"Ernste Eskalation" Nach Raketentests: USA erhöhen Druck auf Nordkorea
Nordkorea provoziert regelmäßig mit Raketentests. Die US-Regierung legt nun neue Erkenntnisse zu den beiden jüngsten Starts offen und spricht von einer ernsten Eskalation. Das soll Konsequenzen haben.
Die jüngsten Raketentests Nordkoreas stehen nach Einschätzung der US-Regierung im Zusammenhang mit der Arbeit Pjöngjangs an einem neuen Interkontinental-Raketensystem. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, erklärte am Donnerstag (Ortszeit) in Washington, nach einer Analyse der Starts ballistischer Raketen Ende Februar und Anfang März gehe man davon aus, dass es dabei um ein neues Interkontinental-Raketensystem gegangen sei, das Nordkorea entwickele.
Die Tests hätten nicht in voller Reichweite stattgefunden. Zweck sei vermutlich gewesen, "dieses neue System zu evaluieren, bevor in Zukunft ein Test mit voller Reichweite durchgeführt wird".
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Ein hochrangiger Mitarbeiter der US-Regierung nannte die Tests eine "ernste Eskalation" durch Nordkorea. "Diese Starts sind ein dreister Verstoß gegen mehrere Resolutionen des UN-Sicherheitsrates."
Als Reaktion darauf werde das US-Finanzministerium an diesem Freitag neue Strafmaßnahmen gegen Nordkorea verkünden. "In den kommenden Tagen wird es eine Reihe weiterer Maßnahmen geben", kündigte der US-Regierungsvertreter an, ohne konkreter zu werden. Das Pentagon teilte außerdem mit, das US-Kommando für den indopazifischen Raum habe in dieser Woche verstärkte geheimdienstliche Aufklärungsaktivitäten im Gelben Meer angeordnet - sowie eine erhöhte Bereitschaft der ballistischen Raketenabwehrkräfte in der Region.
Unruhe in Region wegen Raketentests
Nordkorea hatte zuletzt durch Raketentests in der Region erneut für Unruhe gesorgt. Nach Angaben seiner Nachbarn Südkorea und Japan feuerte das isolierte Land Anfang März eine ballistische Rakete in Richtung offenes Meer ab. Nordkorea selbst sprach von einem weiteren wichtigen Test in der Entwicklung eines Erdbeobachtungssatelliten. Bereits Ende Februar hatte Nordkorea nach Angaben von Japan und Südkorea eine mutmaßliche ballistische Rakete gestartet und später von einem Test für die Satelliten-Entwicklung gesprochen.
Der US-Regierungsbeamte sagte, man habe sich entschieden, nun die eigenen Erkenntnisse zu den beiden Tests von Februar und März öffentlich zu machen, weil die internationale Gemeinschaft mit einer Stimme sprechen müsse, um sich der weiteren Entwicklung solcher Waffen durch Nordkorea entgegenzustellen. Die neuen Schritte Washingtons sollten Pjöngjang deutlich machen, "dass diese rechtswidrigen und destabilisierenden Aktivitäten Konsequenzen haben, dass die internationale Gemeinschaft diese Handlungen nicht als normal akzeptieren wird, und vor allem, dass der einzige gangbare Weg für Nordkorea in diplomatischen Verhandlungen besteht".
Kirby sagte, das neue Interkontinental-Raketensystem sei erstmals im Oktober 2020 bei einer Militärparade in Nordkorea enthüllt worden. Experten der auf Nordkorea spezialisierten Nachrichtenseite "38 North" des Stimson Center in den USA hatten damals geschrieben, die neue Interkontinentalrakete, vermutlich eine Hwasong-16, scheine etwa 25 bis 26 Meter lang und damit 4 bis 4,5 Meter länger als die Hwasong-15 zu sein, die im November 2017 getestet worden war.
Nutzt Nordkorea den Krieg, um Druck auszuüben?
Der Streit um das nordkoreanische Atomprogramm gehört seit Jahren zu den gefährlichsten Konflikten der internationalen Politik. Die Spannungen hatten sich 2017 deutlich verschärft, nachdem das Land mehrfach Raketen und eine weitere Atombombe getestet und damit gegen UN-Resolutionen verstoßen hatte. Die Resolutionen untersagen dem Land die Erprobung solcher Raketen, die je nach Bauart auch einen Atomsprengkopf tragen können. Ziel Pjöngjangs war stets, eine Interkontinentalrakete zu entwickeln, die die USA erreichen kann.
Experten spekulieren seit Längerem, dass Nordkorea den Ukraine-Krieg ausnutzen könnte, um mehr Druck auf die USA auszuüben, damit diese konkrete Vorschläge für neue Verhandlungen vorlegen. Die Gespräche der US-Regierung mit Pjöngjang über dessen Atomwaffenprogramm kommen schon seit drei Jahren nicht mehr voran.
Der US-Regierungsvertreter betonte, die USA bemühten sich weiter um einen diplomatischen Weg und seien zu Treffen ohne Vorbedingungen bereit. Auch US-Präsident Joe Biden selbst habe klar gemacht, dass er offen dafür sei, mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un zu sprechen, sobald eine ernsthafte Vereinbarung auf dem Tisch liege, die auf Verhandlungen auf Arbeitsebene beruhe. Der Beamte beklagte jedoch, Nordkorea reagiere weiter nicht auf die Bemühungen der USA.
- Nachrichtenagentur dpa