Frieden in Afghanistan? Taliban beginnen historische Gespräche mit Regierung
Jahrelang war die Regierung in Afghanistan für die Taliban nur eine "Marionette des Westens". Nun haben die Islamisten Friedensverhandlungen mit ihr aufgenommen. Die Hoffnungen sind groß, die Zweifel auch.
Fast zwei Jahrzehnte nach der US-geführten Militärinvasion Afghanistans haben in Katar innerafghanische Friedensgespräche begonnen. Delegationen der Taliban und der Regierung Afghanistans kamen am Samstag in Doha für eine Eröffnungszeremonie zusammen.
US-Außenminister Mike Pompeo forderte die Konfliktparteien auf, den historischen Moment zu nutzen und den Friedensprozess zu schützen. "Wir hoffen, dass dieses Kapitel ein Kapitel der Versöhnung und des Fortschritts ist und nicht eine weitere Chronik der Tränen und des Blutvergießens", sagte Pompeo, der in Doha als Gast geladen war.
"Mit gutem Willen und in guter Absicht"
Der Vorsitzende des afghanischen Hohen Rats für Versöhnung, Abdullah Abdullah, bezeichnete den Beginn der Friedensgespräche in Doha als einen Moment, der in Afghanistans Geschichte als Ende der Gewalt eingehen werde: "Wir sind mit gutem Willen und in guter Absicht hierher gekommen, um das 40-jährige Blutvergießen zu beenden und einen landesweiten und dauerhaften Frieden zu erreichen."
Taliban-Vizechef Mullah Abdul Ghani Baradar sagte, dass die militante Gruppe die Friedensverhandlungen ehrlich weiterführen wird. "Wir wollen, dass Afghanistan in Zukunft in der Region und auch mit anderen Ländern der Welt ein positives und auf gegenseitigem Respekt basierendes Verhältnis hat", sagte Baradar.
Beide 21-köpfigen Teams hatten sich in den vergangenen Wochen akribisch vorbereitet. Der Beginn der Gespräche war mit großen Hoffnungen verbunden. Die Regierung hat einen Waffenstillstand als Forderung zur obersten Priorität erklärt, doch Experten zweifeln an einer schnellen Umsetzung. Am Rande der Veranstaltung wurde immer wieder betont, dass noch viel Misstrauen zwischen den Konfliktparteien herrsche.
Trump will "endlose Kriege" beenden – und zieht ab
Ein Abkommen der Taliban mit den USA von Ende Februar verpflichtete die Islamisten zur Aufnahme der Friedensverhandlungen mit Kabul. Die Vereinigten Staaten wollen ihre Soldaten abziehen; erst am Donnerstag kündigte US-Präsident Donald Trump einen weiteren Truppenabbau an. Trump, wirbt im derzeitigen US-Wahlkampf damit, die "endlosen Kriege" zu beenden. Dass die Gespräche nun beginnen, ist das wichtigste Zugeständnis, dass die Amerikaner den Taliban im Gegenzug für ihr Abzugsversprechen abringen konnten.
Bis zuletzt ging der Konflikt in Afghanistan brutal weiter. Ein Gefangenenaustausch, der vor den Gesprächen eigentlich Vertrauen aufbauen sollte, hatte für erhebliche Verzögerungen geführt. Die Taliban hatten seit dem Abkommen mit den USA zwar keine Nato-Soldaten mehr getötet, ihren Kampf gegen die afghanischen Sicherheitskräfte aber intensiv weitergeführt. Jahrelang hatten die Islamisten Gespräche mit Kabul abgelehnt und die Regierung als "Marionette des Westens" bezeichnet.
- Nachrichtenagentur dpa