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Gericht: Wikileaks-Gründer Julian Assange darf an USA ausgeliefert werden


Urteil in Großbritannien
Gericht: Julian Assange darf an USA ausgeliefert werden

Von dpa
Aktualisiert am 10.12.2021Lesedauer: 3 Min.
Julian Assange: Dem gebürtigen Australier drohen in den USA bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft.Vergrößern des Bildes
Julian Assange: Dem gebürtigen Australier drohen in den USA bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft. (Quelle: Henry Nicholls/reuters)

Ein Gericht in London hat die Ablehnung des US-Auslieferungsantrags für Julian Assange gekippt. Der Wikileaks-Gründer muss nun damit rechnen, doch noch an die Vereinigten Staaten ausgeliefert zu werden.

Ein britisches Berufungsgericht hat das Verbot einer Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange an die USA aufgehoben. Das Gericht folgte einem Berufungsantrag der USA, wie Richter Tim Holroyde am Freitag erklärte. Damit wird eine vorherige britische Gerichtsentscheidung gegen die Auslieferung annulliert, die britische Justiz muss nun erneut über das US-Auslieferungsersuchen entscheiden. Der Wikileaks-Gründer muss nun damit rechnen, doch noch an die Vereinigten Staaten ausgeliefert zu werden.

Die Verlobte von Julian Assange hat bereits angekündigt, erneut in Berufung zu gehen. "Wir werden diese Entscheidung zum frühestmöglichen Punkt anfechten", sagte Stella Moris einer Mitteilung am Freitag zufolge. Moris bezeichnete die Entscheidung des High Courts als "gefährlich und fehlgeleitet". Es handle sich um eine "schwere Rechtsbeugung", so Moris weiter.

Spionagevorwürfe – 175 Jahre Haft drohen

Ein britisches Gericht hatte Anfang des Jahres die Auslieferung des 50-Jährigen unter Berücksichtigung seines psychischen und gesundheitlichen Zustands und die zu erwartenden Haftbedingungen in den USA untersagt. Washington hatte diese Entscheidung jedoch angefochten.

Die US-Justiz will Assange wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Dem gebürtigen Australier drohen dort bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft. Vorgeworfen wird ihm, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und veröffentlicht zu haben. Er habe damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht. Seine Unterstützer sehen in ihm hingegen einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht brachte.

Bei Anhörungen im Oktober hatten beide Seiten erneut ihre Argumente vorgebracht. Die US-Anwälte warfen der britischen Justiz vor, sich bei ihrer Einschätzung auf fehlerhafte Gutachten verlassen zu haben. Außerdem sicherten die USA zu, im Falle einer Inhaftierung nicht wie befürchtet "Spezialmethoden" anzuwenden sowie einer Verlegung von Assange in ein australisches Gefängnis zuzustimmen.

Neue Enthüllungen über Anschlagspläne

Assanges Verteidiger hingegen setzten auf neue Enthüllungen über angebliche Anschlagspläne, die vor einigen Monaten durch Medienberichte ans Licht gekommen waren. Investigative Journalisten hatten unter Berufung auf nicht näher präzisierte US-Quellen berichtet, der US-Auslandsgeheimdienst CIA habe Anschlagspläne auf Assange geschmiedet, während dieser sich in der ecuadorianischen Botschaft in London aufhielt. Seine Unterstützer hoffen, dass diese Enthüllungen eine Auslieferung in die USA unwahrscheinlicher machen.

Assanges Angehörige beschreiben seinen Gesundheitszustand seit Monaten als schlecht und besorgniserregend. Bei den letzten Anhörungen nahm der 50-Jährige teilweise per Videoschalte aus dem Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh teil, fühlte sich zeitweise aber auch nicht in der Lage, das Geschehen zu verfolgen.

UN-Folterexperte: "Armutszeugnis für die britische Justiz"

Die Reaktionen auf das Urteil fielen drastisch aus. Der UN-Berichterstatter für Folter, Nils Melzer, nannte den Richterspruch ein "Armutszeugnis für die britische Justiz". Man könne über den Wikileaks-Grüner denken, was man wollte, aber Assange sei nicht in einem Zustand, in dem man ihn ausliefern könne, so Melzer. Es handle sich daher um ein "politisch motiviertes Urteil".

Auch mehrere Journalistenorganisationen kritisierten das Urteil scharf. "Wenn die USA erfolgreich sind, wird das alarmierende Konsequenzen für die Pressefreiheit haben. Bei diesem Fall geht es nicht nur um Assange, sondern um das Recht aller Journalisten, ihre Arbeit zu tun, und um das Recht der Öffentlichkeit, sich zu informieren", hieß es bei Reporter ohne Grenzen. Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) bei Verdi zeigte sich fassungslos. Eine Auslieferung Assanges an die USA würde "der Pressefreiheit einen irreparablen und nachhaltigen Schaden zufügen", sagte Bundesgeschäftsführerin Monique Hofmann. Assange habe Kriegsverbrechen aufgedeckt und der Öffentlichkeit damit einen großen Dienst erwiesen.

Die deutsche Außenministerin Annanlena Baerbock gab sich zurückhaltend. Sie kenne die Urteilsbegründung noch nicht, sagte sie am Freitag bei ihrem Antrittsbesuch in der polnischen Hauptstadt Warschau. Deswegen könne sie zusätzlich zu dem, was sie in der Vergangenheit bereits gesagt habe, nicht Weiteres sagen. Mitte September hatte sich Baerbock dem Appell des UN-Sondergesandten Melzer angeschlossen und die sofortige Freilassung von Assange gefordert.

Ob der Rechtsstreit am Berufungsgericht seinen Endpunkt findet oder letztlich beim höchsten britischen Gericht – dem Supreme Court – landen könnte, war zunächst unklar.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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