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Afghanistan: Taliban erschießen Regierungssprecher


Islamisten in der Offensive
Afghanistan: Taliban erschießen Regierungssprecher

Von afp, dpa
06.08.2021Lesedauer: 3 Min.
Militäreinsatz gegen die Taliban bei Kundus: In Afghanistan setzen die Islamisten die Regierung des Landes zunehmend unter Druck.Vergrößern des Bildes
Militäreinsatz gegen die Taliban bei Kundus: In Afghanistan setzen die Islamisten die Regierung des Landes zunehmend unter Druck. (Quelle: Xinhua/imago-images-bilder)

Daua Khan Menapal sei dafür bekannt gewesen, die Taliban in den Online-Netzwerken an den Pranger zu stellen. Nun ist er tot – und der Druck der Islamisten auf die Regierung von Afghanistan wächst.

Nach der Taliban-Drohung gegen hohe Regierungsvertreter in Afghanistan haben die Islamisten am Freitag den Leiter des Medieninformationszentrums der afghanischen Regierung erschossen. Daua Khan Menapal sei in einer Moschee in Kabul getötet worden, teilte das Innenministerium am Freitag mit.

Derweil machten die Staats- und Regierungschefs der fünf zentralasiatischen Länder bei ihrem Gipfel die Situation in Afghanistan angesichts des Vormarsches der Taliban zu ihrem Hauptthema. Auch der UN-Sicherheitsrat wollte sich am Freitag mit der Lage in dem Land befassen.

Todesopfer kritisierte die Taliban

Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid teilte mit, dass Daua Khan Menapal bei einem Anschlag der "Mudschaheddin" getötet worden sei. Zuvor hatte ein Sprecher des Innenministeriums erklärt, dass "Terroristen" einen "patriotischen Afghanen zum Märtyrer gemacht" hätten. Menapal war in der Medienwelt Kabuls beliebt und dafür bekannt, die Taliban in den Online-Netzwerken an den Pranger zu stellen. Die Islamisten hatten zuletzt angekündigt, als Vergeltung für die verstärkten Luftangriffe der Armee hochrangige Regierungsbeamte anzugreifen.

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Die afghanischen Streitkräfte kämpfen derzeit an mehreren Fronten gegen die Taliban, die ihre Offensiven auf mehrere Provinzhauptstädte fortsetzen. Die Regierungstruppen bombardieren weiterhin Taliban-Stellungen: Bei den Angriffen seien mehr als 400 Islamisten binnen 24 Stunden getötet worden, erklärte das Verteidigungsministerium am Freitag. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben ist kaum möglich.

Erste Provinzhauptstadt eingenommen

Seit dem Beginn des Abzugs der Nato-Truppen aus Afghanistan haben die Islamisten weite Teile des Landes erobert. Erstmals seit 2016 ist nun auch eine Provinzhauptstadt in Afghanistan an die Taliban gefallen. Sarandsch im Südwesten des Landes haben die Islamisten erobert, bestätigte die Vizegouverneurin der Provinz Nimrus, Ruh Gul Chairsad, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Lokalen Behördenvertretern zufolge fiel die Stadt praktisch kampflos.

Zuletzt war 2016 die Provinzhauptstadt Kundus im Norden kurzzeitig von den militant-islamistischen Kämpfern eingenommen worden. Sarandsch ist zwar mit geschätzt 65.000 Einwohnern eine vergleichsweise kleine Stadt in der abgelegenen Provinz Nimrus, aber wegen ihrer Lage an der Grenze zum Iran ist sie ein bedeutender Handelsknotenpunkt und gilt als Zentrum für Schmuggler.

Unruhe in angrenzenden Ländern

Die Offensive der Islamisten sorgt in den angrenzenden zentralasiatischen Ländern Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan für große Unruhe. Daher ist Afghanistan auch das zentrale Thema beim Treffen der Staatsspitzen der fünf ehemaligen Sowjetrepubliken im turkmenischen Ort Awaza am Kaspischen Meer.

Der turkmenische Präsident Gurbanguly Berdymuchamedow bezeichnete Afghanistan im Staatsfernsehen als "die Frage, die uns alle beunruhigt". Russland hält unterdessen gemeinsame Militärübungen mit Tadschikistan und Usbekistan nahe der afghanischen Grenze ab.

Im Juni nahmen die Taliban den wichtigsten Grenzübergang Afghanistans zu Tadschikistan ein. Nach schweren Gefechten mit den Aufständischen flohen Teile der afghanischen Regierungstruppen nach Tadschikistan und Usbekistan. Zwar betonen die Taliban, keine Pläne für Zentralasien zu haben. Dennoch knüpften die Islamisten bereits Kontakte nach Usbekistan und Turkmenistan, da sie sich als eine Regierung im Wartestand sehen. Experten glauben, dass ein wachsendes Sicherheitsvakuum in Afghanistan auch auf Zentralasien ausstrahlen kann.

Dutzende Tote in Laschkar Gah

Besonders gravierend ist die Situation in Afghanistan derzeit in Laschkar Gah, der Hauptstadt der südwestlichen Provinz Helmand. Nach UN-Angaben wurden dort in den vergangenen Tagen dutzende Zivilisten getötet.

Bei einem Luftangriff in Laschkar Gah wurde auch das Büro der humanitären Organisation "Aktion gegen den Hunger" am Donnerstag von einer Bombe getroffen, obwohl es nach deren Angaben deutlich als Standort einer Hilfsorganisation gekennzeichnet war. Alle anwesenden Mitarbeitenden waren im Bürobunker in Sicherheit und blieben unverletzt, wie die Organisation am Freitag mitteilte.

"Aktion gegen den Hunger" forderte alle Konfliktparteien auf, das Völkerrecht einzuhalten und den Schutz der Zivilbevölkerung und der Hilfskräfte zu gewährleisten. Die Organisation unterbrach nach eigenen Angaben ihre Aktivitäten in der Stadt.

Debatte um Ortskräfte

Unterdessen wird bei den ehemals in Afghanistan mit Truppen vertretenen Nationen die Aufnahme von afghanischen Ortskräften weiter diskutiert. Großbritannien kündigte an, afghanischen Journalisten und Medienmitarbeitern Zuflucht zu gewähren, die für britische Medienunternehmen tätig waren und denen die Taliban mit Gewalt drohen.

Die Bundesregierung führte laut Berichten von ZDF und "Bild"-Zeitung in der vergangenen Woche Geheimgespräche mit Vertretern der Taliban in Doha. Die Islamisten hätten dabei versichert, sie wollten sich für den Schutz früherer Ortskräfte der Deutschen in Afghanistan einsetzen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur AFP und dpa
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