In Minsk festgenommener Blogger Anwältin darf das erste Mal Protassewitsch besuchen
Die Eltern des inhaftierten belarussischen Oppositionellen äußerten Sorge, ihr Sohn könnte in Haft gefoltert worden sein. Nun hat die Anwältin von Roman Protassewitsch ihn erstmals besuchen dürfen.
Der nach der erzwungenen Landung eines Passagierflugzeugs in Belarus festgenommene Blogger Roman Protassewitsch hat nach vier Tagen seine Anwältin sehen dürfen. "Alles ist gut, er ist guter Dinge, positiv und fröhlich", teilte Inessa Olenskaja der unabhängigen Nachrichtenagentur Belapan am Donnerstagabend mit. Aus Verschwiegenheitsgründen könne sie nicht mehr sagen.
Protassewitschs im polnischen Exil lebende Eltern hatten zuvor betont, in einem von der belarussischen Staatspropaganda verbreiteten Video Spuren von Misshandlung im Gesicht ihres Sohnes entdeckt zu haben. Auch ein mutmaßliches Geständnis Protassewitschs über die Organisation von Massenunruhen hielten sie für erzwungen.
Die Behörden der autoritär regierten Republik Belarus hatten am Sonntag eine Passagiermaschine auf dem Weg von Griechenland nach Litauen mit einem Kampfjet vom Typ MiG-29 zur Landung gebracht – angeblich wegen einer Bombendrohung. Die stellte sich später als Fehlalarm heraus. Mehr als 100 Menschen waren an Bord, darunter der Regierungskritiker Protassewitsch und seine Freundin Sofia Sapega. Beide wurden festgenommen.
UN-Zivilluftfahrtorganisation will Vorfall untersuchen
Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO will die von Belarus erzwungene Umleitung des Ryanair-Flugzeugs nach Minsk nun untersuchen. Der Rat der UN-Organisation betonte nach einer Sitzung am Donnerstag "die Wichtigkeit, die Fakten zu ermitteln und zu verstehen, ob ein ICAO-Mitgliedsstaat gegen internationales Luftverkehrsrecht verstoßen hat".
Die erzwungene Umleitung des Flugzeugs hatte international massive Empörung ausgelöst. Bei ihrem Gipfel am Montag beschlossen die EU-Staats- und Regierungschefs die Sperrung des Luftraums für Flugzeuge aus Belarus sowie ein Landeverbot auf EU-Flughäfen. Über weitere Strafmaßnahmen wird derzeit beraten. Auch die Außenminister der G7-Staaten verurteilten den Schritt am Donnerstag "aufs Schärfste".
Russlands Staatschef Wladimir Putin wird am Freitag den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko in der russischen Schwarzmeerstadt Sotschi empfangen. Putin gilt als letzter starker Verbündeter des Machthabers in Minsk, der im vergangenen Jahr Proteste gegen die Regierung brutal niederschlagen ließ. Einige Beobachter gehen davon aus, dass der Kreml Lukaschenko bei der Aktion gegen Protassewitsch unterstützt hat.
- Nachrichtenagenturen afp und dpa