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Angriff auf saudische Ölanlagen – Rätsel um die Raketen: Die Fragen der Waffenexperten


Angriff auf saudische Ölanlagen
Rätsel um die Raketen: Diese Fragen beschäftigen die Waffenexperten

dpa, Von Jan Kuhlmann

19.09.2019Lesedauer: 3 Min.
Das saudische Militär zeigt Drohnen und andere Waffen: Bei dem Angriff auf die Ölraffinerie in Abkaik seien insgesamt 18 Drohnen eingesetzt worden, bei der Attacke auf die Ölanlagen in Churais insgesamt sieben Marschflugkörper.Vergrößern des Bildes
Das saudische Militär zeigt Drohnen und andere Waffen: Bei dem Angriff auf die Ölraffinerie in Abkaik seien insgesamt 18 Drohnen eingesetzt worden, bei der Attacke auf die Ölanlagen in Churais insgesamt sieben Marschflugkörper. (Quelle: Amr Nabil/AP/dpa)

Saudi-Arabien und die USA sind sich sicher: Für den Angriff auf saudische Ölanlagen ist der Iran verantwortlich. Riad präsentierte Überreste von Raketen und Drohnen. Doch es gibt Ungereimtheiten.

Die Angriffe auf saudische Ölanlagen haben die Spannungen am Golf massiv steigen lassen. Jemens Huthi-Rebellen wollen für die Bombardierung verantwortlich sein – als Vergeltung für den saudischen Militäreinsatz im jemenitischen Bürgerkrieg. Aus Saudi-Arabien und den USA aber heißt es, die Raketen und Drohnen seien nicht aus dem im Süden gelegenen Jemen gekommen, sondern aus Richtung Norden. Sie sehen den saudischen Erzfeind Iran am Werk.

1. Welche Waffen wurden bei den Angriffen eingesetzt?

Am Mittwoch präsentierte ein saudischer Militärsprecher erste Ermittlungsergebnisse und Überreste der verwendeten Waffen. Demnach wurden bei den Angriffen auf Ölanlagen in Abkaik und Churais Raketen und Drohnen einsetzt. Abgeschossen worden seien iranische Waffen, die aus Richtung Norden gekommen seien – dort liegen der Iran sowie der Irak. Dass der Angriff im südlich gelegenen Jemen gestartet wurde, wo sich die mit Saudi-Arabien verfeindeten Huthi-Rebellen zu der Bombardierung bekannt hatten, schloss der Sprecher aus.

Allerdings gibt es bei den vorgelegten Ergebnissen Ungereimtheiten. So erklärte der Sprecher, es seien Raketen des iranischen Typs "Ya Ali" abgeschossen worden. Die präsentierten Überreste einer Rakete ähneln dieser jedoch nicht, sondern vielmehr einer "Quds 1", wie der Waffenexperte Fabian Hinz in einem Tweet anmerkte. Eine solche Rakete hatten die jemenitischen Huthis im vergangenen Juli in einem Video gezeigt. Sie weist Ähnlichkeiten zur iranischen "Sumar"-Rakete auf.

2. Kamen die Drohnen und Raketen tatsächlich aus Richtung Norden?

Die USA und ihr Verbündeter verbreiteten in dieser Woche Satelliten-Aufnahmen, die die Schäden in Abkaik und Churais zeigen. Darin wollten sie einen klaren Hinweis sehen, dass der Angriff aus dem Norden kam. Allerdings belegen die Bilder das nicht. Einige beschädigte Stellen an Tanks zeigen nicht nach Norden, sondern nach Westen. Hinzu kommt, dass sowohl die eingesetzten Raketen als auch die Drohnen gelenkt werden und ihren Kurs ändern können.

3. Wenn der Angriff aus dem Norden kam: Wer könnte verantwortlich sein?

Im Verdacht steht der Iran, der rund 300 Kilometer von den beschossenen Orten entfernt liegt und über die technischen Möglichkeiten verfügt, einen solchen Angriff auszuführen. Allerdings wäre es für den schiitischen Erzfeind des sunnitischen Saudi-Arabiens ein untypisches Verhalten. Normalerweise lässt er seine verbündeten Milizen in der Region derartige Operationen übernehmen.

In Frage kämen auch Iran-treue schiitische Milizen im Irak. Sie verfügen vor allem im Süden des Landes an der Grenze zu Saudi-Arabien über Einfluss. US-Außenminister Mike Pompeo zeigte sich jedoch bei seinem Besuch im Königreich am Mittwoch überzeugt: "Wir haben keinen Beleg dafür gesehen, dass er (der Angriff) aus dem Irak kam."

4. Könnten es nicht doch die jemenitischen Huthis gewesen sein?

Die Huthis beharren darauf, dass sie hinter der Bombardierung stecken. In den vergangenen Monaten haben sie Saudi-Arabien immer wieder mit Raketen und Drohnen angegriffen, um das Königreich so zum Ende seines Militäreinsatzes im jemenitischen Bürgerkrieg zu bringen.

Es gibt jedoch Zweifel, dass die Huthis verantwortlich waren. Ihr Herrschaftsgebiet liegt mehr als 1.000 Kilometer von den beschossenen Orten entfernt. Es ist unwahrscheinlich, dass eine "Quds 1"-Rakete der Rebellen diese Distanz zurücklegen kann, wie Experte Hinz in einer Analyse schreibt. Zwar haben die Huthis wohl Drohnen mit einer ausreichenden Reichweite - doch waren die Angriffe so groß angelegt und präzise, dass sie deren Fähigkeiten übersteigen dürften.

5. Warum hat Riad um die Hilfe internationaler Ermittler gebeten?

Die UN haben ein Expertenteam zur Untersuchung nach Saudi-Arabien geschickt, auch aus Frankreich sollen Fachleute kommen – in beiden Fällen auf Einladung Saudi-Arabiens. Das Königreich scheint sich ziemlich sicher zu sein, dass tatsächlich der Iran in die Angriffe verstrickt ist. Sollten internationale – und damit unabhängige – Ermittler das bestätigen, dann hätte der Vorwurf gegen den Rivalen ein ganz anderes Gewicht, als wenn er allein aus Riad und Washington käme.

Saudi-Arabien geht es dabei vor allem darum, internationale Unterstützung für seinen harten Kurs gegen Teheran zu gewinnen. Vor allem den Europäern dürfte es schwerer fallen, an ihrer moderateren Haltung gegenüber dem Iran festzuhalten, wenn dessen Urheberschaft für die Angriffe unabhängig belegt würde.

6. Werden die Ermittlungen tatsächlich ergeben, wer es war?

Die Saudis haben zahlreiche Überreste von Drohnen und Raketen präsentiert. Der Militärsprecher zeigte sich überzeugt, dass die Verantwortlichen ermittelt werden. Da einige der Waffen offenbar nicht explodierten, sind sie in einem guten Zustand.

Mit ihrer Hilfe sollte es gelingen können, eindeutige Hinweise auf die Verantwortlichen zu finden. Es spricht einiges dafür, dass der Iran tatsächlich in irgendeiner Form mit der Bombardierung verbunden ist, da es in der Region sonst keine Macht gibt, die in der Lage wäre und zudem ein Interesse hätte, die Saudis auf diese Weise anzugreifen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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