Eskalation mit Belarus Polen will Grenze "mit allen Mitteln schützen" – 100 Festnahmen
Seit Wochen ist die Situation an der belarussisch-polnischen Grenze angespannt. Polens Ministerpräsident hat nun in die Zukunft geblickt und droht Belarus, "keinen Schritt zu weit zu machen".
Polnische Sicherheitskräfte haben in der Nacht zum Donnerstag rund hundert Migranten an der Grenze zu Belarus festgenommen. Die Flüchtlinge hätten versucht, die Grenze nach Polen zu überqueren, teilte das Verteidigungsministerium in Warschau mit. "Belarussen drängten die Migranten, polnische Soldaten zur Ablenkung mit Steinen zu bewerfen", teilte das Ministerium weiter mit.
In Belarus befinden sich nach Angaben der Führung in Minsk derzeit rund 7.000 Migranten. 2.000 davon seien an der Grenze zu Polen, sagte Präsidenten-Sprecherin Natalja Eismont am Donnerstag und kündigte an, Belarus werde 5.000 Menschen zurück in ihre Heimat schicken. Zugleich sagte die Sprecherin, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werde mit der EU über die Schaffung eines "humanitären Korridors nach Deutschland" für die anderen 2.000 Migranten an der Grenze verhandeln, wofür es von deutscher Seite zunächst keine Bestätigung gab.
"Situation wird immer bedrohlicher"
Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hatte zuvor erklärt, er befürchte eine Eskalation des Konflikts mit Belarus. "Die Situation ist derzeit stabil, aber sie wird immer bedrohlicher", sagte Morawiecki der "Bild"-Zeitung vom Donnerstag. "Ich hoffe, alle behalten die Nerven", fügte der polnische Regierungschef vor einem Besuch von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in Warschau hinzu.
"Die belarussischen Kräfte provozieren immer deutlicher", sagte Morawiecki in dem Interview. "Ich hoffe, sie machen dabei nicht den einen Schritt zu weit. Denn wir Polen sind fest entschlossen, unsere Grenze mit allen Mitteln zu schützen. Die Ostgrenze Europas und auch der Nato."
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Auf die Frage, ob Krieg drohe, sagte Morawiecki: "Wir können nichts ausschließen." Der belarussische Staatschef Alexander Lukaschenko und der russische Präsident Wladimir Putin folgten "offensichtlich einer Strategie, um den Westen zu verunsichern, zu destabilisieren. Was sie noch alles planen, wissen wir nicht". Möglich sei auch, "dass die Krise an der Grenze nur ablenken soll von neuen militärischen Angriffen, die Putin in der Ukraine vorbereitet".
Morawiecki warnt vor neuer Flüchtlingskrise
Er hoffe dennoch, "dass der internationale Druck wirkt und es bei den rund 20.000 Zuwanderern bleibt, die jetzt in Belarus sitzen", sagte der polnische Regierungschef. "Wenn der Zustrom gestoppt wird, könnte auch die EU helfen, diese Menschen in ihre Heimat zurückzufliegen."
Morawiecki warnte in diesem Zusammenhang auch vor einer neuen Flüchtlingskrise in Europa. "Wenn wir nicht in der Lage sind, jetzt tausende Zuwanderer fernzuhalten, dann werden es bald Hunderttausende sein, Millionen, die Richtung Europa kommen", sagte er der "Bild"-Zeitung. "Wenn wir unsere Grenzen in Europa nicht entschieden schützen und verteidigen, werden hunderte Millionen aus Afrika oder dem Mittleren Osten versuchen, nach Europa und insbesondere nach Deutschland zu kommen."
Polen beweise derzeit am Grenzzaun zu Belarus, dass es möglich sei, Grenzen effektiv zu schützen, sagte Morawiecki. "Wir stehen geschlossen an unserer Grenze. Und kaum jemand kommt durch, obwohl es jede Nacht und jeden Tag Tausende versuchen. Das zeigt: Man kann seine Grenzen erfolgreich schützen. Und als souveräner Staat muss man das auch garantieren. Das Gleiche gilt für Europa: Wir müssen alles tun, um unsere Grenzen am Mittelmeer und im Osten zu schützen vor Zuwanderung."
"Wir brauchen jede Form von Schutz"
Auf die Frage, ob ganz Europa sich durch Mauern schützen sollte, sagte Morawiecki in dem Interview: "Wir brauchen jede Form von Schutz und Überwachung, um Angriffe abzuwehren. Sei es eine Mauer, ein Zaun oder elektronische Anlagen, die jedes Eindringen sofort melden."
Scharfe Kritik übte Morawiecki an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Auf die Frage, ob Merkel in diesem Politikfeld versagt habe, antwortete Morawiecki: "Oh, absolut. Ich denke, dass die Politik von vor fünf bis sechs Jahren keine angemessene Politik war. Sie hat die Souveränität vieler europäischer Staaten gefährdet und schuf einen künstlichen Multikulturalismus. Das war eine gefährliche Politik für Europa und für die Welt."
- Nachrichtenagentur AFP