu betreiben und mehr als 40 Länder ins Visier genommen zu haben. China weist die Vorwürfe zurück und spricht von einer "Überreaktion" seitens der USA. Der abgeschossene Ballon sei ein Forschungsballon aus China gewesen, der durch "höhere Gewalt" weit vom Kurs abgekommen sei.
Radarsysteme angepasst
Offen blieb nun, wann es endgültige Informationen zu den drei abgeschossenen rätselhaften Flugobjekten geben wird. Man könne ziemlich sicher ausschließen, dass es sich um Objekte der US-Regierung handele, sagte Kirby. Das Wetter und die geografischen Bedingungen erschwerten die Suche nach den Trümmern. Eines der Objekte war vor Alaska auf Meereis gekracht, ein anderes liegt am Grunde des Huronsees. US-Generalstabschef Mark Milley gestand am Dienstag ein, dass die erste Rakete, die am Sonntag über dem Huronsee abgefeuert worden sei, ihr Ziel verfehlte. "Ja, der erste Schuss ging daneben", sagte Milley bei einer Pressekonferenz in Brüssel.
Das Weiße Haus lieferte nun außerdem eine Erklärung für die Abschüsse in kurzer Zeit. Das Nordamerikanische Luftverteidigungskommando Norad habe die Radarsysteme nach dem Vorfall mit dem mutmaßlichen chinesischen Spionageballon angepasst, sagte Kommunikationsdirektor Kirby. Die Empfindlichkeit der Systeme sei erhöht worden, um mehr Objekte zu identifizieren, die langsam und klein seien sowie hoch fliegen würden.
Mehr Erfolg als bei den drei rätselhaften Flugobjekten hatte die US-Marine bei der Bergung des mutmaßlichen chinesischen Überwachungsballons, der vor gut einer Woche vor der US-Atlantikküste abgeschossen worden war. Suchtrupps ist es gelungen, erste Teile des Ballons vom Meeresgrund an die Oberfläche zu bringen. "Wir lernen von den Trümmern, die wir gerade vom Grund des Atlantiks hochziehen", sagte Kirby. Er erneuerte seine Vorwürfe gegen China: "Es handelt sich um eine konzertierte Aktion der Chinesen, diese spezielle Art von Plattform zur Überwachung und zur Sammlung von Informationen zu nutzen."
Treffen in München?
Kirby betonte, dass der abgeschossene Ballon nicht der erste über US-Territorium gewesen sei. Es habe mindestens drei Flüge während der Amtszeit von Ex-Präsident Donald Trump gegeben. Mindestens ein weiterer Ballon sei zu Beginn der Amtszeit von Präsident Joe Biden unterwegs gewesen. Der große Unterschied zu dem abgeschossenen Ballon sei gewesen, dass die vorherigen den US-Luftraum nicht über so eine lange Zeitdauer überflogen hätten.
Angesichts der angespannten Stimmung zwischen Peking und Washington gab es Gerüchte über ein mögliches Treffen zwischen Chinas oberstem Außenpolitiker Wang Yi und US-Außenminister Antony Blinken am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz, die am Freitag beginnt. China bestätigte eine solche Zusammenkunft nicht. Zuvor hatten US-Medien berichtet, dass Blinken eine solche Begegnung in Erwägung ziehe. Es wäre das erste Spitzentreffen der höchsten Außenpolitiker beider Länder, nachdem Blinken Anfang des Monats einen geplanten Besuch in China wegen des mutmaßlichen chinesischen Spionageballons über den USA kurzfristig abgesagt hatte.
- Nachrichtenagentur dpa