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Historikerin Scherbakowa: "Niemanden hat Putin mehr gefürchtet als Nawalny"


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Historikerin Scherbakowa
"Jetzt hat Putin sein Ziel erreicht"

InterviewVon Marc von Lüpke

16.02.2024Lesedauer: 2 Min.
Wladimir Putin: Der Kreml-Herrscher ließ Alexej Nawalny ins Straflager sperren.Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin: Der Kreml-Herrscher ließ Alexej Nawalny ins Straflager sperren. (Quelle: Alexander Ryumin/dpa)

Erst vergiftet, dann ins Lager gesperrt: Alexej Nawalny war der bekannteste Gegner des Kremlregimes. Historikerin Irina Scherbakowa erklärt, warum Wladimir Putin den nun Verstorbenen so sehr fürchtete.

t-online: Frau Scherbakowa, bereits 2020 wollte das russische Regime Alexej Nawalny wohl mit dem Kampfstoff Nowitschok umbringen, jetzt starb der Kremlkritiker im Straflager. Was bedeutet sein Tod für Wladimir Putin?

Irina Scherbakowa: Nawalny war Putins absoluter Widersacher. Niemanden hat Putin mehr gefürchtet als ihn – darum nahm er auch so schreckliche Rache. Das Regime hat ein Exempel statuiert, was mit Leuten passiert, die ihm nicht gelegen sind. Nachdem Nowitschok Nawalany nicht sofort getötet hat, hat Putin ihn langsam sterben lassen.

Warum fürchtete Putin Nawalny so sehr?

Putins Furcht vor Nawalny war groß, er wagte es nicht einmal, seinen Namen auszusprechen. Wie kein anderer russischer Oppositioneller hat Nawalny das Regime bloßgestellt und die Korruption offengelegt: Keiner war konsequenter als Nawalny, keiner kompromissloser. Das hat Putin Furcht eingeflößt. Er hat gesehen, wie viele Anhänger Nawalny hatte, wie viele Menschen er früher bei Protesten auf die Straße gebracht hat. Daher stammte Putins Hass.

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(Quelle: IMAGO/Zoonar.com/Markus Wissmann/imago-images-bilder)

Zur Person

Irina Scherbakowa, 1949 in Moskau geboren, ist Historikerin, Germanistin, Übersetzerin und Mitbegründerin der nichtstaatlichen Menschenrechtsorganisation Memorial, die mittlerweile in Russland verboten ist. Scherbakowa war für die wissenschaftliche Arbeit wie die Bildungsarbeit von Memorial zuständig. 2022 erhielt Memorial den Friedensnobelpreis. Mittlerweile ist Scherbakowa Vorsitzende von Zukunft Memorial mit Sitz in Berlin.

Nawalny ging, nachdem er sich von der Nowitschok-Vergiftung erholt hatte, wieder nach Russland zurück. Ahnte er nicht, dass sein Leben in Gefahr war?

Nawalny starb den Tod eines Märtyrers, daran besteht kein Zweifel. Er hat gewusst, dass die "Verurteilungen" nur Scharade waren – und dass Putin in Wirklichkeit alles dafür tun würde, um ihn in Wirklichkeit umzubringen. Jetzt hat Putin sein Ziel erreicht. Auch wenn es länger gedauert hat, als ihm lieb war.

Sie haben bereits die vielen Anhänger Nawalnys erwähnt. Wird es jetzt in Russland Proteste geben?

Manche Anhänger haben Nawalny verlassen, andere befinden sich in Haft oder sind ins Ausland gegangen. Dazu besteht die Frage, wie ein Protest gegen das Regime überhaupt entstehen könnte. Putins Angstmaschinerie, dieser gewaltige Unterdrückungsapparat, funktioniert noch. Die Menschen haben Furcht, auch diejenigen, die früher für Nawalny auf die Straße gegangen sind.

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Was bedeutet wiederum Nawalnys Tod als größtem Widersacher des Regimes für Russland?

Das wird sich zeigen. Auch denjenigen Russen, die nicht alle Ansichten Nawalnys geteilt haben, wird er als überaus mutiger Mann in Erinnerung bleiben. Das hat Nawalny mit seinem Tod noch einmal mehr bewiesen. Putin hat hingegen einmal mehr bewiesen, was er ist: ein Mörder und ein Folterer. Denn genau das ist es, was er Nawalny angetan hat.

Frau Scherbakowa, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Irina Scherbakowa via Telefon
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